Frage an Gerhard Schick von Sonja K. bezüglich Energie
Sehr geehrter Herr Dr. Schick,
meine Frage bezieht sich auf die Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und ökologische Verträglichkeit unserer Energieversorgung.
Welchen Energiemix sehen Sie für die Zukunft?
-Kernenergie: Kernenergie ist aus Gründen des hohen Risikos und der auch endlichen Ressource nicht wünschenswert. Im europäischen Ausland allerdings hat man sich weitesgehend gegen den Kernenergieausstieg entschieden. Kann Deutschland auf Kernenergie verzichten, ohne zu riskieren, dass billige Kernenergie aus anderen Ländern importiert wird? Ein Ausbau von Transportleistungen wird angestrebt, was auch zu hören Stromimporten nach Deutschland führen wird, vor allem, wenn unsere einheimischen Stromkosten steigen.
-fossile Energieträger: Sind ökologisch und ressourcentechnisch nicht sinnvoll. Zur Zeit werden abre sehr viele Kohlekraftwerke gebaut, um unseren steigenden Energiebedarf zu decken.
- erneuerbare Energien: Sind zur Zeit nicht wirtschaftlich konkurenzfähig. Sie sagten, dass erneuerbare Energien auch in Mannheim ausgebaut werden sollten. Das halte ich zwar für richtig, frage mich aber, wie dies zu bewerkstelligen wäre: Windkrafträder sind in Süddeutschland aufgrund der geringen Windhöfigkeit nicht wirtschaftlich bzw. auch in der Masse nicht möglich. PV Anlagen werden laut EEG zur Zeit mit 45 cent/kWh vergütet. (9 mal so viel wie die Kosten der Erzeugung durch konventionelle Energien). Andere erneuerbare Energieträger spielen nur eine untergeordnete Rolle (wirtschaftlich wie auch in der Watt-Leistung). Die Erreichung der Wirtschaftlichkeit von Erneuerbaren Energien wird allem Optimismus zum Trotz noch einige Jahre andauern.
Wie also soll konkret unser Energiemix in Zukuft aussehen, ohne ökologisch nachteilig zu sein, aber gleichzeitig wirtschaftlich konkurrenzfähig auch im Bezug zum Ausland zu sein. Könnten Sie das getrennt in kurzfristige Handlungen und langfristige Perspektive aufzeigen?
Sonja Koch
Sehr geehrte Frau Koch,
vielen Dank für Ihre Frage zur zukünftigen Energieversorgung.
Eines steht für mich fest: der Energiemix der Zukunft ist frei von Atomstrom! Von einer Renaissance der Atomenergie kann nicht die Rede sein. Zwar erreichte die Atomlobby in einigen europäischen Staaten Verzögerungen beim Ausstieg, Kraftwerksneubauten sind hier aber weiterhin eine Ausnahme. Wir sind auch nicht auf den Strom aus Atomkraftwerken angewiesen. Denn obwohl gerade Atomkraftwerke in der Vergangenheit aufgrund von Störfällen lange Zeiträume gar nicht am Netz waren, hat Deutschland in jüngster Vergangenheit Rekorde beim Export von Strom aufgestellt. Von einer Versorgungslücke oder der Abhängigkeit von - beispielsweise - importiertem, französischem Atomstrom kann also nicht die Rede sein.
Zur Deckung des Strombedarfs ist nicht einmal der Bau neuer großer Kohlekraftwerke notwendig. Im Gegenteil, denn hier liegt die Gefahr, dass große Summen in eine Technologie von gestern verbaut werden. Die Speicherung von Kohlendioxid, die CCS-Technologie, ist kein Weg, der Gewinnung von Strom aus Kohle eine neue Perspektive zu geben. Erstens würde dies die Stromerzeugung deutlich verteuern und zweitens müsste neben einer Endlagerung von Atommüll dann auch für das abgeschiedene CO2 die Endlagerfrage geklärt werden.
Der Bau solcher Kraftwerke würde Investitionsmittel auf Jahrzehnte binden. Dabei muss die Priorität darauf liegen, die Infrastruktur für einen Umstieg auf erneuerbare Energien vorzubereiten und das Erneuerbare-Energien-Gesetz fortzuschreiben. Wir wollen als Grüne mit dem EEG die regenerative Energieerzeugung effektiv anschieben, sodass sie auf Dauer wirtschaftlich wird. Das kostet zwar momentan Geld, aber es handelt sich um nachhaltig und gut investiertes Geld. Wir bleiben dabei auch langfristig weniger abhängig von Stromimporten. Erneuerbare Energien wie Windkraft, Wasserkraft und Solarenergie benötigen keine Rohstoffe und sind damit auch nicht zukünftigen Steigerungen der Brennstoffpreise unterworfen.
Neben der Investitionssicherheit für Erneuerbare Energien durch das EEG, die uns übrigens neben sauberem Strom auch noch sichere, neue Arbeitsplätze sichern kann, geht es vor allem darum alle Möglichkeiten voll auszuschöpfen, die wir zur CO2-Reduktion haben. Während wir langfristig auf eine Infrastruktur setzen können, die auch Großvorhaben, wie die Gewinnung von Strom aus Sonnenenergie in der Wüste für Afrika und Europa integriert, müssen wir kurzfristig all unsere Potentiale nutzen. Dazu gehören viele kleine Maßnahmen. Der sauberste Strom ist der, der gar nicht erst produziert werden muss. Sparsamer Energieverbrauch muss beispielsweise ein stärkeres Gewicht auf dem Markt für Elektrogeräte bekommen. Von der Beleuchtung bis zum Computer gibt es hier ohne Ende Potential. Grenzwerte für den Energieverbrauch, die sich sukzessive dem sparsamsten Produkt auf dem Markt anpassen, würden den Wettbewerb dahingehend verbessern. Die Kraft-Wärme-Koppelung ist nach wie vor ausbaufähig und hilft allgemein Energie effektiver zu nutzen. Geringerer Energieverbrauch ist keine Frage des Komfortverzichts sondern der Innovation.
Das Potential einer vollständigen Versorgung mit erneuerbaren Energien ist vorhanden - der Zwang durch die Endlichkeit fossiler Rohstoffe im Übrigen auch. Bis 2020 ist ein etwa 40%-Anteil an erneuerbaren Energien möglich. Durch eine konsequente Politik wollen wir Grüne dieses Ziel erreichen und zwar zügig um möglichst schnell in eine subventionsfreie Wirtschaftlichkeit des Sektors zu erreichen. Denn ein verspäteter Umstieg bedeutet Umweltzerstörung, Versorgungsunsicherheit und nicht überlebensfähige Wirtschaftsstrukturen. Diesen Preis wollen wir nicht zahlen. Bis Mitte des Jahrhunderts wollen wir den vollständigen Umstieg schaffen. Studien haben erwiesen, dass durch erneuerbare Energien, Energieeinsparung und Energieeffizienz diese Ziele erreichbar sind, auch bei einem Festhalten am Atomausstieg und ohne den Neubau von Kohlekraftwerken
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Gerhard Schick