Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Andreas A. bezüglich Finanzen
Werden Sie, falls Sie gewählt werden, die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens in Schleswig-Holstein unterstützen?
Sehr geehrter Herr Anderson,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich Ihnen gerne beantworte, weil ich und meine Partei uns schon lange mit dem Thema beschäftigen.
Ihre Frage bezieht sich ja konkret auf Schleswig-Holstein und ich gehe davon aus, dass Sie sich auf die „Pläne“ der neuen Landesregierung bestehend aus CDU, FDP und Grünen beziehen. Als ich davon gehört habe, dass die Grünen angeblich CDU und FDP von einem bedingungslosen Grundeinkommen überzeugt hätten, konnte ich meinen Ohren kaum trauen. Die Wahrheit kam dann aber schnell ans Licht, als der Koalitionsvertrag vorgestellt wurde.
Die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein will kein bedingungsloses Grundeinkommen einführen, sondern nur darüber sprechen(!). Und selbst das ist noch völlig ungewiss. Denn die FDP will weder ein Grundeinkommen, noch soll es bedingungslos sein. Die FDP hat schon geäußert, dass ein „Bürgergeld“, das das Gehalt aufstocken würde, für sie das höchste der Gefühle wäre. Es würde demnach nur an diejenigen bezahlt werden, die bereits arbeiten gehen und ein Einkommen haben.
Aufgrund dieser Ausgangslage gehe ich momentan nicht davon aus, dass Schleswig-Holstein ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen würde solange Jamaika regiert.
Wie gesagt sind wir in der SPD schon weiter: Die Grundsatzkommission beim Parteivorstand der SPD hat die Vor- und Nachteile des bedingungslosen Grundeinkommens lange analysiert und kam zu dem Schluss, dass es nicht als „Königsweg“ zur Beseitigung aller sozialpolitischen Herausforderungen dient. So könnte materielle Armut durch ein bedingungsloses Grundeinkommen unter Umständen reduziert werden; strukturelle Ungerechtigkeit, von der die eigentlichen Adressaten des Grundeinkommens betroffen sind, wird durch staatliche Geldleistungen aber nicht aus der Welt geschaffen. Wer arm ist, bleibt arm.
Wir vertreten die Ansicht, dass Arbeit zu einem menschenwürdigen Leben dazugehört und sind uns einig, dass die Menschen arbeiten wollen. Wer arbeitet, soll dafür Anerkennung und einen guten Lohn erhalten. Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben, sollen die Möglichkeit erhalten, auf einem zweiten sozialen Arbeitsmarkt eine staatlich unterstützte Erwerbsmöglichkeit zu finden.
In den letzten Jahren wurde das bedingungslose Grundeinkommen auch häufig in Verbindung mit der sich verändernden Arbeitswelt diskutiert. Durch die Digitalisierung fallen einfache Jobs weg, während zunehmend besser ausgebildete Akademikerinnen und Akademiker sowie Facharbeiterinnen und Facharbeiter gebraucht werden. Was machen also die vielen Menschen, deren Arbeitsplätze durch den technologischen Fortschritt wegfallen? Unsere Antwort dazu ist nicht das bedingungslose Grundeinkommen, sondern eine Qualifizierungs- und Weiterbildungsoffensive. In Deutschland soll Weiterbildung vernünftig gefördert werden, damit niemand, der arbeiten will, es aufgrund von fehlender Qualifikation nicht mehr kann. Dafür wollen wir beispielsweise die Agentur für Arbeit zu einer Agentur für Arbeit und Qualifizierung ausbauen. Und wir wollen das Arbeitslosengeld Q einführen, damit die Menschen, die sich fortbilden wollen, auch den finanziellen Spielraum dafür haben. Denn an dieser Stelle muss der Staat helfen.
Sehr geehrter Herr Anderson, ich finde die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens spannend, aber ich sehe es wie die Grundsatzkommission und erachte es nicht als den Königsweg. Abschließend will ich Ihnen noch eine kurze Modellrechnung vorstellen, in der ich gerade mal überschlagen habe, ob das bedingungslose Grundeinkommen überhaupt finanzierbar wäre. Geht man von nur 1.000 Euro pro Person pro Monat aus, bedeutet dies Kosten von ca. 80 Milliarden Euro monatlich und 960 Milliarden Euro jährlich. Zum Vergleich: Der Bundeshaushalt für das gesamte Jahr 2017 beträgt 329,1 Milliarden Euro. Der Bundeshaushalt würde bei einer Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens demnach fast um das Dreifache überschritten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Gabi Hiller-Ohm