Frage an Gabriele Hiller von Rüdiger B.
Im Rahmen von abgeordnetenwatch.de bitte ich um Beantwortung der folgenden Fragen:
Worauf führen Sie den dramatischen Schülerrückgang an der Poelchau-Oberschule zum neuen Schuljahr zurück?
Was werden Sie unternehmen, um die Schule wieder attraktiver zu machen?
Welchen Schultyp halten Sie für eine Eliteschule des Sports für wünschenswert? Sollen nach Ihrer Meinung Schülerinnen und Schüler, deren sportliche Leistung nicht mehr der Norm entspricht, die Eliteschule verlassen oder soll ihnen an der Schule ein anderes Angebot gemacht werden?
Wie könnte ein solches Angebot ggf. aussehen?
Halten Sie den Einfluss von Sportvereinen (z.B. Hertha BSC) auf die Arbeit an der Eliteschule für angemessen, zu stark oder zu schwach?
Von meinem iPad gesendet
Vielen Dank, Herr B., für Ihre Fragen zur Poelchau-Schule. Sie haben damit als Insider ein weites Feld an Problemkreisen angesprochen, welches hier im Rahmen der Antwort sicher nur oberflächlich angerissen werden kann und weiter diskutiert werden muss.
Zu 1. Der von Ihnen angesprochene Schülerrückgang betrifft ja alle drei Berliner Sportschulen. Sicher ist eine Ursache dafür in der kritischen Reflexion des Leistungssports in unserer Gesellschaft insgesamt zu sehen. All die Themen Doping, Korruption, Professionalisierung, Kommerzialisierung usw. im Leistungssport haben in der öffentlichen Wahrnehmung sicher auch bei potentiellen Schüler*innen der Sportschulen Spuren hinterlassen und lassen insbesondere Eltern kritischer und zurückhaltender über eine künftige leistungssportliche Laufbahn ihrer Kinder nachdenken.
Die Poelchau-Schule an sich hat ja durch ihren neuen Standort im Olympiapark denkbar bessere, man könnte sagen hervorragende äussere Bedingungen für die jungen Leistungssportler*innen bekommen, so dass ich in dieser Veränderung keine negativen Einflüsse (außer der Stadtrandlage und den langen Schulwegen) erkennen mag. Auch die öffentliche Darstellung der Schule nach außen hat ja in diesem Jahr durchaus einen positiven Schub bekommen, so dass ich auch hier keine Ursachen für geringeren Zulauf erkennen kann.
Was in den Sportverbänden intern und in deren Vermittlung von Nachwuchs an die Schule abläuft, vermag ich nicht zu erkennen, da es in der Verantwortung der Verbände liegt.
zu 2. Die Steigerung der Attraktivität der Schule liegt in erster Hand in der Verantwortung der Schule, ihrer Leitung und Gremien. Da werde ich mich nicht einmischen. Sicher ist es möglich, in öffentlichen Veranstaltungen als Politikerin für die Schule zu werben und Vorbehalte abzubauen, so wie ich es ja auf Einladung auch schon getan habe. Die vorhandenen finanziellen Mittel (ich halte die Schule für sehr gut ausgestattet) sollten zumindest auf dem gegenwärtigen Niveau bleiben, dafür werde ich mich verwenden. Unbedingt notwendig erscheint mir die Umsetzung der Forderung nach der Einrichtung von Internatsplätzen, da diese es auch Jugendlichen aus anderen Regionen ermöglichen würde, die Vorteile des Lernens und Trainierens in einem Schul-und Sportleistungszentrum wahrzunehmen. Wie Sie wissen, gibt es da erste Schritte der Realisierung, diese werde ich unterstützend forcieren, um möglichst bald zu Ergebnissen zu kommen.
Ein wichtiger Bereich scheint mir die Zusammenarbeit mit den sportbetonten Grundschulen in der Umgebung der Poelchau-Schule zu sein. Hier für Schüler zu werben und die Schule bekannt zu machen, kann sicher zum Abbau von Ressentiments führen. Und genauso ist die Stärkung der Nachwuchstainer und die Zusammenarbeit mit ihnen zu verstärken, da doch gerade diese entscheidend die Leistungsentwicklung und Motivation der jungen Sportler*innen beeinflussen; bei diesen eine positive Einstellung zur Poelchau-Schule zu entwickeln, ist sicher auch für das Image der Schule von Vorteil.
zu 3. Es wird Sie nicht wundern, Herr B., dass ich die Gemeinschaftsschule als Schultyp präferiere, wohl wissend, dass in Sportschulen Kinder ja entsprechend ihrer Sportart zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen werden. Sollte sich die Schule auf die Altersgruppe der über 12-Jährigen begrenzen wollen/müssen, halte ich die ISS (mit gymnasialer Oberstufe) als Schultyp für günstig.
zu 4. Die Entscheidung, dass Schüler nach Abschluss ihrer sportlichen Laufbahn die Schule verlassen müssen, war keine politisch motivierte, sondern vor allem durch die Ausrichtung der Schule auf die SPORTLICHE LEISTUNG begründet und kam von den Sportverbänden. Das birgt sicher für die betroffenen ausscheidenden Schüler Härten in sich, ist aber im Interesse eine leistungssportlich orientierten Ausrichtung der Schüler*innen unumgänglich. Erfahrungen aus vergangenen Zeiten, in denen das anders gehandhabt wurde, scheinen mir die das jetzige Vorgehen zu rechtfertigen. Der Übergang in die neue Schule muss jedoch auch durch entsprechende Unterstützung aus den Verbänden und der Schulbehörde so einfach wie möglich gemacht werden.
zu 5. Ich bin nicht der Meinung, dass es dafür entsprechende gesonderte Angebote geben muss. Das Berliner Schulsystem sollte jedem Schüler gleichermaßen einen Schulwechsel so einfach und unbürokratisch wie möglich machen.
zu 6. Mir scheint - von außen betrachtet - der Einfluss speziell der Fußballer von Hertha auf die Poelchau-Schule sehr groß zu sein. Wenn mehr als 50 junge Fußballer an der Schule sind, dominieren sie das Bild der Schule stark. Das ist auch im Hinblick auf die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit der jungen Männer (leider sind ja z.B. Fußballerinnen noch immer nicht zugelassen) nicht nur förderlich und sollte bei der Zusammensetzung der Lerngruppen berücksichtigt werden.
Sehr geehrter Herr B., vielleicht findet sich ja die Gelegenheit über die Entwicklung der Poelchau-Schule in einem geeigneten Kreis und ohne Voreingenommenheit zu diskutieren. Ich würde das sehr begrüßen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gabriele Hiller