Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Jürgen B. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Hiller-Ohm,
im Kontext der enormen Neuverschuldung der Bundesrepublik Deutschland angesichts der Finanz-, Wirtschafts- und vor allem Kulturkrise (wenn ich dem Wirtschafts- und Finanzsektor eine Kultur unterstelle) ließ der Finanzminister Herr Steinbrück auch folgende Äußerung fallen:
Finanzminister Steinbrück am 25.04.2009:
„Die Politiker verdienen nicht zu viel, sondern zu wenig“, sagte Steinbrück in einem von Schülern geführten Interview für das „Welt am Sonntag“-Spezial „kinderleicht“. „Ich zum Beispiel verdiene ungefähr 9000 Euro netto im Monat. Das ist für die meisten Menschen viel Geld. Aber im Verhältnis zu Leuten in der Wirtschaft oder Anwälten ist das wenig.“ Auch die Gehälter der Bundestagsabgeordneten müssten angehoben werden, sagte der Minister. Nur so könne man andere Berufsgruppen dafür begeistern, „zum Beispiel Medizinprofessoren, Handwerksmeister oder Unternehmer“.
Quelle: Welt Online
http://www.welt.de/wirtschaft/article3620913/Steinbrueck-erwartet-historische-Neuverschuldung.html
Aufruf: 25.04.2009, 15.34 Uhr
Abgesehen von der überraschenden Neuauflage des Themas in turbulenten Zeiten würde es mich für meine Wahlentscheidung bei der nächsten Bundestagswahl interessieren, ob Sie solchen Gelüsten im Bundestag zustimmen würden. Oder ob Sie - auch gegen einen verfassungswidrigen Fraktionszwang - dieser Forderung widerstehen würden.
Danke für Ihre Antwort im voraus!
Mit freundlichen Grüßen
J.Georg Brandt
Sehr geehrter Herr Brandt,
um eines vorweg zu nehmen: Einem Fraktionszwang bin ich nicht ausgesetzt. Von meinem Recht auf freie Entscheidung mache ich aktiv Gebrauch.
So auch in den letzten Jahren in der Frage nach der Höhe der Abgeordnetendiäten. Bei der letzten Diätenerhöhung, die der Bundestag im November 2007 beschlossen hat, stimmte ich namentlich gegen den Gesetzentwurf (siehe: http://www.abgeordnetenwatch.de/diaetenerhoehung-636-141----p_10_abst_nein.html#abst_verhalten ).
Grundsätzlich hatte ich das Ziel der Diätenreform begrüßt, mehr Transparenz und Akzeptanz in die Entwicklung der Bundestagsabgeordnetengehälter zu bringen. Dazu wurde eine Referenzgruppe für die Abgeordnetenbezüge festgelegt, der die Bezüge von Bundesrichtern (R6) und Bürgermeistern kleinerer Städte (B6) zugrunde gelegt wurden. Die Entwicklung der Abgeordnetendiäten richtet sich nun nach den jeweiligen Tarifabschlüssen für die Referenzgruppen B6 und R6. Dieses Prinzip halte ich für richtig, da wir Abgeordneten dann nicht mehr "willkürlich" über unsere Diäten beschließen müssen, sondern das nachvollziehen, was die Tarifpartner für die Referenzgruppen ausgehandelt haben.
Meine Ablehnung richtete sich gegen die Anhebung der Diäten auf das Niveau der Referenzgruppen B6/R6, die mit der Reform beschlossen wurde. Die zwei Anpassungsschritte 2008 und 2009 hatten eine Erhöhung der Diäten um 10 Prozent zur Folge. Ich bedaure sehr, dass es nicht möglich war, die Diäten auf dem ursprünglichen Niveau von 2007 zu belassen und sie in dieser Höhe dann an die Tarifentwicklungen der Referenzgruppen im Öffentlichen Dienst anzupassen. Zudem habe ich eine grundlegende Reform der Altersentschädigung der Abgeordneten vermisst, die ich gemeinsam mit meinen schleswig-holsteinischen SPD-Fraktionskolleginnen und -kollegen seit langem fordere.
Aus diesem Grund habe ich mich auch in der letzten Diskussion um die Erhöhung der Abgeordnetendiäten frühzeitig klar dagegen ausgesprochen (wie Sie meinen beiden Pressemitteilungen vom 07.05.2008 http://www.hiller-ohm.de/site/2/pressearchiv/pressearchiv/638/ und 20.05.2008 http://www.hiller-ohm.de/site/2/pressearchiv/pressearchiv/655/ sowie auch drei Fragen bzw. Antworten auf abgeordnetenwatch.de aus dem Mai 2008 http://www.abgeordnetenwatch.de/index.php?cmd=650&id=5964&fragen=a141#q entnehmen können).
Wie ich schon bei der Anhebung der Diäten im Zuge der Reform 2007 befürchtet hatte, war eine neuerliche Anhebung der Abgeordnetenbezüge gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nicht vermittelbar. Im Kommunalwahlkampf stellte ich auch fest, dass die ganze Diskussion um die Diätenerhöhung leider auch zu Politikverdrossenheit beiträgt. Deshalb habe ich die fraktionsübergreifende Unterstützung gegen die Diätenaufstockung begrüßt. Die frühzeitige, klare und geschlossene Kritik der schleswig-holsteinischen SPD-Landesgruppe an der Diätenerhöhung hat damals entscheidend zum Stopp der Diätenpläne beigetragen.
Generell schlage ich gemeinsam mit den anderen schleswig-holsteinischen SPD-Bundestagsabgeordneten eine Kommission zur Bestimmung der Abgeordnetendiäten vor. In einem gemeinsamen Beschluss fordern wir: "Zur Festlegung der Diäten sollte angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der das Parlament letztendlich entscheiden muss, dennoch eine unabhängige Kommission eingesetzt werden, deren Empfehlung dem Parlament als Entscheidungsgrundlage dient. In wie weit es eine Verbindlichkeit zur Übernahme der Vorschläge dieser unabhängigen Kommission geben kann und soll, bedarf der weiteren Diskussion."
Ich hoffe, dass eine derartige Regelung der Abgeordnetendiäten in der Zukunft gelingt und keine Diätendiskussion die Arbeit der Abgeordneten überdeckt.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hiller-Ohm