Frage an Garrelt Duin von Otto N. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Duin,
Mit Befremden musst ich feststellen, dass Ihre Partei immer noch an der Heimattouristenstrafsteuer festhält, obwohl Ihr Finanzminister, in der EU, es den anderen Staaten freistellt, die Mehrwertsteuer für touristische Dienstleistungen des Hotel- und Gaststättengerwerbes zu ermäßigen.
Es kann doch nicht angehen, dass der Tourist der sich eine ostfriesische Insel statt einer holländischen Watteninsel zum Ziel ausgesucht hat, mit einer Sondersteuer von 12,26 % bestraft wird. So hoch ist nämlich der Mehrwertsteuerunterschied zwischen den holländischen und den deutschen Watteninseln. Diese Wettbewerbsverzerrung setzt sich über fast alle Eu-Länder fort; selbst Dänemark, die bei der Mehrwertsteuer 25 % erheben, geben den Unternehmern dies über fast nicht vorhandene Sozialabgaben(da diese aus der Mehrwertsteuer bestritten werden) einen Wettbewerbsvorteil gegen die deutschen Destinationen.
Wie stehen Sie, als ein Abgeordneter, der aus einem Wahlkreis kommt, der als, fast einzigen, Arbeitsmarktmotor den Tourismus hat zu dieser steuerlichen Ungleichbehandlung?
Mit freundlichen Grüßen
Otto Niemeyer
Sehr geehrter Herr Niemeyer,
vielen Dank für Ihre Frage vom 6. April 2009 zur Mehrwertsteuer im Hotel- und Gaststättengewerbe. Ich möchte mich für die verspätete Antwort bei Ihnen entschuldigen.
Rückläufige Umsätze und damit auch sinkende Erträge im Hotellerie- und Gaststättenbereich wie in zahlreichen anderen Dienstleistungsbereichen sind auch für uns ein relevantes Problem.
Aus diesem Grunde senkte bereits die rot-grüne Koalition den Eingangssteuersatz bei der Einkommensteuer von seinerzeit 25,9 auf 15 Prozent – weiter vermindert durch das Konjunkturpaket II auf 14 Prozent – und den Höchststeuersatz von 53 auf 42 Prozent. Außerdem konnten wir durchsetzen, dass der Grundfreibetrag auf 7.664 Euro anstieg und sich durch die aktuellen Beschlüsse der Großen Koalition zum 1. Januar 2010 auf 8.004 Euro erhöhen wird. Das kommende Bürgerentlastungsgesetz bringt zusätzliche einkommensteuerliche Erleichterungen von rund 9,6 Mrd. Euro jährlich.
Komplettiert werden diese Maßnahmen durch die in Deutschland nochmals verbesserte Verrechnung der Gewerbesteuer mit der Einkommensteuer. Im Interesse der betroffenen Städte und Gemeinden hat die SPD damit die Gewerbesteuer nicht nur erhalten, sondern stabilisiert und gleichzeitig eine nachhaltige ertragsteuerliche Entlastung aller Gewerbetreibenden erreicht. Dies kommt insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen zugute.
Forderungen zur Ermäßigung der Umsatzbesteuerung einzelner Produkte und Dienstleistungen gibt es seit Jahren. Sie werden mit sozial- oder wirtschaftspolitisch anerkannten Zielen begründet. So sollen beispielsweise Familien („Kinderprodukte“) und gesetzlich Krankenversicherte (Arzneimittel) finanziell begünstigt, eine gesunde Ernährung (Mineralwasser), ökologische Gebäudesanierungen (Baugewerbe) oder der Tourismus (Hotel- und Gaststättengewerbe) gefördert werden.
Allen Initiativen gemeinsam ist die Kritik am aktuellen Anwendungsbereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Deutschland. Da dieser Katalog zweifelsohne eine überzeugende Systematik vermissen lässt, hat die SPD-Bundestagsfraktion vor einigen Monaten das Bundesfinanzministerium der Finanzen aufgefordert, Handlungsempfehlungen für den Gesetzgeber zu erarbeiten. Hierzu wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben, das mögliche künftige Ausgestaltungen aufzeigen und unter wirtschafts-, finanz- und steuerpolitischen Aspekten bewerten soll. Das Ergebnis dieser wissenschaftlichen Untersuchung wird in einigen Monaten vorliegen.
Etwaige gesetzgeberische Konsequenzen hieraus stehen natürlich unter dem Vorbehalt der Bewältigung der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise. Mit milliardenschweren Maßnahmenpaketen zur Sicherung der Arbeitsplätze in Deutschland dämpfen wir den Wirtschaftseinbruch. Die konjunkturbedingten Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte sind trotzdem dramatisch. Die aktuelle Steuerschätzung prognostiziert Bund und Ländern für den Zeitraum von 2009 bis 2012 Steuerausfälle von 316 Mrd. Euro. Krisenbezogene Mehrausgaben werden die öffentlichen Kassen zusätzlich belasten. Deshalb können Bund, Länder und Gemeinden auf absehbare Zeit keine weiteren Einnahmeausfälle durch neue Steuersenkungen verkraften. Dies gilt insbesondere bei Einführung einer Schuldenbremse.
Allerdings wird die Umsatzgrenze für die sog. Ist-Versteuerung bis Ende 2011 auf bundeseinheitlich 500.000 Euro angehoben. Für die SPD war es wichtig, diese gezielte Stärkung der Liquidität kleiner und mittlerer Betriebe in der aktuellen Krise auch auf die westdeutschen Unternehmen auszudehnen.
Mit freundlichen Grüßen
Garrelt Duin, MdB