Frage an Garrelt Duin von Lina A. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Duin,
Ich bin "Medienwirtschaft und Journalismus"-Studentin der Jade Hochschule Wilhelmshaven und gebürtige Emderin. Innerhalb eines internen Journalismus-Projektes, würde es mich sehr interessieren, wie Sie zu der unterirdischen CO2-Speicherung stehen? Wieso haben Sie z.B. bei der Abstimmung dagegen gestimmt, was ist ihre Meinung allgemein und auf die Region bezogen?
Über eine Antwort ihrerseits wäre ich sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen,
Lina Adler
Sehr geehrte Frau Adler,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte. Nachfolgend zitiere ich aus einer aktuellen Stellungnahme der SPD-Bundestagsfraktion zum Thema CCS, da sie in meinen Augen alle wesentlichen Punkte sehr gut zusammenfasst.
Viele Bürgerinnen und Bürger stehen CCS kritisch gegenüber, weil sie wie wir in den erneuerbaren Energien die zukünftigen Energieträger sehen oder weil sie, ebenso wie wir, die mögliche Verunreinigung des Grundwassers und andere Gefahren für Mensch und Umwelt ausschließen wollen. Ich will im Folgenden versuchen, Ihnen unsere Position zu CCS, die in unser Gesamtkonzept zur zukünftigen Energiepolitik eingebunden ist, zu verdeutlichen. Gerade weil es uns um eine umfassende Strategie geht, gilt es, diese Technologie aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten.
Wir wollen mit einer Energiewende zu einer nachhaltigen Energieversorgung gelangen. Diese muss die Umwelt deutlich weniger belasten und die Erderwärmung auf 2 Grad Celsius begrenzen; sie muss aber auch Versorgungssicherheit garantieren und Wirtschaftlichkeit ermöglichen. Dazu brauchen wir vor allem die Energieeinsparung und die Steigerung der Energieeffizienz und langfristig den kompletten Umstieg von den fossilen auf die erneuerbaren Energieträger. Der Zubau von Kohlekraftwerken erscheint im Lichte der heutigen Rahmenbedingungen wie dem Emissionshandel und den Kosten nicht mehr realistisch. Im Bereich der CO2-Emissionen gilt daher für die SPD der Grundsatz: Vermeidung und Wiederverwertung vor Verpressung.
CCS ist zunächst eine Technologie im Entwicklungsstadium. Möglicherweise kann sie aber in der Zukunft im Bereich der Industrie einen Teil zur Erreichung unserer Ziele beitragen. Deshalb ist ein schwarz-weiß Denken nicht seriös herstellbar. Lassen Sie mich deutlich machen: Es bedarf einer weitaus differenzierteren Betrachtung, als sie bisher gerade von der schwarz-gelben Koalition angestellt wurde. Bis alle Probleme im Bereich CCS gelöst sind und Sicherheitsrisiken behoben wurden – und die Technologie damit zur Marktreife gebracht wurde – muss unser Ziel der Umstieg auf eine erneuerbare Energieversorgung sein. Als letzte Rückfalloption vor allem in der Industrie darf man CCS aber gerade vor dem Hintergrund unserer Verpflichtungen im Klimaschutz nicht völlig aus den Augen lassen.
CCS könnte vor allem in der Stahl-, Chemie- oder Zementbranche einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und sollte gerade in diesen Bereichen erprobt werden. In diesem Zusammenhang ist es aber auch angezeigt, zunächst alternative Produktionsmethoden und stoffliche Alternativen zu erforschen.
Bis CCS allerdings überhaupt als anwendbare Technologie zur Verfügung stehen wird, gilt es allerdings zahlreiche Probleme zu lösen, die auch schon heute bei der Diskussion um den Einsatz berücksichtigt werden müssen:
- CCS benötigt einen hohen zusätzlichen Energieeinsatz,
- Pipelines müssen über große Entfernungen gebaut werden,
- im Untergrund bestehen Nutzungskonkurrenzen,
- mögliche Grundwasserbelastungen und weitere Risiken für Mensch und Natur sind nicht ausgeräumt,
- neben insgesamt hohen Kosten fehlt jeder Nachweis einer Langzeitsicherheit,
-somit können durch Austritte von CO2 große Probleme durch Klimaeffekte und Gesundheitsschäden hervorgerufen werden.
Deshalb müsste es ein Gesetz geben, das aus unserer Sicht folgende Aspekte sicherstellt:
- die Gewährung höchstmöglicher Sicherheits- und Umweltstandards im Rahmen des „Standes von Wissenschaft und Technik“ insbesondere für Transport und Speicherung von CO2,
- eine faire Berücksichtigung der Interessen der Oberflächeneigentümer,
- ein hohes Maß an Transparenz und eine umfassende Beteiligung der Bevölkerung vor Ort,
- eine Schonung der öffentlichen Hand, indem z.B. die Haftung dauerhaft und ab der ersten Tonne CO2 beim Betreiber bzw. gegebenenfalls mittelbar bei dem Akteur liegt, dem die CO2–„Erzeugung“ zuzurechnen ist und ggf. eine insolvenzfeste Rückstellungssumme,
- die Gewährleistung angemessener Nachsorgebeiträge im Sinne des Verursacherprinzips sowie
- eine größtmögliche geographische Nähe zwischen Abscheidung und Speicherorten.
All diese Dinge gelten auch für die Region Norddeutschland. Insbesondere der letztgenannte Punkt dürfte damit doch einige Fragen aufwerfen, würden CO2-Lager in Norddeutschland doch bedeuten, dass das zur Verpressung vorgesehene CO2 per LKW oder Pipeline aus den Industriezentren in Nordrhein-Westfalen oder in Süddeutschland herantransportiert werden müsste - mit neuen möglichen negativen Auswirkungen für Umwelt und Anwohner.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben. Für weitere Fragen stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Garrelt Duin, MdB