Frage an Gabriele Hiller von Lothar B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Frau Dr. Hiller,
bei der Durchsicht der Kandidaten zur Berlin Wahl ist mir aufgefallen, es kandidieren sehr viele junge Bürger, was ich auf der einen Seite gut finde, auf der anderen Seite sind es aber auch Kandidaten die noch nicht einmal 20 Jahre alt sind, keinerlei Berufsausbildung haben, Lebenserfahrung fehlt auch. Eine Wahl ins Parlament kann klappen, aber auch nicht, und wenn es geklappt hat, wann erfolgt eine Berufsausbildung? Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Sehr geehrter Herr B.,
danke für Ihre Frage. Ich schätze Ihre kritische Beteiligung am politischen Geschehen ja schon lange und danke Ihnen an dieser Stelle auch dafür.
Zu Ihrer Frage:
Ja, es kandidieren einige sehr junge Leute für das Abgeordnetenhaus, parteiübergreifend, wie ich meine. Das ist zuallererst begrüßenswert: Junge, selbstbewusste Menschen mischen sich in Politik ein, positionieren sich, machen Demokratieerfahrungen. Sie sind nicht nur von politischen Entscheidungen betroffen, sondern entscheiden direkt mit. Zu erkennen, dass man Mehrheiten finden, dafür werben und argumentieren muss, ist sicher eine hervorragende Schule fürs Leben. Da sich die Kandidat*innen ja auch zunächst in ihren Parteien möglicherweise gegen andere Kandidaten durchsetzen mussten, gehe ich davon aus, dass diese jungen Leute auch vertrauensvoll befragt und ausgewählt wurden. Das Berliner Abgeordnetenhaus ist ja, wie Sie wissen, ein Teilzeitparlament. Das macht es gerade auch für junge Menschen in der Ausbildungsphase attraktiv, dort zu arbeiten UND eine Berufsausbildung zu absolvieren. Ich gebe zu, dass es dafür aber ein hohes Maß an Disziplin und Organisationsvermögen bedarf, auch das Verständnis für die Situation in der eigenen Fraktion, um Berufsausbildung und Mandat erfolgreich ausüben zu können. Wer das schafft, hat dann aber sicher eine "Schule des Lebens" bestanden. Ich persönlich halte den direkten Weg von der Schule ins Parlament nur ausnahmsweise für positiv für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen. Ein Berufsabschluss mit Berufserfahrung stärkt doch das Selbstbewusstsein von jungen Leuten und ermöglicht ihnen viel eher, fachlich kompetent und mit Lebenserfahrungen auf die vielfältigen Themen des politischen Lebens im Parlament zu reagieren. Ich halte auch ein gewisses Maß an Reife und Lebenserfahrung für notwendig, um glaubhaft politisch arbeiten zu können. Letztlich ist es notwendig, in den Fraktionen eine gute Mischung aus alt und jung, Frauen und Männern, aus unterschiedlichen Berufen usw. zu erreichen, damit möglichst viele Positionen in die Arbeit der Fraktionen einfließen.
Hoffen wir auf die Reife der Wähler*innen, eine "gute Wahl" für das Berliner Abgeordnetenhaus treffen zu können.
In diesem Sinne grüße ich Sie sehr herzlich,
Dr. Gabriele Hiller