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Gerd Friedrich Bollmann
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Frage von Antje P. •

Frage an Gerd Friedrich Bollmann von Antje P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Bollmann,

wie ich Ihrer Antwort an Herrn Nowak, auf die Frage zur Volksabstimmung zum EU-Vertrag, vom 20.06.08 entnehme, sieht das deutsche Grundgesetz keinen Volksentscheid auf Bundesebene vor.Es ist oft zu hören, dass das Verbot einer Volksabstimmung in Deutschlands Verfassung fest verankert ist.Das gibt es dort nicht. Im Gegenteil, das Grundgesetz nennt Wahlen und Abstimmungen als die Methoden, die dem Volk zur Willensäußerung zur Verfügung stehen. Wird von einem Volksentscheid deshalb abgeraten, das Volk über den Vertrag abzustimmen zu lassen, weil er so kompliziert sei, dass er für Nichtexperten nur mit Mühe lesbar sei? Kritik an diesem Vertragswerk wird seit Jahren fundiert und sachlich vorgetragen.Wird der EU-Reformvertrag wirksam, ist das das Ende der in Deutschland seit Gründung der Bundesrepublik bekannten Form von Demokratie. Das es nicht unmöglich ist, sich das ganze Vertragswerk genauer anzusehen und zu hinterfragen, wird einem nach eingehendem Studium angst und bange, was mit dem EU-Vertrag auf uns zu kommen wird. Vorwiegend (wie auch die HartzIV-Gesetze und andere) hat der Bertelsmann-Konzern einen maßgeblichen Anteil an dem Vertragwerk. Warum, das kann man sich, unter anderem, bei Prof. Dr. iur. K. A. Schachtschneider, hier anhören: http://www.youtube.com/view_play_list?p=86EF311FC83D1447
Und dies sei wirklich jedem Bürger dringend angeraten, so kann niemand sagen, von nichts gewusst zu haben, wenn über Verklausulierungen z.B. die Todesstrafe wieder eingeführt werden kann. Nicht nur ich bin entsetzt, wie der Wille des Volkes von unseren Parlamentariern einfach ignoriert wird. Demokratie? Aber lieber ohne Volk? Sehr geehrter Herr Bollmann, haben Sie den gesamten Vertrag wirklich gelesen?Worte des Bundespräsidenten Dr. Gustav Heinemann (1969-1974): "Der Bürger hat das Recht und die Pflicht, die Regierung zur Ordnung zu rufen, wenn er glaubt, dass sie demokratische Rechte missachtet."
Mit freundlichen Grüßen
Antje Poelmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Poelmann,

es stimmt, dass es im Artikel 20 des Grundgesetzes heißt, die Staatsgewalt werde vom Volke in Wahlen und Abstimmungen ausgeübt. Grundsätzlich werden damit Volksabstimmungen auf die gleiche Stufe wie Wahlen gestellt. Dies bedeutet, dass Volksabstimmungen durch die sogenannten Grundrechtsparagraphen nicht verboten werden. In weiteren Paragraphen wird jedoch die Gesetzgebung geregelt.
In Artikel 76 Abs. 1 GG werden als Gesetzgeber nur der Bundestag (zusammen mit dem Bundesrat) genannt. Für eine tatsächliche Durchführung von Volksentscheiden ist also eine Grundgesetzänderung notwendig.
Wie Sie aus meiner Antwort an Herrn Nowak entnehmen können, setzt sich die SPD für Volksbegehren und Volksentscheid auf Bundesebene ein. Darin habe ich ebenfalls geschildert, warum eine Grundgesetzänderung bislang scheiterte.

Wie ich ebenfalls hier bereits ausgeführt habe, stärkt der Vertrag von Lissabon die demokratischen Rechte und Einflussmöglichkeiten der EU-Bürger.
Noch ein paar Worte zur Todesstrafe:
Der EU-Vertrag von Lissabon enthält in Artikel 6 Absätze 2 und 3 EUV einen klaren Auftrag an die EU, der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) beizutreten. Durch diesen Beitritt erhalten die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger die Möglichkeit, gegen sie belastende Akte der Europäischen Union nach Erschöpfung des nationalen Rechtswegs auch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anzurufen.
Auch Artikel 1 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK legt fest, dass die Todesstrafe abgeschafft ist. Das bedeutet, dass neben den Regelungen im Grundgesetz und der EU- Grundrechtscharta ein weiterer Artikel eindeutig und unmissverständlich festlegt, dass die Todesstrafe abgeschafft ist.

Schließlich möchte ich darauf hinweisen, dass sich die EU, insbesondere das Europäische Parlament, seit Jahren für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe einsetzt, im Februar 2007 hat das Europäische Parlament dazu eine Erklärung verabschiedet, in der es ein weltweites Moratorium der Vereinten Nationen für die Vollstreckung der Todesstrafe fordert. Der EU-Vertrag von Lissabon wird mit der Grundrechtscharta und dem Beitritt der EU zur EMRK einen wichtigen Beitrag leisten, um die Abschaffung der Todesstrafe zu stärken.

Ich bin ein überzeugter Gegner der Todesstrafe und erkenne auch keine Absicht diese wieder einzuführen.

Mit freundlichen Grüßen
Gerd Bollmann, MdB