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Gerhard Schick
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Frage von Walter S. •

Frage an Gerhard Schick von Walter S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Schick,

ich hatte das Vergnügen auf der Informationsveranstaltung am 14.04.2011 in Hamburg unter den Zuhörern zu sein. Dabei tätigten Sie die Aussage, daß die Gegner des Euros "rechtsnationalistisch" seien. Auf welche Grundlage stützt sich diese Aussage? Ich würde weder die Prof. Kerber, Hankel, Spethmann etc. noch Ralf Dahrendorf oder Peter Gauweiler als rechtsnationalistisch einordnen.
Der Euro hat seine Probleme und ein großer Teil der Bevölkerung macht sich Sorgen und lehnt den Euro ab. Daß diese Leute rechtsnationalistisch sind, erscheint doch sehr zweifelhaft. Insofern hat mich Ihre Aussage schon verwundert und wäre Ihnen für Erläuterungen dankbar.
Sie haben ausgeführt, daß man die Rettung des Euros nicht an den Kosten festmachen sollte. Nun sind aber die verkraftbaren Kosten beschränkt, dies gilt für Staaten ebenso wie für Unternehmen. Bitte erläutern Sie, welche Kosten für die Rettung des Euro anfallen und wo Sie eine Obergrenze sehen würden. Es hat mich verwundert, daß Sie nur pauschale Aussagen getätigt haben, die wirtschaftlich kaum haltbar sind und den deutschen Staatsbankrott akzeptieren.
Weiterhin haben Sie Hans Magnus Enzensbergers Essay im Spiegel als Pamphlet bezeichnet. Ich habe dieses Essay gelesen und habe es als eine fundierte und gerechtfertigte Tatsachendarstellung empfunden. Es wird oft genug auf die Demokratiedefizite der EU hingewiesen, selbst Ihre Nachbarn auf dem Podium haben dies getan. Insofern hat mich Ihre Einschätzung schon sehr verwundert und ich wäre Ihnen für eine Erläuterung dankbar.

Vorab vielen Dank für Ihre Erläuterungen, die Ihre Aussagen sicherlich einfacher verständlich machen werden.

Walter Strack

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Strack,

danke für Ihre Rückfragen zur Hamburger Veranstaltung.

Was die Publikation von Herrn Enzensberger betrifft, hatte nicht ich davon gesprochen, sondern Frau Randzio-Plath, die mit mir auf dem Podium saß. Ich hatte noch nicht die Gelegenheit, den Text zu lesen, und habe mich deshalb noch nirgends dazu geäußert, auch nicht in Hamburg. Dass es in der EU ein Demokratiedefizit gibt, steht für mich außer Frage. Unsere grünen Vorschläge zielen seit Jahren darauf ab, dieses Defizit zu überwinden.

Was der Bezug zum Begriff "rechtsnationalistisch" betrifft: Ich rede immer von "rechtspopulistisch", deswegen wäre es sehr merkwürdig, dass ich in Hamburg "rechtsnationalistisch" gesagt hätte. Was ich jedoch sicher gesagt habe ist: Wir - gemeint waren auf der Veranstaltung der pro-europäischen Europa-Union diejenigen, die sich für die europäische Einigung engagieren - sollten die Kritik an der falschen europäischen Politik im Umgang mit der Schuldenkrise nicht den Rechtspopulisten überlassen. Wenn Sie sich das Ergebnis der Parlamentswahlen in Finnland, der Regionalwahlen in Frankreich etc. anschauen, dann sehen Sie, dass häufig die Kritik an der konkreten Politik der EU im Zusammenhang mit der Schuldenkrise eingebettet wird in eine generelle Kritik an der europäischen Einigung und ihre politische Heimat in Parteien findet, die aufgrund ihres sonstigen Programms als rechtspopulistisch bezeichnet werden.

Zu diesem Populismus gehört auch, die Kosten für die Euro-Rettung zu dramatisieren. Dem öffnet die Bundesregierung, die die Fakten verschleiert, natürlich Tür und Tor. Zudem wurden und werden Fehler gemacht, die die Kosten für Deutschland erhöhen. So hat die Bundesregierung es beispielsweise versäumt, den Griechenland-Krediten aus Deutschland im Falle einer Staateninsolvenz eine Vorrangigkeit einzuräumen. Das hätte bedeutet, dass diese Verbindlichkeiten vor denen der privaten Gläubiger hätten bedient werden müssen. Das aber ist nicht passiert, sodass die deutschen Steuerzahler von einer Umschuldung also genauso betroffen wären wie die privaten Investoren.

Gerade überzeugte Europäer, wozu ich mich zähle, müssen gegenüber Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen der europäischen Politik deswegen sehr deutlich die Alternativen benennen, denn nicht Europa ist das Problem, sondern die konkrete Politik, die derzeit in Europa gemacht wird. Und das gilt für die jetzige schlechte Politik gerade auch der deutschen Bundesregierung angesichts der Schuldenkrise im Euro-Raum auch. In Deutschland wird die Kritik an der Position der Bundesregierung in der Schuldenkrise von sehr unterschiedlichen Menschen vorgetragen, darunter auch von vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die ich sehr schätze. Nichts läge mir ferner, als hier eine pauschale Einordnung vorzunehmen.

Zur grünen Position zur Euro-Krise finden Sie mehr unter http://www.gruene-bundestag.de/cms/finanzen/dok/375/375762.krise_im_euroland.html

Viele Grüße

Gerhard Schick