Frage an Gerda Hasselfeldt von Andreas Maximilian M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Hasselfeldt,
Durch die Anerkennung der Ehe für alle fühle ich mich als Homosexueller das erste mal in meinem Leben als vollwertiger Mensch akzeptiert. (Ja Homosexualität ist, wie das Geschlecht, angeboren. Man kann sich das leider nicht aussuchen).
Sich gegen die Ehe für alle auszusprechen ist Ihre Entscheidung.
Unschlüssig finde ich allerdings Ihre Argumente. Sie hatten in Ihren jungen Jahren sicherlich häufig mit Vorurteilen als Frau zu kämpfen. Damals war es (leider) nicht selbstverständlich, dass Frauen Karriere machen. Wenn man noch weiter zurück geht, durften Frauen ohne die Erlaubnis ihres Mannes nicht einmal ein Arbeitsverhältnis eingehen oder hat wählen. Auch die Scheidung und Wiederheirat war vor vielen Jahrzehnten weder kirchlich, noch gesetzlich möglich.
Die Gesellschaft hat sie aber heute zum Glück geändert. War wäre, wenn sich damals die Parlamentarier nicht von alten Normen gelöst hätten? Wir würden in einem Patriarchat leben. Niemand hätte sich dann, wie viele CSU Politiker es mittlerweile getan haben, scheiden lassen können oder gar eine neue Ehe eingehen können.
Die gesellschaftliche Ansicht hat sich auch bzgl. der Ehe für alle gewandelt.
Das Bild der Ehe hat sich sehr geändert. Fast jede zweite Ehe wird geschieden. Mittlerweile entstehen viele Kinder nicht mehr aus der Ehe. Viele Eheleute haben überhaupt keine Kinder mehr. Sollte man nicht eher Kinder fördern anstatt die Ehe an sich?
Wenn kinderlos Eheleute das Privileg der Ehe genießen können, wieso können dann Homosexuelle dieses Privileg nicht genießen? Wie gesagt, für seine Homosexualität kann man nichts. Man kann es nicht einfach abstellen, es ist angeboren.
Ich habe nicht das Gefühl, dass die CSU Homosexuellen Respekt entgegen bringt. Scheidung, Wiederheirat und kinderlose Ehen sind okay, aber Ehe für alle ist ein no Go? Wieso?
Mit freundlichen Grüßen
Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
ich danke Ihnen für Ihr Schreiben, welches Sie mir über abgeordnetenwatch.de haben zukommen lassen.
Lassen Sie mich vorrausschicken, dass auch ich der Meinung bin, dass die Entscheidung von zwei Menschen, eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft einzugehen, Anerkennung und Toleranz verdient und auch eine rechtliche Absicherung braucht. Diese rechtliche Absicherung haben wir vor vielen Jahren mit dem Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft geschaffen. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist per se nicht weniger, aber auch nicht mehr wert als die Ehe. Sie ist rechtlich mittlerweile nahezu gleichgestellt, aber sie ist mit der Ehe nicht identisch. Ehe und Lebenspartnerschaft sind unterschiedlich.
Die Ehe von Frau und Mann steht unter dem besonderen Schutz des Staates. Nur aus dieser Verbindung können auf natürlichem Wege Kinder entstehen. Das kann und sollte man nicht relativieren. Deshalb habe ich bei der Abstimmung im Bundestag gegen eine Öffnung der Ehe gestimmt. In der Ehe geht es nicht nur um das Füreinandereinstehen, was natürlich auch in der Lebenspartnerschaft gelebt wird. Die Ehe ist auch die Grundlage für die Familie. Sie ist und bleibt die Grundlage dafür, dass unsere Gesellschaft weiterhin besteht. Sie ist eine Gemeinschaft von Mann und Frau, aus der Kinder geboren werden und so die Zukunft unserer Gesellschaft gesichert wird. Damit ist sie die Keimzelle unserer Gesellschaft und die Grundlage auch für die Ordnung unseres Staates. Dies ist der Grund dafür, dass Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz unter den besonderen Schutz des Staates gestellt werden. Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung immer wieder betont.
Auch in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und in der CSU-Landesgruppe sind die Meinungen unterschiedlich. Für mich ist diese Entscheidung eine wirklich höchstpersönliche. Daher respektiere ich die Entscheidung jedes Einzelnen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Gerda Hasselfeldt