Frage an Gerhard Schick von Jakob S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Schick,
ich studiere VWL an der Uni Mannheim und habe Sie da bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Finanzkrise gesehen. Habe da das erste Mal gemerkt, dass bei den Grünen viel volkswirtschaftliche Kompetenz sitzt (mehr als bei der FDP vermutlich). Aber genug der Freundlichkeiten. ;)
Meine Frage:
Die Zielsetzung einer drastischen CO2-Reduktion ist richtig, aber wieso setzen die Grünen da sosehr auf direkte Regulierungen wie CO2-Grenzwerte fürs Auto oder die Verhinderung neuer Kohlekraftwerke, usw. - wieso wird nicht mehr Wert noch auf die marktwirtschaftliche Instrumente, also Steuern und Emissionshandel gelegt? Ich weiß, dass tuen Sie auch, aber es wäre doch viel intelligenter, jegliche Detailregulierung zu unterlassen und stattdessen einen wirklich alles (also inkl. Autoverkehr, Rinderzucht, etc.) umfassenden Emissionshandel mit vollständiger Versteigerung einzuführen?
Sind die Grünen da nicht für bzw. wenn doch, müsste man dann nicht alle anderen Regularien abschaffen und nur darauf setzen? Und zudem langfristig auf einen weltweiten Emissionshandel? Denn im Moment bringt der Klimaschutz in Europa ja noch absolut null für das Weltklima, wie Hans-Werner Sinn in seinem Buch "Das grüne Paradoxon" darlegt.
Ich wäre sehr gespannt auf Ihre Gedanken hierzu!
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
Jakob Schlockermann
Sehr geehrter Herr Schlockermann,
ich freue mich, dass Ihnen die Podiumsdiskussion gefallen hat – mir auch.
Zu Ihrer Frage:
Die drastische Senkung des weltweiten CO_2 -Ausstoßes kann m.E. nur gelingen, wenn sowohl auf marktwirtschaftliche Instrumente als auch auf Ordnungsrecht gesetzt wird. Für uns Grüne gehört der Emissionshandel dazu, wir sind auch für seine Ausweitung auf See- und Luftfahrt.
Sing geht zu sehr von optimalen Märkten, einem optimalen Emissionshandel und optimaler politischer Umsetzung aus. Die Realität ist leider eine andere. Der Emissionshandel war zunächst ein ziemliches Desaster, mit einem Kursverlauf, der an den Neuen Markt erinnert, hat er in der ersten Handelsperiode viel zu viel Zertifikate gehabt und wohl keinerlei ökologische Steuerungswirkung, das scheint jetzt erst anzufangen. Das Grandfathering, also die kostenlose Vergabe von Zertifikaten an Alt-Emittenten führt zu absurden Verteilungsergebnissen. Und Märkte passen sich nicht immer automatisch an. Da gibt es Pfadabhängigkeiten, die man überwinden muss. Und politisch gilt: Ein weltweiter, alles berücksichtigender Zertifikate-Handel für Treibhausgase ist schwer umsetzbar. Vor allem ist der Klimawandel zu weit fortgeschritten, als dass wir auf den einen großen Schritt hin zu der einen ganzheitlichen Lösung warten können.
Ich will am Beispiel des Mannheimer GKM auch noch einen anderen Punkt anfügen. Man könnte sich jetzt auf den Emissionshandel verlassen – richtig. Wenn wir aber heute schon wissen, dass wir mit allen geplanten Kohlekraftwerken fast sämtliche für 2020ff möglichen Emissionen verbrauchen, dann sehen wir, dass es dann einen Preisanstieg für Emissionszertifikate gibt, auf den wir mit dem Kraftwerkspark nicht mehr schnell reagieren können. Da muss sich dann der Investor überlegen, wie seine Preiseinschätzung ist und ob das ein gutes Investment ist. Eine Investorengruppe beim GKM sind die Mannheimer Bürgerinnen und Bürger, die ja beteiligt sind und vielleicht wie schon bei anderen Großprojekten in der Vergangenheit von ihren Stadtoberen schlecht vertreten werden und deswegen sich dagegen wehren (siehe überdimensionierte Müllverbrenungsanlagen, wogegen wir Grüne damals waren und die heute überhöhte Müllrechnungen verursachen). Das heißt, dass selbst bei optimal funktionierendem Emissionshandel es sinnvoll sein kann, aus Mannheimer Perspektive gegen ein neues Kohlekraftwerk zu sein. Ganz abgesehen davon, dass der Ausbau Erneuerbarer Energien mehr Arbeitsplätze in der Region schaffen würde und uns in einem wachsenden Markt ggf. Innovationsvorsprünge.
Gerne mal ausführlicher bei einer weiteren Veranstaltung in Mannheim.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick