Frage an Franz Weber von Rothfeld H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Weber,
das Freihandelsabkommen TTIP zwischen Europa und den USA wird kontrovers in den Medien diskutiert.
Bei welchen Punkten dieses Handelsabkommens haben Sie die größten Bedenken? Es gibt neben TTIP ja bereits bestehende bilaterale Handelsabkommen. Gibt es hier nur negative Erfahrungen - oder kennen Sie auch positive Erfahrungen?
Ich bin gespannt, wie Ihre Antwort ausfällt.
Gruß, H. R.
Sehr geehrter Herr Rothfeld,
es gibt eigentlich eine ganz Reihe von Punkten, bei welchen ich größte Bedenken habe: So ist absolut nicht nachzuvollziehen, weshalb diese Verhandlungen, welche uns alle ganz direkt tagtäglich betreffen werden, absolut geheim verlaufen, und dies auch noch ohne einen einzigen gewählten Volksvertreter. So etwa geht überhaupt nicht. Auch wenn ich von einem Vertreter einer großen Volkpartei hören musste, dass Verhandlungen geheim sein müssen, um der Gegenseite nicht unverhoffte Vorteile zu verschaffen, dann ist das für mich trotzdem reine Augenwischerei. Wer ehrliche, rechtschaffene und ethisch korrrekte Absichten hat, der hat wirklich nichts zu verbergen Doch alle, die solche Verhandlungen geheim führen wollen, haben ganz klar einiges zu verbergen. Weshalb sind denn Abgeordnete des EU-Parlaments total ausgeschlossen, auf der anderen Seite tummeln sich 600 (in Worten sechshundert) Lobbyvertreter bei den Verhandlungen herum?
Da es wegen dieser Geheimniskrämerei Proteste gab, wollte die EU entgegenkommen. Was dabei herauskam, war glatte Augenwischerei: In diese eingerichteten Leseräume dürfen nur Abgeordnete, welche nur den englischen Text sehen. Notizen oder Aufnahmen machen ist streng verboten, vor allem auch das Reden über das Gelesene mit anderen Menschen!!! Wir dürfen nichts darüber erfahren. Das CETA-Abkommen hat sogar die Klausel drin, dass der Inhalt des Vertrages erst dann veröffentlicht werden darf, wenn er schon 5 Jahre in Kraft getreten ist. ------ Bitte nochmals lesen.....es ist so!!!
Wer nicht glaubt, dass Lobbyvertreter auch Gesetze schreiben, dem sei der Hinweis gegeben, dass die Vertreter von Philips und Osram damals die Gesetzestexte für die Verordnung bezüglich der Energiesparlampen geschrieben haben. Die Kommission hatte nämlich die Texte samt identischer Rechtschreibfehler übernommen. Es gäbe noch weitere Beispiele.
Große Bedenken habe ich auch beim Thema Standards: In der Regel werden die niedrigeren Standards übernommen, was wir bei der Qualität der Waren zu spüren bekommen (Gentechn. veränderte Lebensmittel), Fleisch mit Rückständen von Hormonen und Antibiotika usw. Auch soziale Standards (Mindestlohn u.ä.) fallen diesen Abkommen zum Opfer. So ist z.B. Ägypten angeklagt, weil es den monatliche Mindestlohn von 41 auf ca. 70 € erhöht hat. Ein Konzern darf vor einem geheim tagenden Schiedsgericht erwartete, aber entgangene Gewinne einklagen. Das Urteil ist unanfechtbar. Das Gericht besteht aus drei Juristen, die zu großen Konzernen gehören.
Wenn nur diese Tatsachen bei allen Wählern bekannt wären, so würden alle Parteien, welche diese Abkommen (v.a. TTIP, TISA und CETA) unterstützen, bei jeder der kommenden Wahlen unter der 5%-Hürde landen. Und das wären (fast) alle großen Parteien. Und diese Totengräber sollen wir noch wählen, wo es doch schon seit mindestens 1982 eine klare Alternative gibt??!!!!
Dabei gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Punkte, die bedenklich sind. So lohnt sich auch mal, einen Blick auf die Struktur der EU zu werfen: Das verblüffende Ergebnis: Nach Anwendung der Kriterien von Montesquieu (frz. Staatsphilosoph) ist die EU eine Despotie. Und aus dieser Despotie beziehen wir ca. 80 - 90 % aller unserer Gesetze. Wer da noch im Tiefschlaf bleiben kann, der hat einen gesegneten Schlaf. ;-)
Weitere Infos unter: http://www.ödp-uelzen.de/Europa.html
Die Eu hat ca. 1400 solcher Abkommen, Deutschland ungefähr 140 (?). Natürlich haben Abkommen auch positive Seiten, vor allem, wenn Zölle abgebaut werden. Doch ist darauf hinzuweisen, dass meist nur noch ganz geringe Zollschranken bestehen (ca. 2-4%).
Die Abkommen mit Afrika beinhalten z.T. verheerende Folgen für die afrikanische Wirtschaft (vgl. Fleischmarkt). Ich kann jedem Wähler und auch schon den Nochnichtwählern dringend empfehlen, sich mit diesen Freihandelsabkommen gründlich zzu beschäftigen.
Denn wenn wir das nicht tun, werden wir von den Folgen so überrascht, dass uns allen Hören und Sehen vergeht. Und das ist keine Übertreibung.
Schöne Grüße
Franz Weber