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Frage von Ralf T. •

Frage an Garrelt Duin von Ralf T. bezüglich Finanzen

Das es das - meiner Ansicht nach wichtige - Thema "Steuern und Abgaben" in der Liste nicht gibt, bitte entschuldigen Sie die Verortung unter "Finanzen".

Herr Duin, für meine Frage maßgebend ist die derzeit aktuelle Studie der OECD, "Taxing and wages", öffentlich einzusehen zb. unter: http://www.oecd.org/document/7/0,3343,en_2649_34897_42723335_1_1_1_1,00.html

Hierzu fallen folgende Zahlen besonders auf:

1.) Von den Arbeitskosten eines alleinstehenden Normalverdieners ohne Kinder, die von der OECD als Bruttolohn plus Sozialkostenanteil des Arbeitgebers definiert werden, müssen in Deutschland 52% in Form von Steuer- und Sozialabgaben abgeführt werden. Hierbei belegt Deutschland hinter Ungarn und Belgien den dritten Platz in der OECD.

Heiratet dieser Normalverdiener jedoch einen nicht-berufstätigen Partner ändert sich das plötzlich rapide, auf 36,4% und ein gutes Mittelfeld.

Hier subventioniert die BRD das klassiche Familienmodell mit einzelnem (meist männlichen) Verdiener und einzelnem (meist weiblichen) Hauspartner, warum?

Und, wichtiger, wieso wird eine Familie steuerlich relativ bestraft, wenn beide Partner arbeiten um ein durchschnittliches Einkommen zu sichern? Wie oben schon erwähnt hätte die Familie ein weit besseres Netto-Einkommen, würde für dasselbe Brutto nur ein Partner arbeitengehen und der andere bliebe zuhause. Gerade in unserer modernen Gesellschaft ist aber das Modell mit zwei arbeitenden Partnern weit häufiger anzutreffen, wieso die Sanktionierung desselben?

2.) Was als nächstes auffällt sind die - aus meiner Sicht ungerechten - Beitragsbemessungsgrenzen. Aus den Zahlen lässt sich entnehmen, dass ab eines Einkommens von 63.000€/Jahr die relative Abgabenbelastung sinkt, einen Umstand, den sich in Europa sonst nur Österreich und Spanien leisten (wollen). Auch hier die Frage nach dem wieso!

Eine weitere Frage zur Abgeltungssteuer folgt, die unsinnige Zeichenbegrenzung lässt diese nicht mehr zu.

Mit freundlichem Gruß,
Ralf Tholen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Tholen,

vielen Dank für Ihre Frage vom 13. Mai 2009 zur OECD-Studie „taxing and wages“.

Zu Ihrer 1. Frage zu diesem Thema: Das klassische Familienmodell, die Einverdienerehe wird in der Tat steuerlich gefördert. Hintergrund dieser steuerlichen Besserstellung bei der Einkommenssteuer sind die finanziellen Verpflichtungen, welche die Ehepartner mit einer Ehe eingehen. Mit einer Ehe geht immer eine Unterhaltsverpflichtung einher, die abweichend zu nichtverheirateten Paaren von dem jeweiligen Partner auch eingeklagt werden kann. Bei einer Einverdienerehe muss der zu Hause bleibende Partner mitversorgt werden. Aus steuerrechtlicher Sicht ist das steuerliche Existenzminimum (sprich der steuerliche Grundfreibetrag) dieses Partners von der Besteuerung zu verschonen. Die höchstrichterliche Rechtssprechung hat festgelegt, dass verheiratete Paare gegenüber Nichtverheirateten bei der Besteuerung nicht benachteiligt werden dürfen. Demzufolge muss der Staat die Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit des Verdieners durch die Unterhaltsverpflichtung berücksichtigen und Ehepaare entsprechend geringer besteuern.

Arbeiten beide Partner entfallen diese steuerlichen Vorteile bzw. weitere Vorteile wie die beitragsfreie Mitversicherung von Familienmitgliedern in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Keineswegs handelt es sich hierbei um eine Bestrafung von Erwerbstätigkeit. Im Regelfall sind junge Frauen heute ebenso gut ausgebildet wie Männer. Sie streben ungeachtet steuerlicher oder sozialrechtlicher Vorteile eine eigene Berufstätigkeit und (finanzielle) Unabhängigkeit an. Eine eigene Berufstätigkeit hat nicht nur finanzielle Aspekte. Arbeit kann viel zur Selbstverwirklichung beitragen. Das Modell der Einverdienerehe wird in den nächsten Jahrzehnten trotz „Steuervorteilen“ daher weiter zurückgehen.

Zu Ihrer 2. Frage: Hier liegt der Grund in der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese liegt bei durchschnittlich 63.000 Euro (64.800 Euro WEST, 54.600 Euro OST). Auf jeden Euro, der oberhalb dieser Grenze verdient wird, sind keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr zu entrichten. Diese Regelung klingt unsozial, ist es aber nicht. Die Rentenhöhe richtet sich danach wie viel Beiträge entrichtet wurden (sog. Äquivalenzprinzip). Wer viel einzahlt bekommt auch mehr Rente. Würde die Beitragsbemessungsgrenze entfallen, würde die Rentenversicherung zwar mehr Beiträge einnehmen, diese Mehreinnahmen müssten aber später bei der Rentenauszahlung auch wieder ausgezahlt werden. Ein Vorteil entstünde den Rentenkassen somit nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Garrelt Duin, MdB