Frage an Gerhard Schick von Steffen R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Schick,
mir ist aufgefallen, dass zwischen dem Erstarken der Linkspartei und der grünen Idee bzw. der Grünen in den ´70er und frühen ´80er Jahren Parallelen existieren. Die Grünen hatten damals starke Gegner und der Wunsch nach einem grundsätzlichen Wandel in bestimmten Teilen der Gesellschaft war präsent. Damals kämpften die etablierten Parteien erbittert und auch mit unlauteren Mitteln gegen den neuen Konkurrenten, anstatt sich mit dem gesteigerten Umweltbewußtsein und dem Wunsch nach Veränderung zu beschäftigen und den entsprechenden Bedürfnissen eine Plattform zu geben. Nun schießen leider auch die Grünen scharf auf den neuen Mitbewerber, der die Wünsche eines beachtlichen Teils der Bevölkerung repräsentiert. Das ist zwar verständlich aber es verstärkt die Wagenburgmentalität derjenigen Wähler, die sich von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlen.
Mein Wunsch ist, daß die Grünen die neue Partei so akzeptieren, wie sie sich darstellt und sich mit den Gründen beschäftigen, die zur Gründung der Linkspartei geführt hatten.
Wie ist Ihre Meinung dazu?
Sehr geehrter Herr Roth,
es gibt entscheidende Unterschiede zwischen den Grünen in ihrer Gründungsphase und der Linkspartei.PDS heute. Der PDS-Teil, der ja mindestens drei Viertel der Linkspartei.PDS ausmacht, ist nicht neu, sondern ziemlich alt: Er geht auf die PDS und diese auf die SED zurück. Daher stammt die gute Parteiorganisation, die sich jetzt im Wahlkampf als großer Vorteil erweist. Das hatten die Grünen in der Gründungsphase überhaupt nicht. Ein Großteil der jetzigen Mitglieder der Linkspartei.PDS sind altgediente Parteimitglieder; von der Aufbruchstimmung der grünen Parteigründung 1980, die viele junge Menschen begeistert hat, ist da nichts zu spüren. Es war damals ein Aufbruch nach vorne, der viele verschiedene soziale Bewegungen umfasst hat, die Ziele hatten für diese Gesellschaft - Friedensbewegung, Frauenbewegung, Umweltbewegung, Dritte-Welt-Initiativen, etc. Das ist heute bei der Linkspartei.PDS anders. Sie lebt aus dem Protest gegen Veränderungen durch die Agenda 2010 bzw. Hartz IV, ist also rückwärtsgewandt. In der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit, wie gesagt der kleinere Teil, sind viele enttäuschte SPD-Mitglieder und GewerkschafterInnen engagiert, insbesondere auf den ersten Plätzen der Listen (Lafontaine, Maurer, Ernst). Diese stehen in den Medien im Vordergrund, sind alte Politprofis und sind die eigentliche Stärke der Linkspartei.PDS. In der Gründungsphase der Grünen standen die Themen im Vordergrund, die Sache; die Personen wurden erst nach und nach bekannt. Erinnern Sie sich, wie lange es dauerte, bis die Grünen erstmals Personenplakate klebten? Mir ist die inhaltliche Auseinandersetzung im Wahlkampf wichtig. Und da kommen genau diese Unterschiede wieder zum Vorschein: Das vorliegende Programm der Linkspartei.PDS orientiert sich stärker an den Interessen von RentnerInnen als an der ökologischen, ökonomischen und sozialen Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Es beinhaltet eine Perspektive des Bewahrens eines früheren Zustands, nicht wie das der Grünen eine Perspektive für die Zukunft. Und das hängt, glaube ich, genau mit den genannten Unterschieden zusammen.
Viele Grüße
Gerhard Schick