Frage an Gerda Hasselfeldt von Tristan W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Hasselfeldt.
Was halten Sie von der Einführung eines öffentlichen, verbindlichen Lobbyregisters?
Mit freundlichen Grüßen
Tristan Wennrich
Sehr geehrter Herr Wennrich,
haben Sie Dank für Ihre E-Mail zum Thema „Demokratie und Bürgerrechte“.
Ich halte Ihre Forderung nach der Einführung eines öffentlichen, verbindlichen Lobbyregisters für unnötig, denn es existiert bereits eine Art „verbindliches Lobby(isten)register" über die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Einsatz von außerhalb des öffentlichen Dienstes Beschäftigten (externen Personen) in der Bundesverwaltung", die CDU und CSU durchgesetzt haben.
Im Deutschen Bundestag wird seit 1972 eine öffentliche Liste geführt, in der Verbände eingetragen werden können, die Interessen gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung vertreten. Zu den Angaben, die für die Registrierung erforderlich sind, gehören der Name und Sitz des Verbandes, die Zusammensetzung von Vorstand und Geschäftsführung, sein Interessenbereich, die Mitgliederzahl, die Anzahl der angeschlossenen Organisationen, die Namen der Verbandsvertreter und die Anschrift der Geschäftsstelle am Sitz von Bundestag und Bundesregierung. Die Eintragung in die Liste ist Voraussetzung für eine Anhörung ihrer Vertreter und die Ausstellung von Hausausweisen. Die Liste wird auf der Internetseite des Bundestages und im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Das Herantragen von Interessen an Abgeordnete - in ihren Wahlkreisen wie am Sitz des Bundestages - gehört zur parlamentarischen Demokratie. Parlamentarische Entscheidungen, in denen es um diese Interessen geht, sind nachvollziehbar. Dafür sorgt die Vielfalt der Beteiligten an den politischen Entscheidungsprozessen: Fraktionen und Koalitionskreise, Parlament und Fachausschüsse, öffentliche Anhörungen, Beiräte, Sachverständige so-wie unterschiedlichste - auch gegensätzliche - Interessenvertreter bis hin zum Bundesrat und dem Vermittlungsausschuss. Sie verhindern die Durchsetzung einseitiger Interessen zu Lasten des Gemeinwohls.
Eine Dokumentationspflicht für jede vermeintlich unmittelbare oder mittelbare Beeinflussung von Vorlagen der Exekutive durch Lobbyisten lehne ich ab. Eine solche Verpflichtung würde zu einem unübersehbaren Verwaltungsaufwand führen. Jedes Zusammentreffen mit Externen müsste dann von der Verwaltung vorsorglich dokumentiert werden, da dieses unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt als jedenfalls mittelbare Beeinflussung einer Vorlage der Exekutive an das Parlament durch Lobbyisten gewertet werden könnte. Praxistauglich wäre dies nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Gerda Hasselfeldt