Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Burkhard F. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Hiller-Ohm,
inwieweit setzen Sie sich auch für eine gleichberechtigte Rente für Aussiedler/Ostzonenflüchtlinge vor dem Mauerfall ein?
Hintergrund ist, dass ehemalige DDR- Bürger, die vor dem Mauerfall die DDR als Regimegegner verließen, ursprünglich nach dem FRG die Rentenberechnung erhielten, nach aktuellen Gesetzen aber den ´Beitrittsbürgern´ nach der Vereinigung gleichgestellt werden. Das führt häufig zu erheblichen Renteneinbußen, denn Aussiedler haben i.d.R. nicht in die FZR eingezahlt oder einzahlen können (haben also das DDR- Regime nicht unterstützt). Sie erhalten also ein Rentenberechnung auf Basis der Pflichtgrenze von 600 Ostmark. Um so bitterer ist das Ganze, weil die ehemaligen Regimeförderer, also ursprünglich die Feinde der Bundesrepublik, augenscheinlich richtiggehend hofiert werden.
Sehr geehrter Herr Freitag,
die von Ihnen thematisierte Rentenanwartschaftsregelung für Bürger der ehemaligen DDR, die vor dem 19. Mai 1990 in die BRD übergesiedelt sind, muss im Gesamtkontext der Rentenüberleitung im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung betrachtet werden. Grund der bestehenden rechtlichen Regelungen ist, dass es für in der ehemaligen DDR erworbene Beitragszeiten nicht zweierlei Recht geben sollte und dass mit den Änderungen dem allgemein in der Gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsäquivalenzprinzip vermehrt Rechnung getragen wurde.
Der Ausschluss des Fremdrentengesetzes (FRG) mit Artikel 23 § 1 des Gesetzes zum Staatsvertrag vom 18. Mai 1990 für rentenrechtliche Zeiten, die nach dem 18. Mai 1990 bei einem Träger in der DDR zurückgelegt wurden, wurde durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 auf den Personenkreis der Übersiedler, die vor dem 19. Mai 1990 in die Bundesrepublik übergesiedelt sind, übertragen. Mit Artikel 30 Abs. 5 des Einigungsvertrages wurde zwischen den Vertragsparteien vereinbart, die Einzelheiten der Überleitung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) durch ein Bundesgesetz zu regeln. Dies ist mit dem RÜG geschehen, mit dem folgerichtig bestimmt wurde, dass für die Ermittlung von Entgeltpunkten die individuellen Verdienste der Versicherten zugrunde zu legen sind.
Um Nachteile aus dem geringeren Lohnniveau des Beitrittsgebiets in der Rentenhöhe zu verhindern, werden jedoch die individuell versicherten Entgelte vor der Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte (Ost) durch Vervielfältigung mit einem mathematisch ermittelten Faktor auf vergleichbare Westentgelte hochgewertet. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der Verdienstunterschiede mit einer besonderen gesetzlichen Regelung dafür Sorge getragen, dass die Einkommen in den neuen Bundesländern bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse bei der Rentenberechnung eine Besserstellung erfahren. Um eine Vergleichbarkeit mit den durchschnittlich höheren Entgelten im Westen herzustellen, werden sowohl die vor der Wende erzielten Einkommen in der ehemaligen DDR als auch die nach der Wiedervereinigung in den neuen Ländern erzielten Einkommen auf der Grundlage des Verhältnisses der jeweiligen Durchschnittseinkommen für die Rentenberechnung hochgewertet. Für jedes Jahr ist ein besonderer Faktor festgelegt, der diesen Abstand abbildet. Nur wenn die Betroffenen ihr Einkommen nicht entsprechend Ihrer Möglichkeiten in der FZR versichert hatten, entsteht hier ein Nachteil, da nur das versicherte Einkommen zu berücksichtigen ist.
Umgekehrt wäre es auch sehr streitbar, hier eine Gleichbehandlung mit Versicherten anzustreben, die die entsprechend höheren Beiträge geleistet haben oder sogar eine Besserstellung nach FRG-Regelungen hinzunehmen. Zudem ließe sich kaum abschließend für jeden Fall klären, aus welcher Motivation die Betroffenen nicht in die FZR eingezahlt haben. Bei Unrechtsmaßnahmen des DDR-Regimes, zum Beispiel der Ausschluss aus der FZR, können Entschädigungsforderungen geltend gemacht werden.
Letztlich wäre die Anwendung des FRG für viele Rentenanwärterinnen und -anwärter zudem mit einer Absenkung der Rentenhöhe verbunden, insbesondere bei in der DDR berufstätigen Frauen.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hiller-Ohm