Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Christian S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Hiller-Ohm,
können Sie mir bitte erklären, aus welchen Gründen Sie sowohl gegen das Fracking-Verbot, als auch gegen das Verbot der Wiederzulassung von Glyphosat gestimmt haben ?
Falls Sie sich für Umweltschutz und für die Gesundheit engagieren sollten, hätten Sie ja zustimmen müssen, oder ?
Mit freundlichen Grüssen
Sehr geehrter Herr Sue,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich erkläre Ihnen gerne mein Abstimmungsverhalten zu den Oppositions-Anträgen zu den Themen Fracking und Glyphosat.
Seit 2002 gehöre ich dem Bundestag als Abgeordnete an. Ich habe in dieser Zeit unterschiedliche Regierungskonstellationen erlebt: SPD und Bündnis90/Die Grünen, CDU/CSU und SPD, CDU/CSU und FDP. Von 2009 bis 2013 war meine SPD-Fraktion nicht an der Regierung beteiligt, sondern befand sich wie jetzt die Linke und Bündnis90/Die Grünen in der Opposition. Auch unsere Anträge und Gesetzentwürfe wurden damals grundsätzlich von den beiden Regierungsfraktionen abgelehnt.
Wenn zwei Parteien sich darauf verständigt haben eine gemeinsame Regierung zu bilden, verabredet man zuvor in einem Koalitionsvertrag die Themen, die man in der Legislaturperiode abarbeiten will. Dies zieht man dann in der Regel auch so durch. Das bedeutet, dass Gesetzentwürfe zu den verabredeten Themen erarbeitet werden, die dann auch gemeinsam von den Regierungsfraktionen - zur Zeit also von CDU/CSU und SPD - im Parlament beschlossen werden. Anträge und Gesetzentwürfe der Opposition - zur Zeit also von Linken und Bündnis90/Grüne - werden in der Regel abgelehnt. Die Ablehnung hat nicht immer unbedingt etwas mit der inhaltlichen Ausrichtung zu tun. So hat die Linke zum Beispiel - als SPD und CDU/CSU 2005 bis 2009 gemeinsam in einer Großen Koalition regiert haben - einen Antrag zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns vorgelegt, der wortgleich aus unserem Wahlprogramm abgeschrieben war. Wir haben diesen Antrag trotzdem abgelehnt, weil wir mit unserem damaligen Regierungspartner zu der Zeit keine Mehrheit dafür erzielen konnten. Diese Ablehnung bedeutete aber nicht, dass wir als SPD nicht mehr für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns waren. Hätten wir dem Oppositionsantrag damals jedoch zugestimmt, so hätte dies den Bruch der Koalition mit der CDU/CSU und Neuwahlen bedeutet. Das war damals nicht gewollt.
Ich werde öfter mal darauf angesprochen, warum wir Oppositionsanträgen, die inhaltlich mitunter in unserem Sinne sein können, nicht zustimmen. Wenn wir so etwas machen wollten, müssten wir im Deutschen Bundestag mit wechselnden Mehrheiten arbeiten, das bedeutet, dass sich jede Fraktion für Ihre politischen Anliegen immer wieder aufs Neue Partner suchen müsste. Das mag auf den ersten Blick vielleicht attraktiv erscheinen, birgt jedoch auch große Gefahren, da man politische Prozesse noch weniger planen kann als es jetzt in einer Koalition möglich ist und möglicherweise in wichtigen Fragen auch überhaupt keine Ergebnisse erzielt werden könnten, weil keine Fraktion zu Kompromissen bereit ist.
Zu den Themen Fracking und Glyphosat haben die SPD und natürlich auch ich eine politische Meinung: Ich lehne beides ab. Als SPD Schleswig-Holstein haben wir beschlossen, die Anwendung von Fracking zu verbieten. Auch die SPD-geführte Landesregierung verfolgt klar diesen Weg. Und mit Blick auf die Glyphosat-Genehmigung begrüße ich, dass es auf Druck der SPD aktuell gelungen ist, die anstehende Entscheidung auf EU-Ebene zu verhindern. Umweltministerin Barbara Hendricks und die weiteren SPD-Ministerinnen und -Minister haben sich - mit Unterstützung der SPD-Bundestagsfraktion - vor dem Hintergrund nach wie vor bestehender Unsicherheiten über die gesundheitlichen Risiken von Glyphosat gegen die Wiederzulassung ausgesprochen. Damit wurde verhindert, dass Deutschland auf EU-Ebene der Zulassung für weitere neun Jahre ohne Einschränkung zustimmt. Nach jetzigem Stand gäbe es somit keine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten für die weitere Glyphosat-Genehmigung.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hiller-Ohm