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Frage von Heike B. •

Frage an Garrelt Duin von Heike B. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Duin,

in Ihrer Antw. v. 21.06.08 auf die Frage des Gesundheitssystems teilten sie mit, dass Gesunde für Kranke, Finanzstarke für Arme .....usw. eintreten sollen.

Leider sieht es doch ganz anders aus. Ich als Betroffene Kranke muss jetzt zum 01.07.08 feststellen, dass die Zuzahlung an einigen Medikamenten unverhältnismäßig hoch ist.
Ich leide an allergischem Bronchialasthma, Bluthochdruck, Zwerchfellbruch - inoperabel - Entfernung der Schilddrüse wegen warmer und kalter Knoten. Als Magenschutzpräparat bekam ich Nexium mups. Medikamente - wie Omep - halfen nicht. Nun soll ich aber für das Nexium 54,66 EUR selbst zahlen, da von der Regierung bestimmt wurde, dass das Medikament zu teuer ist und der Hersteller die Kosten senken soll. Es soll auf gleich wertige Medikamente zurück gegriffen werden. Sicher können Sie verstehen, dass ich keine Versuche an mir unternehme, da mit allergischen Asthma Reaktionen zu rechnen ist. Bei einem Netto Einkommen von 1.250,00 EUR für eine 5-köpfige Familie ein zu hoher Zuzahlungsbetrag. Möglichkeiten, das Medikament wie bisher zu bekommen, sieht die Krankenkasse leider nicht. Es müssen andere, günstigere, gleichwertige Medikamente ausprobiert werden. Die anderen Medikamente haben zwar die gleichen Wirkstoffe, aber noch andere Zusätze bzw. weniger - also nicht gleichwertig. Warum gibt es keine Sonderfall Regelung?

Ferner ist dies nicht nachvollziehbar. Gem. Gg hat jeder Bürger ein Recht auf körperliche Unversehrtheit. Es müssen andere Medikamenten ausprobiert werden, um zu Beweisen, dass sie nicht verträglich sind.

Warum lässt die Bundesregierung eine 2 Klassen Gesundheitsreform - Versorgung f. Arme und f. Reiche – zu, obwohl ich auf dieses Medikament angewiesen bin?

Freundliche Grüsse
Heike Boller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Boller,

vielen Dank für Ihre Frage vom 9. Juli 2008 zum Thema Zuzahlungen für Medikamente.

Im § 35 Abs. 5 SGB V (Fünftes Sozialgesetzbuch) heißt es hierzu: „(5) Die Festbeträge sind so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen. Die Festbeträge sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen.“

Durch die Anpassung sind folgende Effekte für einige Arzneimittel (AM) entstanden:
Einige AM, deren Preis 30% unter dem Festbetrag lag, waren bislang zuzahlungsfrei (Regelung aus dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz AVWG - Unterschied zwischen Zuzahlung und Aufzahlung beachten). Durch Absenkung des Festbetrags sind für diese AM wieder Zuzahlungen zu leisten. Durch die Absenkung der Festbeträge kann sich, wenn die pharmazeutischen Unternehmen den Preis ihrer Produkte nicht dem neuen Festbetrag angepasst haben, eine Differenz ergeben, die der Versicherte zu zahlen hat (so genannte Aufzahlung).

Zuzahlung: Für jedes Arzneimittel müssen die Versicherten zwischen fünf und zehn Euro gesetzliche Zuzahlung leisten; je nachdem, wie teuer das Arzneimittel ist. Bei Überforderung greift die gesetzliche Härtefallregelung.
Aufzahlung: Wenn ein Arzneimittel teurer ist, als der entsprechende Festbetrag, muss der Versicherte die Differenz zwischen Festbetrag und Arzneimittel aus der eigenen Tasche bezahlen. Die Aufzahlung muss dann zusätzlich zur Zuzahlung geleistet werden. Es gibt keine Härtefallregelung.

Generell gilt für Arzneimittel, die unter Festbetrag stehen, dass es ausreichend viele therapeutische Alternativen gibt: In der gleichen Packungsgröße, in der gleichen Darreichungsform (Tablette, Kapsel, Tropfen usw.), mit den gleichen Wirkstoffen/Wirkstoffkombinationen und den gleichen Wirkstärken. Deshalb beim Arzt nachfragen, ob es für das benötigte Mittel eine zuzahlungsfreie Alternative gibt.

Auf dem deutschen Arzneimittelmarkt gibt es eine Vielzahl von Arzneimitteln mit vergleichbarer Wirkung und zum Teil auch identischer Zusammensetzung, deren Preise aber sehr unterschiedlich sind. Unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten ist es nicht vertretbar, die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) mit den Kosten teurer Arzneimittel zu belasten, wenn auf der anderen Seite preisgünstige und qualitativ gleichwertige Präparate zur Verfügung stehen. Deshalb gibt es seit 1989 Arzneimittelfestbeträge, die die Versichertengemeinschaft vor überhöhten Arzneimittelpreisen schützen. In der gesetzlichen Krankenversicherung gibt der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der medizinischen Versorgung vor. Die Einzelheiten werden jedoch von der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen festgelegt, deren wichtigstes Organ der gemeinsamen Selbstverwaltung der Gemeinsame Bundesausschuss ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden. Diese Richtlinien sind für die beteiligten Ärzte, Krankenkassen, Krankenhäuser und Versicherten verbindlich.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den gesetzlichen Auftrag dafür zu sorgen, dass die Arzneimittelversorgung wirtschaftlich erfolgt. Das heißt, dass den Versicherten alle medizinisch notwendigen und zweckmäßigen Arzneimittel zur Verfügung stehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss nimmt hier also eine sehr wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe wahr. Er bestimmt in den Richtlinien, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. Festbeträge sind in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Höchstpreise für bestimmte Arzneimittel. Sie werden in einem zweistufigen Verfahren festgesetzt. In der ersten Stufe legt der Gemeinsame Bundesausschuss Arzneimittelgruppen fest, für die Festbeträge festgesetzt werden können.

In diesen Festbetragsgruppen sollen Arzneimittel mit
1. denselben Wirkstoffen,
2. pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen,
3. therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondere Arzneimittelkombinationen zusammengefasst werden.

In der zweiten Stufe setzen die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich Festbeträge fest, bis zu deren Höhe die Krankenkassen die Kosten tragen. Die Krankenkassen zahlen also höchstens diesen Betrag. Übersteigt der Preis den Festbetrag, so muss der Versicherte die Aufzahlung selbst tragen. Abschließend ist noch zu ergänzen, dass für die pharmazeutischen Unternehmen die Möglichkeit besteht, den Preis auf das Festbetragsniveau zu senken. Zudem können die Krankenkassen mit den Herstellern einen speziellen Rabattvertrag abschließen, damit die Arzneimittel mit Preisen über dem Festbetrag für die Versicherten ohne Mehrkosten verfügbar sind. Hierdurch wird das Festbetragssystem flexibler und für vertragliche Vereinbarungen geöffnet.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Garrelt Duin