Frage an Fritz Felgentreu von Ulrich S. bezüglich Finanzen
Frage: Soll der "Generationenvertrag" bei der Rente beibehalten werden ?
Sehr geehrter Herr Dr. Felgentreu !
Die pro-Kopf-Staatsverschuldung Deutschlands ist doppelt so hoch wie die der U.S.A. Die 17,0 Billionen US-Dollar Staatsverschuldung der U.S.A. entspricht rd. 12,4 Billionen Euro. Dann wäre Deutschland (mit rd. 80 Millionen Einwohnern) im Vergleich zu den U.S.A. (mit rd. 315 Millionen Einwohnern viermal so groß wie Deutschland) pro Kopf doppelt so hoch verschuldet, wenn man die verdeckte (bzw. versteckte) Schuldenlast aus den Sozialsystemen in einer Größenordnung von etwa vier Billionen Euro einrechnet. Die Bundesregierung redet allerdings immer nur von einer gesamten Schuldenlast von rd. 2,1 Billionen Euro und betreibt damit Augenwischerei. In Wirklichkeit ist Deutschland mit rd. 6 Billionen Euro verschuldet. Die abgeführten Rentenbeiträge werden in Deutschland seit dem fatalen Generationenvertrag unter Adenauer sofort verbraucht. Andere Industrienationen wie z.B. Großbritannien, U.S.A. und Japan haben diese Rentenbeiträge dagegen in Mietwohnungen und anderen sicheren Kapitalanlagen angelegt. Ohne den Generationenvertrag würden die gesetzlichen Rentenversicherungen in Deutschland über Millionen von Mietwohnungen verfügen, die zu moderaten Bedingungen vermietet wären. Für die Pensionen der deutschen Beamt(inn)en wurden auch keine ausreichenden Rücklagen gebildet. (vgl. Interview mit Bernd Raffelhüschen, Professor für Finanzwissenschaften und Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge an der Universität Freiburg)
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Stock, Assessor
10245 Berlin
Sehr geehrter Herr Stock,
vielen Dank für Ihre Frage zum deutschen Rentensystem. Ich halte es für richtig, dass wir in Deutschland unser Rentensystem nach den Prinzipien des sogenannten „Generationenvertrages“ organisiert haben und bin deshalb im Grundsatz auch dafür, dass wir das umlagenfinanzierte Rentensystem beibehalten.
Die kapitalgedeckten Rentensysteme der USA oder Großbritannien erscheinen mir nicht als lohnende Alternativen, da hier die Renten und Pensionen zu sehr von den Entwicklungen des Marktes abhängig sind und so einem wesentlich höheren Risiko unterliegen, als dies im umlagenfinanzierten deutschen System der Fall ist. In der Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre hat sich mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass auch Pensionskassen mit vermeintlich risikolosen Anlagestrategien teils hohe Verluste einfahren und erheblich unter Druck geraten. Die demographische Entwicklung ist eines der Risiken: Wenn sehr viele Rentner die Aktien oder Fondsanteile, auf denen ihre Kapitalanlage aufbaut, gleichzeitig auf den Markt bringen, wird deren Wert -- und damit der Umfang der Altersvorsorge -- sinken.
Ich denke nicht, dass wir die Sicherheit unserer Pensionen und Renten den Kräften der Märkte anvertrauen sollten. Richtig ist aber, dass wir unser Rentensystem zukunftsfähig machen und an manchen Stellen auch modernisieren müssen. Der sogenannte „Generationenvertrag“ beinhaltet ja auch den Gedanken der Generationengerechtigkeit. In einer älter werden Gesellschaft sollten wir darauf achten, die nachwachsenden Generationen nicht übermäßig zu belasten. Dazu muss der durch Abgaben finanzierte Teil der Umlage perspektivisch durch höhere aus Steuern finanzierte Zuschüsse verkleinert werden, um Familien mit kleinen und mittleren Einkommen zu entlasten.
Generationengerechtigkeit ist ein Ziel, das sowohl für die Art und Weise, wie wir unser Rentensystem organisieren, als auch für die Frage der Staatsverschuldung gilt. Beides sind Herausforderungen, derer wir uns in schon in den kommenden vier Jahren mit Nachdruck annehmen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Fritz Felgentreu