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Gerda Hasselfeldt
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Frage von Jürgen Volker Holdefleiß, D. •

Frage an Gerda Hasselfeldt von Jürgen Volker Holdefleiß, D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau CSU-Landesgruppenchefin,
Ihrer Fraktion ist das Thema „Diskriminierung der ehemaligen DDR-Flüchtlinge anlässlich des Beitritts der DDR“ hinlänglich bekannt. Der Petitionsausschuss des Bundestages hat vor einigen Monaten einstimmig beschlossen, die Bundesregierung aufzufordern, diese rückwirkend zu beseitigen.
Das BMAS hat sich bedenkenlos und ohne sachlichen Diskurs über das Votum des Bundestages hinweggesetzt. Man verbreitet die Behauptung, die Gesetzgebung zum Beitritt der DDR wirke auch rückwirkend auf die Biografien der längst in der alten Bundesrepublik eingegliederten Flüchtlinge aus der DDR (Ausgereiste, Abgeschobene, Freigekaufte).

Nach Aussage des damaligen Ministers N. Blüm ist genau das Gegenteil wahr: Die Ergebnisse der Eingliederung sollen gerade nicht angetastet werden. Das schreibt er am 22.05.1991 in einem Brief an den Bundeskanzler, seine Ministerkollegen und den Pressdienst. Er beruft sich dabei auf einen „breiten Konsens aller politischen Kräfte“. Im Jahre 2012 bestätigt er diese Sicht noch einmal ausdrücklich.
Es ist kein einziges Dokument bekannt, mit dem das BMAS belegen kann, dass der Gesetzgeber die Abkehr von diesem „breiten politischen Konsens“ legitimiert hat. Ein rechtsstaatliches Vakuum.
Wie sich die Fraktionen des Bundestages zu diesem Thema künftig zu positionieren gedenken, wird angesichts des bevorstehenden Wahljahres 2013 von den 300.000 Betroffenen sicherlich mit großem Interesse beobachtet werden.
Wir stellen Ihnen hiermit die Frage:
Ist Ihre Partei bereit, folgende Forderung in eventuelle Koalitionsverhandlungen aufzunehmen?
Rückwirkende Korrektur der Diskriminierung, die den DDR-Flüchtlingen anlässlich des Beitritts der DDR verordnet worden ist. Das bedingt, dass die Folgen der Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze geheilt werden, die die Diskriminierung erst möglich gemacht hat.
Mit freundlichem Gruß,
J. Holdefleiß, IEDF

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Holdefleiß,

Ihre mir über www.abgeordnetenwatch.de übermittelte Frage zur rentenrechtlichen Behandlung früherer DDR-Flüchtlinge möchte ich wie folgt beantworten. Bitte haben Sie Verständnis, dass sich zum jetzigen Zeit keine Aussagen über mögliche künftige Koalitionsverhandlungen treffen lassen. Ich kann Ihnen versichern, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wie auch die Bundesregierung mehrfach intensiv geprüft haben, ob Änderungen an den derzeit geltenden Regelungen vorgenommen werden können. Auch im Rahmen der von Ihnen angesprochenen Petition hat die Bundesregierung die Thematik der Renten für DDR-Flüchtlinge erneut eingehend geprüft. Ich verweise diesbezüglich auf die entsprechende Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die Ihrem Verband vorliegt. Darüber hinaus haben Mitglieder meiner Fraktion und der CSU-Landesgruppe immer wieder ausführliche Gespräche mit Vertretern ehemaliger DDR-Flüchtlinge geführt.

Trotzdem möchte ich noch einmal auf folgende Punkte gesondert hinweisen: Die jetzt gültige Rechtslage hat sich aus der Zielsetzung ergeben, im Zuge der Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands eine schrittweise Vereinheitlichung des Rentenrechts zu schaffen. Die Verbesserung der rentenrechtlichen Situation der Menschen in den neuen Bundesländern war bei der Herstellung der deutschen Einheit ein erklärtes politisches Ziel von CSU und CDU. Bei der Rentenberechnung sollten grundsätzlich für alle Bürger die versicherten Entgelte zugrunde gelegt werden, um zu vermeiden, dass es in einem vereinigten Deutschland auf längere Sicht zu einer unterschiedlichen Behandlung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten und damit zu einer Ungleichbehandlung kommt, was bei einer fortgesetzten Anwendung des Fremdrentenrechts auf die Rentenberechnung früherer DDR-Flüchtlinge der Fall gewesen wäre. Eine Ausnahmeregelung wurde lediglich für einen kleinen Teil der Betroffenen, nämlich vor 1937 geborene Alt-Übersiedler getroffen.

Das Fremdrentengesetz hatte seine Berechtigung, solange die deutsche Teilung fortbestand und die Betroffenen daher ihre Anspruche nicht gegenüber dem für sie eigentlich zuständigen Rentenversicherungsträger geltend machen konnten. Nach dem Ende der deutschen Teilung und mit Inkrafttreten des Rentenüberleitungsgesetzes konnte die Rente auch für die ehemaligen Flüchtlinge anhand der tatsächlich versicherten Entgelte berechnet werden. Die günstige Hochwertung der Entgelte, von der die Ost-Rentner profitieren, kam und kommt dabei auch den ehemaligen DDR-Flüchtlingen zugute. Im übrigen ist es auch nicht so, dass das Rentenüberleitungsgesetz für alle ehemaligen Übersiedler zu einer nachteiligen Situation führt, so zum Beispiel für Beschäftigte aus bestimmten Branchen, aber auch für Frauen, die zulasten ihres Nettoeinkommens in die freiwillige Zusatzrentenversicherung der DDR eingezahlt haben (FZR). Schon aus diesem Grund halte ich eine Rückkehr zur früheren Rechtslage nicht für angezeigt.

Festzuhalten bleibt, dass das Rentenüberleitungsrecht eine enorme sozialpolitische Leistung der deutschen Einheit war, die dazu diente, die Rentensituation in Ost und West anzugleichen. Ohne es würde heute der Großteil der Rentnerinnen und Rentner in den neuen Bundesländern in Armut leben.
Die sich aus dem Rentenüberleitungsgesetz ergebende Rechtslage ist seitens der Rechtsprechung auch nicht bemängelt worden. Insbesondere hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 14.12.2011 bestätigt, dass Einbeziehung auch der ehemaligen DDR-Flüchtlinge in den Geltungsbereich des Rentenüberleitungsgesetzes rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die von Ihnen angesprochene Diskriminierungswirkung der rechtlichen Regelungen kann ich insofern nicht erkennen, als das Rentenüberleitungsgesetz gerade dazu diente und dient, alle ehemaligen DDR-Bürger in das bundesdeutsche Rentenrecht einzugliedern. Auch möchte ich darauf hinweisen, dass der Gesetzgeber grundsätzlich befugt ist, geltendes Recht zu ändern, um veränderten gesellschaftlichen Herausforderungen Rechnung zu tragen. Insbesondere das Recht der Rentenversicherung ist von häufigem Anpassungsbedarf betroffen, der alle Rentnerinnen und Rentner betrifft. Ich bedaure, Ihnen keine andere Mitteilung machen zu können und hoffe auf Ihr Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen

Gerda Hasselfeldt, MdB