Warum hat die Berliner Regierung den pro-putinischen Autokorso für Russlands Angriffskrieg zugelassen?
Sehr geehrte Frau Giffey,
am Tag der Bilder von Butscha, dem 5. April, gab es in Berlin einen pro-putinischen Autokorso durch Berlin.
Der von dem Veranstalter vorgegebene Grund, es ginge um einen »Protest gegen die Diskriminierung von russischsprachigen Menschen in Deutschland« ist fadenscheinig. Wenn man gegen Diskriminierung demonstriert, fährt man nicht einen Autokorso und schwängt Russlandfahnen so als ob Russland gerade die Fußball-WM gewonnen hätte. Selbst das kriegsverherrlichende Z-Zeichen wurde gezeigt. Die Berliner Polizei hätte sofort die Aktion abbrechen müssen.
Das war eine Demo für einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, was eine Straftat ist. Wird das Konsequenzen für den Veranstalter und die Teilnehmer haben oder werden Sie diese Schande Berlins totschweigen?
Sehr geehrter Herr Q.,
ich verstehe sehr Ihren Ärger über den Autokorso und verurteile jegliche Äußerung, die den russischen Angriffskrieg verharmlost oder legimitiert, auf das Schärfste.
Dennoch zeichnet unsere Demokratie aus, dass angemeldete Demonstrationen nicht einfach verboten werden können. Eine Demonstration, die sich in der Anmeldung gegen die Diskriminierung russisch sprechender Menschen richtet, fällt unter die Versammlungsfreiheit. Unsere Gesellschaft muss und kann auch aushalten, wenn Menschen öffentlich Meinungen vertreten, die wir für deplatziert oder sogar bestürzend halten.
Jedoch verfolgen wir mit aller Härte das, was strafrechtlich relevant ist und werden keine Verherrlichung eines Angriffskriegs dulden. So war Berlin eines der ersten Bundesländer, das die Verwendung des Symbols „Z“ untersagt hat und dies strafrechtlich verfolgt. Es gab Anzeigen der Polizei am Rande des Autokorsos, denen nachgegangen wird und es wurde beispielsweise ein Auto, das das verbotene „Z-Zeichen“ zeigte, aus dem Korso herausgezogen. Zudem haben wir die Auflagen für mögliche künftige Demonstrationen deutlich erhöht, etwa im Hinblick darauf, dass die Anzahl der Fahnen stark beschränkt wurde. Ein für den 24. April geplanter Autokorso ist daraufhin vom Veranstalter kurzfristig abgesagt worden.
Seien Sie versichert, dass ich den russischen Angriffskrieg verurteile und fest an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer stehe. Und dennoch handeln wir rechtsstaatlich und im Einklang mit unserer demokratischen Verfassung und ihren Grundwerten, denn diese basiert ja im Kern auf dem Freiheitsgedanken, der im Moment auch so mutig in der Ukraine verteidigt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Franziska Giffey