Frage an Garrelt Duin von Annemarie R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Herr Duin, die leidige Diskussion um Mindeslöhne muss zu einem positiven Ergebnis führen.Es geht nicht an, dass Arbeitgeber Ihren Mitarbeitern Hungerlöhne bis zum 67. Lebenjahr zahlen und dann die Rente nicht zum Leben reicht. Wie soll ein Familienvater fürs Alter vorsorgen, wenn er heute nicht in der Lage ist, seinen Kindern ein Eis zu kaufen, geschweige einen Sonntagsausflug in einem Freizeitpark zu finanzieren. Ich denke hier ist die SPD im Verzug sich nicht mehr von der Union vorführen zu lassen. Den ewigen gleichen Satz von Herrn Profalla, Bundesweite Mindeslöhne ist mit der Union nicht zu machen, treibt mir jedesmal die Zornesröte ins Gesicht. Ich möchte daraufhinweisen, dass ich seit fünf Jahren im Ruhrstand bin, also persönlich nicht betroffen bin.
Was gedenkt die SPD bzw. Herr Müntefering gegen diese Blockade der CDU/CSU zu unternehmen, damit arbeitende Mitbürger für gute Arbeit gutes Geld erhalten?
Mit freundlichem Gruss
Annemarie Reichmann
Sehr geehrte Frau Reichmann,
vielen Dank für Ihre Frage vom 20. Mai 2007 zur Diskussion um Mindestlöhne.
Während der Wohlstand in Deutschland stark wächst, arbeiten viele Menschen für Löhne, von denen sie nicht leben können. Das ist unsozial und ungerecht. 2,5 Millionen Vollzeitbeschäftigte beziehen Armutslöhne, die weniger als Hälfte des Durchschnittseinkommens betragen. Dumpinglöhne schwächen auch die Unternehmen, die sich an der Ausbeutung nicht beteiligen und faire Löhne zahlen. Die Einkommensschere geht immer weiter auseinander, mit rasant wachsenden Spitzengehältern und Kapitaleinkünften und stagnierenden Löhnen für die Mehrzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Unsicherheiten nehmen zu: Durch befristete und außertarifliche Arbeit, durch Leiharbeit und geringfügige Beschäftigung nimmt der Bereich der prekären Arbeit ohne gesicherte Perspektive immer mehr zu. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten orientieren uns am Leitbild der guten Arbeit. Wir wollen sittenwidrige Löhne verbieten. Wir setzen uns für Mindestlöhne ein. Menschen, die Vollzeit arbeiten, müssen von ihrem Lohn auch menschenwürdig leben können. Deshalb haben wir die Kampagne „Politik für gute Arbeit - Deutschland braucht Mindestlöhne“ gestartet. Die Gewerkschaften unterstützen unseren Aufruf für Mindestlöhne. Darüber hinaus befürworten wir einen gerechten Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Produktivitätswachstum durch angemessene Lohnsteigerungen. Wir wollen zusätzlich die Beteiligung der Belegschaften am Unternehmenskapital ausbauen. In einer flexibler werdenden Arbeitswelt wollen wir neue Sicherheiten für die Menschen, damit Übergänge und Brüche im Beruf nicht zum sozialen Absturz führen. Wir wollen die Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt und mehr Chancen für Ältere. Der gesetzliche Kündigungsschutz, die Mitbestimmung im Betrieb, Tarifautonomie und Streikrecht der Gewerkschaften sind unverzichtbare Bestandteile der sozialen Marktwirtschaft. Dafür kämpfen wir mit all denen, die in unserer Gesellschaft soziale Gerechtigkeit verwirklichen wollen. Die SPD will gerechte Löhne für gute Arbeit. Es darf nicht sein, dass immer mehr Menschen in Armut leben müssen, obwohl sie geregelter Arbeit nachgehen. Noch gibt es nur in wenigen Branchen tariflich festgelegte Mindestlöhne. Deshalb hat die SPD ein Konzept vorgelegt, wie Mindestlöhne flächendeckend in Deutschland eingeführt werden können.
So sieht der Weg der SPD zu Mindestlöhnen in Deutschland aus: Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz soll auf alle Branchen ausgedehnt werden. Dies ermöglicht branchenbezogene Mindestlöhne, wie es sie im Baugewerbe mit gutem Erfolg gibt. Allgemeinverbindlichkeitserklärungen sollen (ggf. außerhalb des Tarifvertragsgesetzes) erleichtert werden. Für Branchen, in denen es keine Tarifverträge gibt oder diese nicht greifen, sowie für Branchen, in denen die Tarifentgelte das unten genannte Mindestniveau unterschreiten, wird ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn eingeführt. Die Einführung erfolgt in einem definierten Übergangszeitraum. Die Festlegung des gesetzlichen Mindestlohns soll auf Stundenlohnbasis vergleichbar zum Niveau unserer wichtigsten europäischen Nachbarländer erfolgen. Der Mindestlohn muss bei Vollzeitbeschäftigung eine eigenständige Existenzsicherung gewährleisten. Zur Festlegung des gesetzlichen Mindestlohns und notwendiger Anpassungen soll im Einvernehmen mit den Tarifparteien eine unabhängige Kommission nach dem Vorbild der britischen „Low Pay Commission“ eingesetzt werden, die in regelmäßigen Abständen über die Einkommensentwicklung im unteren Bereich berichtet und Handlungsvorschläge unterbreitet. Diese Kommission gibt Empfehlungen ab; die endgültige Festsetzung des Mindestlohns erfolgt durch die Regierung. Die Durchsetzung und Kontrolle von Mindestlöhnen muss gewährleistet sein. Dazu gehören insbesondere eine breite Informationskampagne, der Schutz der Betroffenen bei der Durchsetzung des Mindestlohns, die Unterstützung durch die Tarifvertragsparteien und eine staatliche Kontrolle mit spürbaren Sanktionen bei Verstößen.
In den Gesprächen mit der Union versucht die SPD zunächst, möglichst viele Branchen in den Geltungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes aufzunehmen. Mit der Aufnahme des Gebäudereinigerhandwerkes ist ein erster Schritt bereits getan. Das SPD-Ziel bleibt aber: Mittelfristig müssen alle Branchen ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen werden!
Mit freundlichen Grüßen
Garrelt Duin, MdB