Gabriele Hiller-Ohm
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Frage von Hans R. •

Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Hans R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Hiller-Ohm,

in Ihrer Antwort vom 23.6. auf die Fragen von Frau Rothenburger behaupten Sie, das die SPD gegen sachgrundlosen Befristungen ist, während ausgerechnet in den SPD-geführten Ministerien für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie für Arbeit und Soziales die Zahl der Befristungen zuletzt besonders stark gestiegen ist.

Siehe http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/f-a-z-exklusiv-befristungen-steigen-rasant-in-spd-ministerien-15062280.html

Gleichzeitig bedauern Sie, das mit CDU und CSU keine Abschaffung der sachgrundlosen Befristung vereinbart werden konnte.

Ich bin etwas irritiert. Heißt das jetzt im Umkehrschluss, das, weil keine Vereinbarung mit CDU/CSU getroffen werden konnte, die SPD gezwungen war, sachgrundlose Befristungen zu nutzen?

Mit freundlichen Grüßen
Hans Richter

Gabriele Hiller-Ohm
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Richter,

ja, die SPD setzt sich seit Jahren für die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung ein.

Dies und die Gründe für das SPD-Abstimmungsverhalten habe ich auch noch einmal ausführlich in meiner persönlichen Erklärung zur Bundestagsabstimmung am 23.6. dargelegt:

Erklärung der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE „Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung“ (Drucksache 18/12354) am 23.06.2017 unter TOP 30 gemäß § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

Die SPD spricht sich seit langem für die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung aus: In der letzten Legislaturperiode hat sich die SPD-Bundestagsfraktion beispielsweise mit dem Antrag „Langfristige Perspektive statt sachgrundlose Befristung“ (Drucksache 17/1769) klar für die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung ausgesprochen. Und auch im SPD-Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 war diese Position ebenso deutlich formuliert worden: „Die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen wollen wir abschaffen, den Katalog möglicher Befristungsgründe überprüfen.“ Dafür tritt die SPD auch inhaltlich weiterhin ein.

Es ist bedauerlich, dass in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU keine Abschaffung der sachgrundlosen Befristung vereinbart werden konnte und in der aktuellen Regierungskoalition daher derzeit leider keine parlamentarische Mehrheit dafür vorhanden ist.

Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition von CDU/CSU und SPD konnten jedoch viele wichtige und lange geforderte Verbesserungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vereinbart werden, die für gute Arbeit und gegen prekäre Beschäftigung, wozu auch die sachgrundlose Befristung zählt, wirken werden. Beispielsweise der gesetzliche Mindestlohn, die Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf alle Branchen (wodurch höhere Branchenmindestlöhne möglich sind) sowie die erleichterte Möglichkeit der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, die dann für alle Beschäftigten und Arbeitgeber einer Branche gelten. Zudem werden Werkverträge und Leiharbeit stärker reguliert bzw. gegen deren Missbrauch vorgegangen.

Die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung wird aber weiterhin mein erklärtes politisches Ziel bleiben, wofür ich mich auch zukünftig gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion einsetzen werde.

Auch das SPD-Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 wird die Forderung der Abschaffung der sachgrundlosen Befristung sowie die Überprüfung der Sachgründe für Befristungen zur Begrenzung von Kettenbefristungen beinhalten.

Im Koalitionsvertrag haben sich die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD auf ein einheitliches Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag verständigt. Daher werde ich dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKEN nicht zustimmen.
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Natürlich heißt das nicht, dass in Bundesministerien das Mittel der sachgrundlosen Befristung benutzt werden muss nur weil es gesetzlich möglich ist. Ich persönlich würde es auch viel lieber sehen wenn die öffentlichen Arbeitgeber dies nicht verwenden würden, denn sie haben eine besondere Verantwortung und Vorbildwirkung. Wie ich in meiner Antwort auf die Fragen von Frau Rothenburger bereits geschrieben hatte, sehe ich dies als einen weiteren guten Grund an, die sachgrundlosen Befristungen abzuschaffen. Denn dann können auch öffentliche Arbeitgeber diese nicht mehr verwenden. Und wie ich ebenfalls schon in meiner anderen Antwort an Frau Rothenburger schrieb, hatte sich z. B. die SPD Schleswig-Holstein in ihrem Programm zur diesjährigen Landtagswahl klar dazu bekannt, diese nicht zu benutzen: „Sachgrundlose Befristung stoppen: Wo das Land Arbeitgeber ist, werden wir künftig komplett auf sachgrundlose Befristungen verzichten und sachgrundbezogene Befristungen auf ein Minimum zurückführen.“

In dem von Ihnen erwähnten Artikel wird aber auch erklärt, warum sachgrundlose Befristungen verwendet wurden: „Das Familienministerium verweist als Begründung für den rasanten Anstieg auf aktuelle Entwicklungen. „Ein Großteil der befristeten Einstellungen hat sich überwiegend durch den erhöhten politischen Handlungsbedarf ergeben“, heißt es auf Anfrage. Als Beispiel werden die hohe Flüchtlingszuwanderung und die Extremismusprävention genannt. Die zusätzlichen Aufgaben habe vor allem das dem Ministerium nachgeordnete Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben übernommen, woraus sich ein höherer Personalbedarf ergeben habe.“

Es scheint also so, dass viele bzw. zumindest Teile dieser sachgrundlosen Befristungen eigentlich Sachgrund-Befristungen sind, da der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Dazu hatte ich in meiner Antwort an Frau Rothenburger ausgeführt, dass Untersuchungen zeigen, dass sachgrundlose Befristungen auch deshalb verwendet werden, weil sie einfacher durchzuführen sind als Befristungen mit Sachgründen. Zudem wird in dem Artikel auch ausgeführt, dass das SPD-geführte Familienministerium gern auf alle sachgrundlosen Befristungen verzichten würde und dem CDU-geführten Finanzministerium einen entsprechenden Bedarf gemeldet hat. Leider ist es aber auch so, dass nicht immer genügend Geldmittel vom Finanzministerium zur Verfügung stehen. Aber auch das gilt es zu ändern.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hiller-Ohm