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Gerhard Schick
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Frage von Alexander K. •

Frage an Gerhard Schick von Alexander K. bezüglich Familie

Guten Tag Herr Dr. Schick,

wie Sie sicher wissen laufen die Verträge der Arbeitsgemeinschaften zwischen Arbeitsagenturen und Sozialämtern spätestens 2010 aus.
Mich würde interessieren, wie Ihre Vorstellungen hinsichtlich der Zukunft der Träger des SGB II aussehen mag.
Wird Ihrer Meinung nach evtl.eine neue Behörde mit dem Namen Zentren für Arbeit und Grundsicherung gegründet? Oder werden von Ihnen Optionskommunen favorisiert?

Danke für Ihre Antwort!

Freundliche Grüße

A. Kümmel

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kümmel,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich gerne sagen, was ich auf jeden Fall nicht will: nämlich dass ab 2011 wieder zwei getrennte Behörden – Arbeitsagentur und kommunale Einrichtungen – für die Betreuung von Arbeitslosen zuständig sind. Für die rund sieben Millionen betroffenen Bürgerinnen und Bürger würde das nicht Hilfe aus einer Hand bedeuten, sondern unsinnige Doppelstrukturen mit einer Verdopplung der Behördengänge und der Antragsbürokratie - nicht nur in Krisenzeiten ein unhaltbarer Zustand.

Genau dazu könnte es aber kommen, weil die Bundestagsfraktion der Union die Neuordnung der Job-Center blockiert hat. Diese Neuordnung ist wegen des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 20.12.2007 notwendig geworden. Dem Gesetzgeber wurde bis Ende 2010 Zeit gegeben, eine verfassungsgemäße Lösung der Trägerschaft zu finden. Aufgrund der Bundestagswahlen im September 2009 und wegen des notwendigen Vorlaufs vor Ort hätte das Gesetzgebungsverfahren für eine fristgerechte Umsetzung eigentlich bis zum Sommer diesen Jahres abgeschlossen sein müssen. Das wäre möglich gewesen, denn es gab einen tragfähigen Kompromiss, ausgearbeitet von Arbeitsminister Olaf Scholz und den Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und Kurt Beck. Dessen Umsetzung aber scheiterte an der Union. Deshalb steht jetzt anstelle eines Gesetzgebungsprozesses eine völlige Unsicherheit über die Zukunft der Arbeitsgemeinschaften aus Arbeitsagenturen und Kommunen im Raum.

Ich halte den vorgestellten Kompromiss im Licht des Verfassungsgerichtsurteils und der offensichtlichen Mängel einer zwischen Bund und Kommune aufgeteilten Arbeitslosenbetreuung für eine vernünftige Lösung. Für mich steht die darin vereinbarte Gründung von „Zentren für Arbeit und Grundsicherung“ (ZAG) nicht im Gegensatz zu einer Weiterführung der Arbeit in den 69 Optionskommunen. Bislang ist nicht erkennbar, dass die Betreuung der Arbeitslosen dort schlechter funktioniert als in den Arbeitsgemeinschaften. Deswegen finde ich es sinnvoll, wenn diese Kommunen ihre Arbeit unbefristet weiterführen könnten.

Dennoch ist der vorgestellte Kompromissvorschlag natürlich nicht der Weisheit letzter Schluss. Beispielsweise halte ich die Stärkung des Einflusses der Länder, verbunden mit der Schwächung des Einflusses der Kommunen für kritikwürdig: Die Einbringung der sozialpolitischen Kompetenz der Kommunen ist entscheidend für eine gute Betreuung der Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II und denen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenleben. Auch, dass das fachliche Weisungsrecht der BA-Zentrale in der örtlichen Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik fortbestehen soll, halte ich für einen Fehler. Stattdessen wäre es wichtig, dass die Arbeitsgemeinschaften bzw. ZAGs Handlungsfreiheit haben und dezentral entscheiden können.

Grundsätzlich aber ist angesichts der schnell steigenden Zahl an Arbeitslosen infolge der Finanzmarkt- und Konjunkturkrise eine zügige Lösung das Gebot der Stunde. Wird ein Kompromiss stattdessen auf die lange Bank geschoben oder kommt am Ende gar nicht zustande, werden angesichts der unsicheren Perspektive bisherige Mitarbeiter die Argen verlassen und offene Stellen nicht besetzt werden können. Auch in der Arbeitsgemeinschaft in Mannheim haben die Beschäftigten ihren Arbeitsvertrag in diesem Jahr nur für ein Jahr verlängert bekommen - jedenfalls die, die sich nicht schon etwas Besseres gesucht haben. Man kann die guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten aber nur halten oder gutes neues Personal gewinnen, wenn man ihnen eine gesicherte Perspektive bietet. Passiert das nicht, werden die arbeitslosen Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, die Leidtragenden sein. Deswegen kann ich die Position der CDU/CSU hier überhaupt nicht nachvollziehen.

Wenn Sie sich weiter für die Grüne Position zur Zukunft der Trägerschaft im SGB II interessieren, empfehle ich Ihnen die Lektüre eines Beschlusses des grünen Bund-Länder-Kommunen-Treffens vom 17. April 2008. Sie finden ihn z.B. hier:
http://www.bvaa-online.de/obj/DokumenteArbeitsmarkt/257

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick