Frage an Franz-Xaver Romer von Ralf D. bezüglich Soziale Sicherung
Hallo Herr Romer,
wie stehen Sie zu den Privatisierungsplänen der Bahn?
Ich kann keinerlei sinnvollen Grund dahinter erkennen. Wird der Staat wirklich durch Lobbyisten kontrolliert und durch manche Politiker so gelenkt, dass diese später in der Wirtschaft richtig mitverdienen? In meinen Augen sieht es leider sehr danach aus.
Mit freundlichen Grüßen, Ralf Dengler
Anhang von nachdenkseiten.de:
Jene SPD-Gruppe, die das Volksaktienmodell auf dem SPD Parteitag im November 2007 vorgeschlagen und durchgesetzt hatte, meinte, damit etwas erreicht zu haben. Es war damals jedoch schon erkennbar, dass die Regierungsvertreter, namentlich Steinbrück und Tiefensee, ein falsches Spiel spielen. Sie wollen die Privatisierung. Nicht aus sachlichen Gründen - die gibt es nicht. Ihre Interessen sind vermutlich mit denen der Finanzindustrie verbandelt, oder sie träumen von frischem Spielgeld fürs Casino. Sie waren froh, dass es mit dem Joker Volksaktienmodell gelungen war, auf dem SPD-Parteitag die Frage des „Ob“ nicht zur Abstimmung stellen zu müssen. Dabei hätten sie verloren. Das konnten sie vermeiden und haben sofort auf ein anderes Modell der Privatisierung gesetzt, auf das so genannte Holding-Modell. ( http://www.nachdenkseiten.de/?p=2971 )
Sehr geehrter Herr Dengler,
vielen Dank für Ihr Schreiben, mit dem Sie Ihre Sorgen bezüglich der Privatisierung der Deutschen Bahn AG zum Ausdruck bringen. Die von Ihnen vorgebrachten Argumente sind in unseren politischen Meinungsbildungsprozess mit eingeflossen.
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass bereits mit der Bahnreform im Jahre 1994 eine Organisationsprivatisierung der Deutschen Bahn AG vorgenommen wurde. Der Vorstand handelt seitdem losgelöst von politischen Vorgaben im Rahmen seiner unternehmerischen Verantwortung nach dem Aktiengesetz. Dies war ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung, denn die konsequent vorangetriebene unternehmerische Ausrichtung der Bahn und die daraus folgenden organisatorischen Veränderungen und technischen Innovationen haben dazu geführt, dass der Bundeshaushalt und damit letztendlich der Steuerzahler deutlich entlastet wurden. Auch sind Qualität und Service bei der Deutschen Bahn AG gegenüber der früheren Behördenbahn deutlich besser geworden. Die Kundenorientierung steht im Vordergrund. In Zusammenhang mit der Organisationsprivatisierung wurde auch das Eigentum an der Schieneninfrastruktur an die Deutsche Bahn AG übertragen. Der folgerichtige weitere Schritt bei einer Aktiengesellschaft ist dann grundsätzlich die Hereinnahme von privatem Kapital. Das ist seit Beginn der Bahnreform auch für die Deutsche Bahn AG so vorgesehen. Für diesen besonderen Fall eines Unternehmens mit steuerfinanziertem Netz gelten natürlich besondere Bedingungen: Es muss sichergestellt werden, dass die aus Steuermitteln getätigten Investitionen in das Netz, d.h. in die Schieneninfrastruktur, nicht zum Spielball von Aktionärsinteressen werden. Aus diesem Grund hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der bisherigen Diskussion bereits durchgesetzt, dass bei dem weiteren Privatisierungsschritt das Eigentum an den Eisenbahninfrastrukturunternehmen (DB Netz AG, DB Station & Service AG, DB Energie GmbH) auf den Bund übertragen wird. Mit dieser Lösung sorgen wir dafür, dass die vom Steuerzahler finanzierte Infrastruktur nicht aus Kapitalmarktinteressen verschleudert wird. Lediglich für einen noch zu verhandelnden Zeitraum sollen Bewirtschaftung und Betriebsführung des Netzes durch das Unternehmen Deutsche Bahn AG weiterhin wahrgenommen werden.
Darüber hinaus hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegenüber dem Koalitionspartner deutlich gemacht, dass sie dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes in der jetzigen Form erst zustimmen kann, wenn folgende unverzichtbaren Kernforderungen - ohne Wenn und Aber - erfüllt sind:
1. Die Infrastrukturverantwortung des Staates muss im Gesetzentwurf gestärkt werden. Der Bund muss für die vom Gesetzgeber beschlossenen vordringlichen Bedarfsplanmaßnahmen ein Durchsetzungsrecht erhalten, um Konflikte zwischen der Infrastrukturverantwortung des Staates und den betriebswirtschaftlichen Interessen der Deutsche Bahn AG einerseits sowie ihrer Wettbewerber andererseits zu verhindern.
2. Vor Verabschiedung des Gesetzes muss eine unterschriftsreife Leistungs- und Finanzierungs-vereinbarung (LuFV) dem Deutschen Bundestag vorliegen. Vor der materiellen Privatisierung muss ein einjähriger Testlauf für die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) im Echtbetrieb erfolgen und gegebenenfalls an die Erfahrungen angepasst werden.
3. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Laufzeit des Bewirtschaftungszeitraums und der Sicherungsübertragung von 18 Jahren ist zu lang und muss verkürzt werden.
4. Dem Gesetzgeber dürfen keinerlei Vorgaben gemacht werden, wie er nach Ablauf des Bewirtschaftungszeitraums mit seinem Eigentum verfährt. Deswegen sind die in Art. 2 § 5 des Gesetzentwurfs enthaltenen Handlungsalternativen ersatzlos zu streichen.
5. Für mehr Wettbewerb auf der Schiene müssen die Rechte der Regulierungsbehörde verstärkt werden. Die Bundesnetzagentur muss in der Lage sein, Trassenentgelte zu verhindern, die einseitig die Wettbewerber der Deutsche Bahn AG belasten. Auch sollte eine Anreizregulierung, ähnlich wie im Bereich der Telekommunikation, eingeführt werden.
Insbesondere durch die Stärkung der Regulierungsbehörde wollen wir Sorge dafür tragen, dass die Trassenpreise nicht ins Uferlose steigen. Diese würden natürlich auch in die Gesamtkalkulation der Verkehrsgesellschaften einfließen und ggf. Anlass für eine höhere Fahrpreisgestaltung sein. Dem wollen wir vorbeugen. Ansonsten bleibt es bei den gesetzlichen Regelungen wie bisher: Die Beförderungsbedingungen im Fernverkehr werden durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, die des Nahverkehrs durch die Länder genehmigt. Die Fahrpläne im Fernverkehr unterliegen der unternehmerischen Verantwortung der Verkehrsunternehmen. Im Nahverkehr allerdings haben die Länder die Möglichkeit, als Besteller Einfluss auf die Fahrpläne zu nehmen. Auch bleibt es bei der bisherigen Regelung, dass die Stilllegung von Eisenbahninfrastruktureinrichtungen einer Genehmigung durch das Eisenbahn-Bundesamt bedarf. Der Genehmigung ist in § 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes bereits heute - aber auch künftig - ein kompliziertes Genehmigungsverfahren vorgeschaltet, das ausschließt, dass willkürlich Strecken stillgelegt werden können.
Ich bin überzeugt, wenn die von uns geforderten Punkte in dem jetzigen Gesetzentwurf umgesetzt sind, haben wir eine tragfähige Lösung erreicht.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Franz Romer, MdB