Frage an Gerhard Schick von Inge B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Schick,
ich wende mich an Sie in Ihrer Funktion als Mitglied des Deutschen Bundestages und finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen.
Bezug nehmend auf den nachfolgend geschilderten Sachverhalt bitte ich um eine kurze Erläuterung Ihrerseits zur Rechtskonformität der geschilderten Praxis der Mehrwertsteuererhebung. Ferner wäre ich daran interessiert, zu erfahren, ob es seitens Ihrer Fraktion Erwägungen zu einer Änderung dieser aktuell praktizierten Besteuerung gibt.
Am 01.04.1999 trat die Ökologische Steuerreform in Kraft. Daraus resultierend wird auf den privaten Energieverbrauch eine „Stromsteuer“ erhoben. Entsprechend der von meinem Energieversorgungsunternehmen in Rechnung gestellten Beträge betrug diese „Stromsteuer“ mit Einführung am 01.04.1999 1,023Ct/kWh und stieg dann ab 01.01.2000 auf 1,278 Ct/kWh, ab 01.01.2001 auf 1,533 Ct/kWh, ab 01.01.2002 auf 1,790 Ct/kWh und ab 01.01.2003 auf aktuell 2,050 Ct/kWh. Das ist für mich als politisch gewollt nachvollziehbar.
„Die Umsatzsteuer, auch Mehrwertsteuer genannt, wird von einem Verkäufer für einen getätigten Umsatz durch den Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen an die Finanzbehörden abgeführt. Der Steuersatz beträgt in Deutschland seit dem 01.01.2007 19% ... Als Verbrauchssteuer ist die Umsatzsteuer darauf angelegt, dass sie wirtschaftlich vom Endverbraucher, dem Konsumenten getragen wird.“ (BMF) Auch das ist nachvollziehbar.
Nicht verständlich ist mir, in welcher Weise ein Unternehmen vermittels der gesetzlich vorgegebenen Ausweisung und Einziehung einer Verbrauchssteuer (Stromsteuer) einen unternehmerischen Mehrwert (durch Verkauf eines Produktes) generiert, den es ebenfalls zu besteuern gilt. Anders ausgedrückt: Ist es seitens des Energieversorgungsunternehmens zulässig, auf eine Verbrauchsteuer eine Verbrauchsteuer zu erheben? Ich habe Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens und wende mich daher an Sie.
Mit freundlichen Grüßen
I. Beeß
Sehr geehrte Frau Beeß,
vielen Dank für Ihre Frage.
Sie haben völlig Recht: Die Mehrwertsteuer wird beim Strombezug nicht nur auf den Verbrauch und etwaige Zählergebühren erhoben, sondern auch auf die Stromsteuer. Es handelt sich somit in der Tat um eine "Steuer auf eine Steuer". Das geltende Umsatzsteuergesetz erlaubt dies aber nicht nur, es schreibt es sogar vor. In §10, Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes heißt es: "Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer." Unter das zu besteuernde Entgelt fallen also auch andere gezahlte Steuern. Dies gilt im Übrigen nicht nur im Bereich der Stromsteuer, der gleiche Effekt tritt beispielsweise bei der Mineralölsteuer auf. Um dies zu verhindern, müsste also die Definition des Begriffs "Entgelt" im Umsatzsteuergesetz geändert werden.
Soweit zu Ihrer Frage der Rechtmäßigkeit des Vorgehens. Auch politisch sehe ich hier aber keinen Änderungsbedarf. Denn eine Ausklammerung bereits gezahlter Steuern bei der Umsatzsteuer würde sowohl zu hohem Bürokratieaufwand führen sowie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gegen EU-Recht verstoßen, das die Einbeziehung von Abgaben bei der Berechnung der Umsatzsteuerlast explizit vorschreibt.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick