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Gerda Hasselfeldt
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Frage von Holger W. •

Frage an Gerda Hasselfeldt von Holger W. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Hasselfeldt,

in diesem Schreiben möchte ich mich nochmal persönlich mit einem Anliegen an Sie wenden bzgl. des "Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)". Der Entwurf liegt vollständig auf Englisch vor unter:

http://consilium.europa.eu/media/1216793/esm%20treaty%20en.pdf

Es gibt auch eine "inoffizielle Arbeitsübersetzung", die Sie finden unter:

http://www.peter-bleser.de/upload/PDF-Listen/E-Mail-Info_Eurostabilisierung/Entwurf_Vertrag_ESM.pdf

Ich möchte Sie hiermit als meine Vertreterin auffordern, diesem Vertrag nicht zuzustimmen, da er in mehreren Punkt offenbar im Gegensatz zu den Interessen der Bevölkerung eines demokratischen/rechtsstaatlichen Landes steht.

Folgende Punkte aus dem Vertrag finde ich in einem Zusammenschluss aus Rechtsstaaten nicht akzeptabel:

Article 27 - Legal status, privileges and immunities

[...]

3. The ESM, its property, funding and assets, wherever located and by whomsoever held, shall enjoy immunity from every form of judicial process except to the extent that the ESM expressly waives its immunity for the purpose of any proceedings or by the terms of any contract, including the documentation of the funding instruments.

Mit anderen Worten: Der ESM operiert außerhalb des rechtsstaatlichen Systems.

Gleiches gilt für die folgendenen Punkte 4, sowie 8. Stutzig macht mich auch Artikel 29 "Professional Secrecy" (= Schweigepflicht). Da der ESM letztlich mit meinen Steuergeldern arbeitet, ist hier kein Platz für Geheimhaltung. Das ist kein eigenverantwortliches Unternehmen, welches Betriebsgeheimnisse haben könnte, sondern wie jede staatliche Institution lediglich eine Volksvertretung - und dementsprechend gibt es nichts, was so eine Institution auf nicht-öffentliche Art und Weise tun dürfte.

Ich bitte Sie um Stellungnahme zu diesen Punkten und um Mitteilung, wie Sie abstimmen werden.

Herzliche Grüße aus Eichenau,
Holger Wagner

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Wagner,

vielen Dank für Ihre Fragen zum ESM-Vertrag, die Sie mir über Abgeordnetenwatch gestellt haben.

Ich kann Ihre Besorgnis gut verstehen. Wir befinden uns in einer schwierigen Situation, in der es keine schnellen, einfachen Lösungen gibt. Aber wir sind auf einem guten Weg, die Stabilität der Europäischen Wirtschaft- und Währungsunion zu sichern. Der Euro-Rettungsschirm, zum einen als permanenter Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM) und zum anderen als vorläufiger European Financial Stability Facility (EFSF), ist Teil des Gesamtkonzepts der Staats- und Regierungschefs der Euroländer zur Überwindung der aktuellen Schuldenkrise in einigen Eurostaaten.

Ich halte den Euro-Rettungsschirm für sehr wichtig für die Stabilität in der Eurozone. Deutschland profitiert als exportorientierte Nation maßgeblich vom Euro. Mehr als 40 % der deutschen Exporte gehen in andere Eurostaaten. Der Euro hat großen Anteil daran, dass Deutschland die Finanz- und Wirtschaftskrise so gut bewältigt hat. Es liegt im Interesse aller Deutschen, ein Auseinanderbrechen der Währungsunion mit unabsehbaren Folgen zu verhindern. Der Rettungsfonds kommt nur als ultima ratio zu Einsatz und nur gegen strenge Spar- und Sanierungsauflagen. Bereits die Ausweitung des vorläufigen Rettungsschirms (EFSF) war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ich habe deshalb am 29.09.2011 der Ausweitung des Euro-Rettungsschirms im Bundestag zugestimmt. Die EFSF soll Mitte 2013 durch den permanenten Rettungsschirm ESM abgelöst werden. Ich werde auch dem ESM-Vertrag meine Zustimmung geben.

Zu Ihren einzelnen Kritikpunkten am ESM-Vertrag möchte ich wie folgt Stellung nehmen:

1. Art. 27 ESM-Vertrag
Die Immunitätsregelungen entsprechen den bei vergleichbaren internationalen Organisationen, wie dem IWF oder der Weltbank, üblichen Regelungen. Die Immunität der Amtsträger und Bediensteten kann aber durch den Gouverneursrat des ESM aufgehoben werden, wenn dies erforderlich wird. Der Grund für die Immunität ist der Schutz des ESM und seines Vermögens infolge eines erheblichen Prozessrisikos, insbesondere vor dem Hintergrund der geplanten Beteiligung des Privatsektors. Eine solche Regelung liegt daher sowohl im Interesse der ESM-Mitgliedstaaten und als auch des deutschen Steuerzahlers.

2. Art. 29 ESM-Vertrag
Die berufliche Schweigepflicht entspricht ebenfalls den Regelungen bei vergleichbaren internationalen Organisationen. Die Allgemeinheit hat ein Interesse daran, dass interne Vorgänge nicht unkontrolliert an die Öffentlichkeit gelangen. Trotz der Schweigepflicht kann der ESM kontrolliert werden. Insbesondere müssen wichtige Entscheidungen des ESM-Rettungsfonds einvernehmlich getroffen werden. Deutschland hat damit in diesen Fällen ein volles Vetorecht. Für die EFSF hat der Bundestag bereits stärkere Beteiligungsrechte des Parlaments bei den Entscheidungen über Hilfsmaßnahmen des Rettungsfonds beschlossen. Auch für den ESM soll es eine ähnliche Regelung geben. Der Bundestag hat damit weiterhin die Haushaltsverantwortung inne.

Ich halte den Euro-Rettungsschirm für sehr wichtig, um die Stabilität in der Eurozone zu bewahren und ich bin zuversichtlich, dass der ESM als wesentlicher Baustein im Gesamtpaket zur dauerhaften Stabilisierung unserer Währung beitragen wird.

Mit freundlichen Grüßen
Gerda Hasselfeldt, MdB