Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Heiner K. bezüglich Bundestag
Sehr geehrte Frau Hiller-Ohm,
ich wende mich an Sie als meine Vertreterin im Deutschen Bundestag.
In Kürze steht eine Abstimmung im deutschen Bundestag zum IfSG bevor.
Meine Frage ist, wie Sie dazu abstimmen wollen?
Zu dieser Frage stellen sich verschiedene Fragen im Detail:
- Halten Sie die Einschränkung föderaler Zuständigkeiten zugunsten des Bundes für verfassungskonform?
- Halten Sie die Verlagerung von Entscheidungen auf die Exekutive in Bund und Ländern und die Ausschaltung des Souveräns in Form der gewählten Parlamente für angemessen?
- Halten Sie für richtig, sich als alleinigen Maßstab auf den R-Wert zu stützen, der z.B. durch den Testumfang steuerbar ist und Todesraten, Zahl von Intensivplätzen, Impfraten keines Rolle sollen?
- Halten Sie es für richtig, Automatismen ohne Möglichkeit zur lokalen Korrektur einzuführen (ein Fleischbetrieb mit 1k Infizierten bedingt Lockdown)?
- Halten Sie es für richtig ohne Evaluierung der bisherigen Maßnahmen immer weiter zu machen? Die Wirksamkeit von Lockdowns und insbesondere Ausgangssperren sind gem. internat. Studien fragwürdig (https://www.novo-argumente.com/artikel/lockdowns_und_die_vergessene_wissenschaft).
- Wie würdigen Sie die Entscheidungen der Gerichte, die gerade Ausgangsbeschränkungen immer wieder aufgehoben haben.
Ich bitte um Berücksichtigung meiner Fragen bei Ihrer Entscheidung und freue mich über eine Antwort.
H. K.
Sehr geehrter Herr Köhne,
danke für Ihre Nachricht.
Ich habe am gestrigen Mittwoch für die Änderung des IfSG gestimmt, da ich eine Vereinheitlichung der nicht pharmazeutischen Präventionen gegen SARS-CoV-2 für unabdingbar halte.
Wie der wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem juristischen Gutachten festgestellt hat, ist dieses Vorgehen sehr wohl verfassungskonform - dieser Einschätzung schließe ich mich an.
Zudem ist in der aktuellen Novelle nicht der R-Wert der maßgebende Parameter, sondern die 7-Tage-Inzidenz/100.000 Bürger:innen in einem Landkreis. Wissenschaftliche Expert:innen haben im Vorfeld mehrfach angemahnt, dass die beschlossenen Grenzwerte noch immer zu hoch seien, jedoch handelt es sich bei der Beschlussfassung um einen politischen Kompromiss.
Die Ausgestaltung von lokalen Sonderregelungen können wir uns dann erlauben, wenn wir die Inzidenz langfristig auf ein niedriges Niveau gedrückt haben. In der aktuellen Situation müssen wir reaktionsfähig bleiben - einheitliche Regeln durch Beschluss des Bundestages sind da das Mittel der Wahl.
Der von Ihnen angeführte Artikel zitiert Personen, die entweder fachfremd oder deren Einschätzung zur SARS-CoV-2 Pandemie in der wissenschaftlichen Community überwiegend als falsch angesehen werden. Es gibt mehrere hochwertige Studien die die Wirksamkeit von Interventionen wie dem Lockdown belegen, unter anderem: https://www.nature.com/articles/s41586-020-2405-7 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1473309921001432 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1201971220322700
Die Freiheit der Gerichte ist ein fundamentales Prinzip unserer Demokratie. In einzelnen Verfahren können die Richter:innen auf Basis der geltenden Gesetze in ihrer Abwägung zu Urteilen kommen, die dem Zweck des Infektionsschutzgesetzes entgegenlaufen. Da sich der Erkenntnisstand zu COVID-19 und auch das Infektionsgeschehen in Deutschland ständig ändert, müssen neue Evidenzen dann durch den Bundestag in Form von Gesetzen Ausdruck finden, die auch die Entscheidungsgrundlagen in der Rechtsprechung an den Status quo anpassen. In einzelnen, medial bekannt gewordenen Urteilen scheint auch nicht klar zu sein, ob die zuständigen Richter:innen mit Ihren Urteilen nicht Ihre jeweiligen Zuständigkeiten überschritten oder auf Basis eigener politischer Meinungen entschieden haben. Für die Beurteilung dieser Vorgänge gibt es festgelegte gerichtliche Kontrollvorgänge, die bereits angestoßen wurden. Auch hier vertraue ich auf unseren Rechtsstaat.
In den vergangenen Monaten haben mich vor notwendigen Reformen des IfSG immer wieder Zuschriften erreicht, die in diesen eine Abschaffung der Demokratie gesehen haben. Diese Szenarien sind jedoch nie eingetreten und werden es auch zukünftig nicht. Bei den Regelungen im IfSG handelt es sich um notwendige Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, die jedoch unbedingt von dem Vorhandensein einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite abhängig ist und jederzeit durch den Bundestag wieder aufgehoben werden kann.
Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund,
Gabriele Hiller-Ohm