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Gerd Friedrich Bollmann
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Frage von Mareike K. •

Frage an Gerd Friedrich Bollmann von Mareike K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Bollmann,

Sie haben am Donnerstag für Websperren im Kampf gegen Kinderpornografie abgestimmt.

Nur um Missverständnisse auszuschließen, dass das Übel der Verbreitung von Kinderpornografie über Kommunikationsmedien bekämpft werden muss, steht außer Frage.

Ich würde aber gerne wissen, ob Sie sich mit der Materie Internet so weit vertraut fühlen, dass sie bei einer solchen Gesetzesentscheidung kompetent abstimmen können.

Könnten Sie mir zum Beispiel aus dem Stegreif erklären, was ein DNS-Server ist und wie er funktioniert?

Könnten Sie bitte möglichst detailliert erläutern, wie die Sperrliste Ihrer Meinung nach die Verbreitung von Kinderpornografie verhindern soll, da 1. diese Sperre kinderleicht umgangen werden kann, 2. eine DNS-Sperre mehr als ungenau ist und 3. der Großteil der Kinderpornographie, der nämlich über Tauschbörsen verbreitet werden, von dieser Sperre gar nicht tangiert wird. Wie genau soll diese Sperre also auch nur einen Täter abhalten?

Wenn man die Freiheitsrechte der Bürger in einem solchen Maße einschränkt, muss dann nicht der Nutzen in einem angemessenen Verhältnis stehen?

Angeblich unterliegen Stopp-Seiten nicht der Vorratsdatenspeicherung. Aber ist es nicht so, dass zwar nicht direkt weitergeleitet wird, jedoch ein Zugriff erfolgen kann, so bald ein Anfangsverdacht besteht?

Was sagen Sie dazu, dass schon einen Tag nach der Verabschiedung diskutiert wird, die Sperren auszudehnen (z.B. auf Killerspiele)? Wie können Sie garantieren, dass die Sperren nicht ausgedehnt werden?

Ein Provider kann nicht erkennen, ob eine Seite direkt angesurft oder nur versehentlich dorthin gesurft wurde, trotzdem werden die Daten der Person erfasst. Was sagen Sie dazu?

Mit freundlichen Grüßen

Portrait von Gerd Friedrich Bollmann
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kuerpick,

einen Teil ihrer Fragen habe ich bereits in der Antwort für Herrn Busche auf dieser Seite beantwortet.

In Ihren weiteren Fragen drücken Sie die Befürchtung aus, dass personenbezogene Daten missbraucht und in der Zukunft weitere Internetseiten gesperrt werden. Aus zahlreichen Gesprächen, Diskussionen und Anschreiben weiß ich, dass genau dies die größten Befürchtungen vieler Kritiker des Gesetzes ist. Die Angst, dass die Freiheit im Internet eingeschränkt wird, ist sehr groß. Diese Ängste haben wir in der SPD-Bundestagsfraktion sehr ernst genommen und sorgfältig diskutiert.
Um einen Missbrauch des Gesetzes zu verhindern, haben wir mehrere Änderungen im Gesetz durchgesetzt. Die Verwendung der auf Grund der Zugangserschwerung bei der Umleitung anfallenden personenbezogenen Daten, insbesondere der Verkehrs- und Nutzungsdaten, für Zwecke der Strafverfolgung wird ausdrücklich ausgeschlossen. Damit soll der Sorge begegnet werden, dass die Maßnahmen zur Zugangserschwerung Auswirkungen auf die Internetnutzung haben, weil Nutzer befürchten müssten, gegebenenfalls auch bei unbeabsichtigtem Zugriff auf Seiten der Sperrliste einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt zu werden.

Ebenfalls haben wir dafür gesorgt, dass die Sperrlisten des BKA kontrolliert werden. Das BKA steht zunächst einmal unter der Aufsicht des Bundesinnenministeriums. Zusätzlich wird aufgrund der Besonderheit der angeordneten Maßnahmen beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ein fünfköpfiges unabhängiges Expertengremium eingesetzt, um die Sperrlisten zu überwachen. Dessen Mitglieder müssen mehrheitlich die Befähigung zum Richteramt haben.
Das Expertengremium kann jederzeit die Liste einsehen und hat mindestens quartalsweise eine relevante Zahl von Stichproben zu erheben, ob einzelne Seiten zu Recht auf der Liste stehen. Auf Verlangen des Gremiums hat das BKA ein zu Unrecht gelistetes Angebot von der Liste zu entfernen. Darüber hinaus kann jeder Internetnutzer das BKA kontaktieren und auf eine unberechtigte Sperrung aufmerksam machen. Über diese Möglichkeit wird auf der Stopp-Meldung informiert.
Ferner stellt das Gesetz klar, dass für Streitigkeiten über die Aufnahme eines Telemedienangebots in die Sperrliste der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist.
Viel öfter wird die Gefahr einer weitgehenden Internetzensur kritisiert. Diese Befürchtung teile ich nicht, obwohl ich sie verstehe. Diverse Äußerungen von anderen Politikern nach weiteren Sperren, z. B. Killerspielen schüren solche Ängste, ich lehne dies aber ab.
Ich bin wie meine Fraktion dagegen, dass andere Internetseiten gesperrt werden. Ein solcher Eingriff in das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit ist ein schwerwiegender Schritt und darf nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden. Um dies klarzustellen, wurden die neuen Vorschriften in einem eigenen Gesetz zusammengefasst und nicht im Telemediengesetz verankert. Das Gesetz sieht außerdem ausdrücklich vor, dass das Sperrlistenverfahren und die dafür erforderliche Infrastruktur auf Grund der ausschließlichen Verwendung für die Zugangserschwerung bei Seiten, die kinderpornographische Schriften im Sinne des § 184b Absatz 1 StGB enthalten, nicht zur Durchsetzung etwaiger zivilrechtlicher Ansprüche gegenüber den Anbietern oder sonstigen Dritten genutzt werden dürfen.
Natürlich stimmt es, dass die Infrastruktur theoretisch auch für die Sperrung anderer Inhalte verwendet werden könnte. Wie bereits dargelegt, wird aber durch die Formulierung als Spezialgesetz klargestellt, dass es nur um die Sperrung kinderpornographischer Seiten, nicht jedoch von anderen Inhalten geht. Ein zukünftiger Gesetzgeber ist zwar frei, ein anderes Gesetz zu beschließen, dies gilt jedoch auch unabhängig von diesem konkreten Gesetz. Zudem wird bereits ebenfalls unabhängig vom Gesetz die Infrastruktur zur Sperrung aufgebaut, da die größten Internetzugangsprovider in Deutschland mit dem BKA einen entsprechenden Vertrag geschlossen haben. Diese Verträge beinhalten jedoch keinen hinreichen Schutz in Bezug auf datenschutzrechtliche und verfahrensrechtliche Bestimmungen, etwa die Kontrolle der BKA-Liste durch ein unabhängiges Gremium.
Zum Schluss noch eine Anmerkung, ich bin überzeugt, dass gerade die kritische Begleitung durch zahlreiche Internetnutzer einen Missbrauch und eine undemokratische Zensur des Internets verhindern werden. Darüber hinaus freue ich mich, dass gerade viele junge Menschen diese Fragen politisch diskutieren.

Mit freundlichen Grüßen

Gerd Bollmann, MdB