Gabriele Hiller-Ohm
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Frage von Tilman R. •

Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Tilman R. bezüglich Wirtschaft

Hallo Frau Hiller-Ohm,

ich bin seit kurzem Tarifberater für die Bereiche Energie und Telekommunikation in Lübeck. Auf dem Strommarkt kann der Verbraucher schon aus vielen Angeboten wählen, während auf dem Gasmarkt nur wenige Anbieter verfügbar sind.

Dies vorraus geschickt habe ich folgende Fragen an Sie:

Sind gesetzliche Rahmenbedingungen geplant, die es unabhängigen Anbietern möglich machen Gas deutschlandweit anzubieten? Wie im Telekommunikationsbereich oder beim Strom?
Was wird getan um den Wettbewerb anzutreiben?
Warum wechseln staatliche Einrichtungen nicht zu günstigeren Anbietern? Das wäre meiner Meinung nach schon einmal eine deutliche Unterstützung des Wettbewerbs und ein deutliches Zeichen für die Allgemeinheit, die großteils noch etwas verunsichert ist.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.
Freundliche Grüße aus Lübeck

Tilman Reichardt
Tarifcheck-Lübeck.de

Gabriele Hiller-Ohm
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Reichardt,

wie Sie bereits festgestellt haben, ist der Wettbewerb im Gasmarkt noch nicht so weit fortgeschritten wie auf dem Telekommunikations- oder Strommarkt. Zu diesem Schluss kommt auch der „Tätigkeitsbericht 2005 bis 2007 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen und Stellungnahme der Bundesregierung“ (Drucksache 16/9000), den der Deutsche Bundestag am 19. Juni 2008 beraten hat. Die Evaluierung hat gezeigt, dass der Anteil der Verbraucherinnen und Verbraucher, die ihren Strom-Lieferanten gewechselt haben, in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Die Zahlen verdeutlichen, dass die Maßnahmen der Bundesnetzagentur für eine Wettbewerbsöffnung sowie die Rechtsverordnungen der Bundesregierung greifen. Im Gasbereich haben sich die Wechselraten dagegen noch nicht entsprechend entwickelt. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass von den drei eingangs genannten Märkten der Gasmarkt als letzter geöffnet wurden. Privatkunden haben erst seit dem 1. Oktober 2006 die Möglichkeit ihren Gasanbieter frei zu wählen.
Wenn man beispielsweise die Entwicklung im Telekommunikationsmarkt rückblickend betrachtet, hat die Zahl der Anbieter auch zu Beginn erst langsam, dann aber rasant zugenommen. Ursächlich sind neben weiteren Deregulierungen seitens der Bundesnetzagentur vor allem auch das Bewusstsein und das Verhalten der Verbraucher, die häufig ein beträchtliches Beharrungsvermögen aufweisen und erst in letzter Zeit verstärkt den (Telefon-)Anbieter wechseln. Die Wechselbereitschaft ist aber eine wichtige Voraussetzung, um den Druck auf die großen Anbieter zu erhöhen.

Gleichwohl gilt es im Gasmarkt noch die Wettbewerbsrahmenbedingungen zu verbessern. Dabei verfolgt die Bundesnetzagentur vor allem zwei wesentliche Punkte. Einerseits sollen die derzeit 14 Marktgebiete in Deutschland wesentlich reduziert werden, um hierdurch die Gebühren für die Wettbewerber zu senken. Langfristiges Ziel sind zwei Marktgebiete für die beiden technisch verschiedenen Gassorten in Deutschland (H- und L-Gas). Die Versorger hatten einer Reduzierung auf 8 Marktgebiete bereits zugestimmt, begründen die bisher nicht erfolgte Umsetzung jedoch mit technischen Problemen. Sollte diesbezüglich keine einvernehmliche sukzessive Reduzierung der Marktgebiete erfolgen, ist ein gesetzliches Eingreifen denkbar.
Des Weiteren wird die so genannte Anreizregulierung vorangetrieben, indem Netzkostensenkungen durchgeführt werden und die Gasnetzzugangsverordnung sowie die Gasentgeltverordnung angepasst wurden. Längerfristig werden auch die Trennung von Netzen und Anbietern sowie ein einheitliches europäisches Gasnetz in Betracht gezogen.

Auch das am 15. November 2007 vom Bundestag geschlossene Gesetz zur Bekämpfung von Preismissbrauch im Bereich der Energieversorgung und des Lebensmittelhandels ist Teil der Maßnahmen zur Verbesserung des Wettbewerbs auf den Strom- und Gasmärkten in Deutschland. Ziel ist es, den Kartellbehörden effektivere Möglichkeiten an die Hand zu geben, um besser gegen Preismissbrauch vorzugehen. Das im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen verankerte Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung soll besser durchgesetzt werden können. Das vom Bundeskartellamt im März 2008 eingeleitete Preismissbrauchsverfahren gegen 33 Gasversorger zeigt dessen praktische Relevanz. 29 Unternehmen haben in diesem Zuge finanzielle Zusagen in Höhe von insgesamt 127 Millionen Euro zugunsten der Kunden abgegeben. Darüber hinaus haben die betreffenden Gasversorger in diesem Jahr auf die Weitergabe gestiegener Gasbezugskosten in beträchtlichem Umfang verzichtet.

Staatliche Einrichtungen wechseln übrigens durchaus ihre Energieversorger. Hierbei können neben dem Preiskriterium jedoch auch andere, zumeist ökologische Kriterien, eine Rolle spielen. Das beste Beispiel ist der Bundestag selbst, der seit dem 1. Oktober 2008 Strom von LichtBlick bezieht. Durch den Wechsel können bis Ende Dezember 2009 rund 8.000 Tonnen CO2 einspart werden. Dies war eine der wichtigsten vom Deutschen Bundestag definierten Anforderungen. Außerdem muss die Lieferung des bereitgestellten Stroms während des gesamten Lieferzeitraumes zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien erfolgen. LichtBlick konnte sich mit der Erfüllung aller geforderten Kriterien zum besten Preis durchsetzen.

Neben all den wettbewerbsfördernden Maßnahmen der Energiepolitik – die gerade in Zeiten tendenziell steigender Energiepreise die Verbraucherinnen und Verbraucher finanziell entlasten – verfolgt die SPD seit 1998 eine erfolgreiche, langfristig und nachhaltig angelegte Politik von Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien in Deutschland. Auf diesem Wege kann den steigenden Preisen für die endlichen Energieträger am besten begegnet sowie gleichzeitig die Umwelt entlastet werden.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hiller-Ohm