Frage an Gerhard Schick von Hieronimus S. bezüglich Recht
Guten Tag Herr Dr. Gerhard Schick,
zunächst einmal beglückwünsche ich Sie und Ihre Partei zu dem klaren Wahlsieg in Baden-Württemberg. Nun, da Sie einen klaren Regierungsauftrag haben, ist es für mich und viele weitere Bürger von Interresse zu wissen, wie Sie mit dem Thema Polizei in Baden-Württemberg umgehen.
Das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger hat in den vergangenen Jahren sehr gelitten. Mit Sorge habe ich die Schließung immer weiterer Polizeireviere zur Kenntnis genommen. Zudem ist die Belastung der Polizei ständig gestiegen. Polizisten müssen zu einem Einsatz nach Stuttgart, um einen Bahnhof zu beschützen und können nicht einmal ihre eigentliche Aufgabe, nämlich den Streifendienst, in ausreichendem Maße gewährleisten, weil zu wenig Personal vorhanden ist. Die immergleichen Phrasen der Politiker, die Polizei muss zukunftsfähig gemacht werden, bedeuten nichts anderes, außer Personalabbau und Revierschließungen.
In Ihrem Wahlprogramm konnte ich lesen, dass Sie die Polizei angemessen besolden und deren Personaldecke aufstocken wollen. Ich und viele Bürgerinnen und Bürger dürfen hoffen, dass sich dies bewahrheitet. Denn "grün" regierte Städte (ich nenne Freiburg), waren selten polizeifreundlich gesinnt. Vielmehr wurden die Rechte einzelner Störenfriede bei Demonstrationen gewahrt. Weiter bedauere ich, dass Sie das Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen aufheben wollen. Welche Vorbildfunktion soll das haben für unsere Kinder und Enkel? Das würde bedeuten, auf Spielplätzen oder öffentlichen Grünanlagen dürfte Alkohol konsumiert werden? Dafür erbitte ich eine Erklärung.
Ich wünsche Ihnen zunächst gute Regierungsgeschäfte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen,
H. Stein, Richter a. D.
Sehr geehrter Herr Stein,
vielen Dank für Ihre Fragen und Entschuldigung für die späte Beantwortung. Um eines vorwegzunehmen: Das Thema Polizei ist reine Landesangelegenheit. Als Bundespolitiker aus Baden-Württemberg möchte ich Ihre Fragen trotzdem beantworten.
Zur Sache: Zunächst einmal gebe ich Ihnen Recht, dass die Polizei in Baden-Württemberg schon seit längerem an einer defizitären Personalausstattung, Unterfinanzierung und einem Investitionsstau in Höhe von ca. 300 Millionen Euro leidet.
Der Wegfall von mehreren Hundert Polizeiposten fällt dabei allerdings unter die Verantwortung der schwarz-gelben Vorgängerregierung.
Die zurzeit von Grün-Rot getragene Polizeistrukturreform hat das Ziel, die Leistungsfähigkeit der Polizei zu erhöhen, dabei jedoch gleichzeitig auch die Notwendigkeit zur Haushaltskonsolidierung zu berücksichtigen. Wir möchten daher Synergien schaffen, u.a. indem wir spezialisierte Aufgaben stärker als bisher zentralisieren, Stabs- und Verwaltungsstrukturen verschlanken und einen effizienteren Technikeinsatz an den Tag legen. Wir verfolgen grundsätzlich das Ziel, Polizistinnen und Polizisten weg vom Schreibtisch und hinein in den operativen Dienst zu bringen. Eine erhöhte Präsenz in den Posten und Revieren vor Ort bei den Bürgerinnen und Bürgern beschreibt für uns den präventiven, bürgernahen und effizienten Charakter des polizeilichen Dienstes. Die 150 Polizeireviere und etwa 360 Polizeiposten möchten wir erhalten.
Dieser Reformansatz ging übrigens nicht nur von Grün-Rot, sondern auch von engagierten Polizisten und Polizistinnen aus.
Zum Thema Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen: An manchen Stellen und zu manchen Zeiten kommt es zu einem exzessiven Alkoholkonsum und zur Störung von AnwohnerInnen oder PassantInnen. Da muss man im Einzelnen reagieren, vor allem aber auch präventiv handeln. Ich halte aber wenig von allgemeinen Verboten, weil mir die persönliche Freiheit der Bürgerinnen und Bürger wichtig ist. Auf Spielplätzen können die Kommunen übrigens über die Nutzungsbedingungen ein Alkoholverbot festlegen. Dazu braucht es keine neue gesetzliche Regelung.
Dass die Proteste rund um Stuttgart 21 viel Kapazität der Polizei in Anspruch genommen haben, stelle ich nicht in Abrede. Aber die Versammlungsfreiheit gehört zu den fundamentalen Prinzipien unserer Kultur. Eine Demokratie wird bereichert, wenn Menschen auf die Straße gehen, um ihre Meinung kundzutun. Die bereits angesprochene Polizeistrukturreform soll nun dafür sorgen, dass die baden-württembergische Polizei auch weiterhin alle ihre Aufgaben vollständig erledigen kann.
Die Polizeieinsätze von Stuttgart 21 kritisiere ich in diesem Rahmen, denn sie waren häufig in einem nicht ausgewogenen Maß verglichen mit dem friedlichen Verhalten der Demonstrantinnen und Demonstranten. Dass einzelne die Regeln nicht einhalten und dafür auch zur Verantwortung gezogen werden müssen, steht natürlich außer Frage.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick