Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Anna B. bezüglich Soziale Sicherung
Guten Tag Frau Hiller,
am 01.10.15 stimmt der Bundestag über die Abschaffung aller Sanktionen im SGB II und XII ab.
In diesem Zusammenhang habe ich heute ein Interview über Ralph Boes gehört, der gegen und aufgrund von Hartz IV hungert. https://www.youtube.com/watch?v=ni-eyM9K294&feature=youtu.be
Sehr viele Arbeitslose finden keine Arbeit mehr, die ihren Fähigkeiten entspricht. Kinder verarmen und wachsen in Angst auf.
Diese Menschen möchten selbstverantwortlich handeln, um eine für sie geeignete Arbeit zu finden. Sie brauchen dazu all ihre Kraft und die Hilfe des Jobcenters als Ansprechpartner.
Hartz IV Sanktionen, wie sie immer noch in Deutschland praktiziert werden haben schwerwiegende Folgen: Menschen sind ohne Strom und frieren in ihren Wohnungen. Am gesellschaftlichen Leben können viele nicht mehr teilnehmen. Hunger in Deutschland! Das muss man sich mal vorstellen. Essensgutscheine, die eine KANN-Leistung sind und mit denen der Sanktionierte würdelos betteln gehen muss. Wo gibts denn so was! Dass ein Mensch, der kein Selbstwertgefühl mehr hat auch keine Arbeit verrichten kann ist uns allen klar.
Sicherlich gibt es auch sogenannte "Sozialschmarotzer". Diese findet man jedoch in allen sozialen Schichten (Steuerbetrug, Leiharbeitsfirmen, usw. usf.)
NEIN, einem Menschen, der am Existenzminimum lebt auch dieses noch zu kürzen, oder gar ganz zu streichen ist mit meinem Gewissen und mit unserem Grundgesetz auf gar keinen Fall vereinbar. Und zwar egal aus welchen Gründen. Da gibt es nichts zu deuteln.
Wäre es nicht produktiver diejenigen, die sich besonders um Arbeit bemühen zu belohnen? So jedenfalls habe ich es als Mutter bei meinen Kindern mit Erfolg angewandt.
"Die Würde des Menschen ist unantastbar" Ist dies nicht wichtig für den Frieden und die Ruhe, der wieder in unser Land einkehren soll, auch mit den Flüchtlingen?
Wie ist ihre Haltung zu den Sanktionen in Hartz IV und wie werden Sie am 01.10.15 im Bundestag abstimmen?
Freundliche Grüße
Sehr geehrte Frau Becker,
zu der Thematik Hartz IV (SGB II) einschließlich der Sanktionen habe ich mich bereits ausführlich hier auf Abgeordnetenwatch geäußert. Dies können Sie unter folgendem Link nachlesen: http://www.abgeordnetenwatch.de/gabriele_hiller_ohm-778-78190--f422384.html#q422384
Dementsprechend werde ich gemeinsam mit meinem Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen der Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD die Anträge von Linken und Grünen zu den Sanktionen im Bundestag ablehnen, so wie dies auch bereits heute (23.09.2015) im zuständigen Fachausschuss für Arbeit und Soziales geschehen ist.
In der heutigen Ausschusssitzung wurde von SPD-Seite noch einmal deutlich gemacht, dass wir einerseits einen Eingliederungsprozess auf Augenhöhe für zentral und andererseits die aktuelle Ausgestaltung des Sanktionsrechts im SGB II (Hartz IV) für korrekturbedürftig halten. Dies betrifft insbesondere die Sanktionierung der Kosten der Unterkunft als auch die strengeren Sanktionierungen von Menschen unter 25 Jahren. Beides wird von uns abgelehnt. Hier soll mit dem geplanten SGB II-Änderungsgesetz eine Neuregelung erfolgen, wobei die Gespräche mit unserem Koalitionspartner CDU/CSU leider noch nicht abgeschlossen werden konnten.
Die Position der SPD-Bundestagsfraktion bezüglich der Sanktionen können Sie auch der folgenden Pressemitteilung entnehmen: http://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/sanktionen-im-sgb-ii-mehr-auf-den-einzelfall-r%C3%BCcksicht-nehmen
Zum von Ihnen angesprochen speziellen Fall Ralph Boes verweise ich auf die diesbezügliche Antwort der Pressesprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales von Mitte August, die auch an verschiedenen Stellen im Internet zu finden ist:
„Die aus der Öffentlichkeit und von Ihnen eingegangenen Hinweise auf die Situation von Herrn Ralph Boes hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erneut zum Anlass genommen, Erkundigungen zum aktuellen Stand des Falles einzuholen - wie auch in der Vergangenheit bereits erfolgt. Unseren Erkenntnissen zufolge hat Herr Boes erfreulicherweise am 31. Juli 2015 mit seinem zuständigen Jobcenter in Begleitung von Vertrauenspersonen Gespräche geführt. Im Hinblick auf die bestehenden Sanktionen hat Herr Boes Sachleistungen in Form von Lebensmittelgutscheinen beantragt und erhalten, die der Sicherung seiner Existenz dienen. Er kann auch weiterhin Lebensmittelgutscheine erhalten.
Von Seiten des Jobcenters werden also Herrn Boes die nach den gesetzlichen Regelungen bei Sanktionen vorgesehenen Leistungen angeboten und zur Verfügung gestellt. Das Jobcenter ist dabei an die geltenden rechtlichen Bestimmungen gebunden. Unsere Prüfung des Verwaltungshandelns hat ergeben, dass das zuständige Jobcenter die Belange von Herrn Boes mit der gebotenen Umsicht und Gründlichkeit führt. Allerdings akzeptiert Herr Boes bekanntlich die Rechtslage nicht und möchte mit seinen Aktionen auf eine Änderung der Rechtslage hinwirken.
Ich bedauere außerordentlich, dass Herr Boes für dieses politische Ziel bereit ist, seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Dies beruht jedoch auf seiner freien Willensentscheidung und ist nicht Folge des Verwaltungshandelns.“
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hiller-Ohm