Frage an Fritz Güntzler von Tarik P.
Sehr geehrter Herr Güntzler,
in der namentlichen Abstimmung über den Antrag (18/1458) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bezüglich der Ablehnung von Schiedsgerichten in den Abkommen TTIP und CETA haben sie mit Nein gestimmt. Warum haben Sie so abgestimmt?
Mit freundlichen Grüßen
Tarik Pahlenkemper
Sehr geehrter Herr Pahlenkemper,
vielen Dank für Ihre Frage und das damit verbundene Interesse an meiner parlamentarischen Arbeit. Gestatten Sie mir zunächst einige Hinweise zur transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (nach der englischen Übersetzung kurz "TTIP"). Schon heute werden für rund 2 Milliarden Euro Güter und Dienstleistungen zwischen der EU und den USA gehandelt - täglich! TTIP soll diesen Handel vereinfachen und für alle günstiger machen. Ersparnisse in Millionenhöhe für Unternehmen bedeuten hunderttausende neue Arbeitsplätze. Und mehr Kaufkraft. Über 800 Millionen Menschen in Europa und den USA würden direkt von TTIP profitieren.
Sie möchte wissen, warum ich gegen die Ablehnung von Schiedsgerichten bei TTIP und CETA gestimmt habe. Im Kern geht es um die Frage, ob es angesichts der leistungsfähigen Justizsysteme auf beiden Seiten des Atlantiks einer solchen Schiedsgerichtsbarkeit bedarf. Schiedsgerichtsverfahren können dort sinnvoll sein, wo bei grenzüberschreitenden rechtlichen Auseinandersetzungen zu erwarten ist, dass nationale Gerichte nicht über die notwendige Fachkompetenz und personale bzw. organisatorische Ausstattung verfügen oder befangen sind bzw. zumindest eine einseitige Wahrnehmung haben.
Wir brauchen einen Ansatz , der die teilweise berechtigten Bedenken gegen Schiedsverfahren aufgreift und die Souveränität der Staaten nicht aushebelt, andererseits aber einen für die Investoren auf beiden Seiten des Atlantiks verlässlichen Rechtsrahmen bereithält. Grundsätzlich teile ich das Misstrauen der Grünen gegen die deutsche Justiz nicht. Auch das generelle Misstrauen gegenüber der Gerichtsbarkeit in den USA und Kanada, das die Grünen mit diesem Antrag zum Ausdruck bringen, finde ich unter Partnern unangebracht. Meine Fraktion hat als vertrauensbildende Maßnahme angeregt, , in die vorgeschlagene Liste von Schiedsrichtern seitens Deutschlands nur deutsche Berufsrichter - besser noch nur Bundesrichter - zu wählen. Das könnte durch den Deutschen Bundestag erfolgen, wo es für die Wahl der Bundesrichter und Bundesverfassungsrichter einen bewährten gesetzlichen Rahmen gibt. Rechtlich ließe sich das im entsprechenden Begleitgesetz zur Ratifikation des Abkommens regeln.
Gelingt die Bestellung eines Schiedsrichters bzw. die Einigung auf einen Vorsitzenden nicht, könnten der Europäische Gerichtshof und die US-amerikanische Bundesgerichtsbarkeit mit dem US Supreme Court an ihrer Spitze bei der Suche nach einem Schiedsrichter vermitteln. Denkbar wäre es auch, die Richterbestellung für Streitigkeiten im Rahmen des TTIP in die gemeinsamen Hände dieser beiden hochangesehenen Institutionen zu legen und etwa einen Euro/US Supreme Court für Wirtschaftsrecht zu schaffen. Das hohe Vertrauen in das eigene Justizsystem, die Souveränität der Staaten und der notwendige Investorenschutz ließen sich auf diese Weise miteinander versöhnen.
Die Grünen verschließen sich mit ihrer generellen Ablehnung von TTIP der Realität. Mit TTIP werden Waren günstiger, weil z.B. Zölle wegfallen, der Mittelstand profitiert zudem, weil bürokratische Hindernisse abgebaut werden. Deutschland ist Vize-Exportweltmeister. Damit das so bleibt braucht unsere Wirtschaft den Zugang zu Märkten überall auf der Welt. Die Exporte deutscher Unternehmen in die USA können mit TTIP um 94 Prozent zunehmen. Wenn Amerikaner mehr importieren, füllen sich hiesige Auftragsbücher. Das bringt neue Jobs und mehr Menschen bekommen Arbeit bei guter Bezahlung. Die Reallöhne können steigen, um bis zu 2 Prozent. Das wiederum stärkt die Kaufkraft eines jeden Einzelnen. Experten rechnen damit, dass durch TTIP eine vierköpfiger Privathaushaut bis zu 545 Euro Zusatzeinkommen im Jahr bekommen könnte.
Aus diesen Gründen habe ich den Antrag der Grünen abgelehnt.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Güntzler MdB