Frage an Gerda Hasselfeldt von Bernd K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Hasselfeldt,
mit Interesse habe ich Ihre Aussage
«Die Kriminalität im Internet muss besser bekämpft werden. Die Vorratsdatenspeicherung ist hierfür unabdingbar»
gelesen. (Quelle: http://www.zeit.de/news/2013-01/03/parteien-csu-will-vorratsdatenspeicherung-03160607 )
Wenn man sich jedoch das wissenschaftliches Gutachten der kriminologischen Abteilung des Max-Planck-Instituts (MPI) betrachtet (Die Studie wurde übrigens im Auftrag des Bundesinnenministeriums erstellt http://vds.brauchts.net/MPI_VDS_Studie.pdf ) so kommen die Forscher dort zu dem Schluss, dass unter nüchterner Betrachtung der kriminologischen Effekte der Vorratsdatenspeicherung eindeutig zu schließen ist, dass die behauptete Schutzlücke nicht besteht.
Wer hat nun Recht? Die Wissenschaftler des Max-Plank-Institutes oder "die Partei"? Da Sie so vehemment für die VDS sind, können Sie sicherlich argumentativ die Studie des MPI entkräften und begründen warum der exorbitante Einschnitt in die Grundrechte der Deutschen notwendig ist.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Kasperidus
Sehr geehrter Herr Kasperidus,
über www.abgeordnetenwatch.de haben Sie mich gebeten zu erläutern, warum ich die Einführung der Vorratsdatenspeicherung zur Bekämpfung der Kriminalität im Internet für notwendig halte.
Missbrauch und kriminelles Handeln im Internet müssen entschlossen bekämpft werden. Nur so können mithilfe des Internets begangene Straftaten aufgeklärt und das Vertrauen der Bürger in die neuen Technologien aufrecht erhalten werden. Dazu müssen die Strafverfolgungsbehörden über die notwendigen ermittlungstechnischen Maßnahmen zur Feststellung der Täter verfügen. Die Vorratsdatenspeicherung ist hierfür unabdingbar, denn die Erhebung und Speicherung von Kommunikationsdaten ist ein wichtiges und effektives Instrument zur Aufklärung schwerer Straftaten wie Kinderpornografie oder terroristische Anschläge, bei denen häufig über das Internet kommuniziert wird. Häufig ist die IP-Adresse der einzige Hinweis auf die Identität der Täter. Ohne die Möglichkeit, diese Daten im Verdachtsfall abrufen zu können, lassen sich Tatverdächtige oft überhaupt nicht mehr ermitteln. In der Praxis bewirkt die derzeitige Rechtslage, dass die entsprechenden Daten schon gelöscht sind, bevor die Ermittlungsbehörden ihre Arbeit aufnehmen. Handlungsbedarf ist also dringend gegeben, eine Mindestspeicherfrist für Kommunikationsdaten ist für die innere Sicherheit Deutschlands unerlässlich.
Gespeichert werden sollen ausschließlich Verbindungsdaten, also z.B. IP-Adressen, nicht jedoch Inhalte von E-Mails. Selbst dann wären die Daten aber nicht ohne weiteres abrufbar, sondern die Behörden dürften nur beim Verdacht auf eine schwere Straftat und nur auf der Grundlage eines richterlichen Beschlusses auf sie zugreifen. Aus diesem Grund wäre eine neue Regelung zur Vorratsdatenspeicherung auch nicht verfassungswidrig.
Aus dem von Ihnen erwähnten Gutachten des Max-Planck-Instituts geht anders als nach Ihrer Darstellung nicht hervor, dass die Vorratsdatenspeicherung zur Bekämpfung der Kriminalität im Internet nicht erforderlich ist. In der Studie selbst wird festgestellt, dass Untersuchungen auf mögliche Schutzlücken wegen der geringen Datenbasis und kaum vorhandener empirischer Untersuchungen zur Datennutzung nicht möglich sei. Daher lässt sich nicht folgern, dass die Vorratsdatenspeicherung für Strafverfolgung und Gefahrenabwehr nicht erforderlich sei. Vielmehr lassen die Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sowie Berichte aus der Praxis durchaus den Schluss zu, dass der Fortfall der Vorratsdatenspeicherung im Bereich der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zu Schutzlücken geführt hat. Die Ergebnisse des Gutachtens sprechen daher also aus meiner Sicht nicht gegen eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung nach den oben genannten Maßgaben.
Im übrigen ist Deutschland auch aufgrund von EU-Vorgaben verpflichtet, die Vorratsdatenspeicherung gesetzlich zu regeln und eine anlasslose Speicherung von Telekommunikationsdaten einzuführen, und zwar mit einer Speicherfrist von mindestens sechs Monaten. Da dies bisher nicht geschehen ist, hat die Europäische Union im Mai 2012 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet.
Mit freundlichen Grüßen,
Gerda Hasselfeldt, MdB