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Franz Thönnes
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Frage von Franziska J. •

Frage an Franz Thönnes von Franziska J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Thönnes,

auf Ihrer Homepage ist der schöne Satz "Eine Demokratie lebt davon, dass sich die Bürgerinnen und Bürger an ihr beteiligen." zu lesen. Nun, wie allgemein bekannt ist, gilt die Wahlbeteiligung als wichtiger Indikator für den Grad der politischen Beteiligung und des politischen Interesses. In Deutschland sinkt die Wahlbeteiligung seit den 70er Jahren, die Wahlbeteiligung der Wähler bis 30 Jahren liegt zum Teil mehr als 10 % unter der Wahlbeteiligung der 50 - 70 Jährigen. Eine Erklärung der sinkenden Wahlbeteiligung ist die zunehmende Politikverdrossenheit. Bringt man die Zahlen und Fakten in den Zusammenhang mit Ihrer Aussage, könnte man meinen, die Demokratie könnte langfristig gesehen bedroht sein. Inwiefern versuchen Sie dieser Bedrohung entgegenzuwirken? Wie lautet Ihre Erklärung, dass gerade bei jüngeren Wählern, die doch eigentlich bestrebt sein müssten, Ihre Zukunft mitgestalten zu wollen, die Wahlbeteiligung so erheblich sinkt? Und wie lauten Ihre Lösungsvorschläge zu diesem fundamentalem Problem? Die Parteien wirken laut Grundgesetz schließlich bei der politischen Willensbildung des Volkes mit - Wie soll das in Zukunft funktionieren, wenn eine scheinbar immer größere Politikverdrossenheit vorherrscht? Dies ist ja nun mal auch bezüglicher der sinkenden Mitliedszahlen der Parteien zu sehen. Wie wollen Sie die Bevölkerung (in Zukunft )motivieren, wählen zu gehen, so dass die Demokratie Ihrer Aussage nach auch weiterhin lebt?

Mit freundlichen Grüßen
Franziska Jakobs

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Jakobs,

vielen Dank für Ihre Frage, die Sie mir über Abgeordnetenwatch.de gestellt haben.

Dass Sie einen so genauen Blick auf meine Homepage geworfen haben freut mich und ich hoffe, dass sie Ihnen gefallen hat.

Die Unterschiede im Grad der politischen Beteiligung zwischen den von Ihnen erwähnten Altersgruppen haben sicherlich eine Menge differenzierter Gründe. Ohne den Anspruch zu erheben, Ihnen alle darstellen zu können beziehungsweise überhaupt alle zu kennen, spielen, glaube ich, die gemachten Erfahrungen eine wichtige Rolle. Am 23. Mai 2009 haben wir 60 Jahre Grundgesetz (GG) gefeiert. Vier Jahre nach dem 2. Weltkrieg und den Gräueltaten der Nazis, war die Verkündung des GG die Voraussetzung, um eine stabile und friedliche Demokratie in Deutschland gründen zu können.

Die von Ihnen genannte Gruppe der 50- bis 70-Jährigen hat den Krieg, die Nazis und die Verbrechen selber erlebt oder deren Auswirkungen in der Jugend hautnah erfahren. Auch gab es in dieser Zeit noch viele, die in ihren Familien sogar von den Erfahrungen aus zwei Weltkriegen berichten konnten. Demokratie und Frieden waren keine Selbstverständlichkeit. Das Recht, wählen zu dürfen und die Wahl zwischen verschiedenen Parteien zu haben, wurde geschätzt. Und die Entwicklungen in Zeiten des Wirtschaftswunders wurden direkt im Zusammenhang mit der jungen Demokratie erlebt und mit ihr verbunden. Heute erscheint die Demokratie für Jugendliche als etwas Selbstverständliches. Sie haben einen anderen Zustand nicht erlebt (die Situation in Ostdeutschland muss dabei besonders berücksichtigt werden). Krieg auf dem europäischen Kontinent - innerhalb der Europäischen Union (EU) – ist für viele überhaupt nicht mehr vorstellbar. Gleichzeitig erleben die Jugendlichen nationale Demokratien die ihre Einflussbereiche, in Zeiten der Globalisierung und globaler Probleme wie dem Klimawandel, neu definieren müssen. Internationale Kooperationen oder Zusammenschlüsse wie die EU, die häufig als sehr unnahbar erlebt werden, sind ein richtiger und notwendiger Schritt, müssen den Bürgerinnen und Bürgern aber noch näher gebracht werden.

Neben diesen erfahrungsbedingten Unterschieden lässt sich auch eine generell sinkende Bereitschaft feststellen, sich in sog. „Massenorganisationen“ zu engagieren. Das gilt sowohl für Parteien, wie auch für Gewerkschaften und Sozialverbände. Generell ist ein Trend zu beobachten, dass sich Menschen über einzelne Themen zusammenfinden, daran arbeiten und sich dann auch wieder auflösen. Dieses, zum Beispiel in Bürgerinitiativen praktizierte, „projektorientierte“ Engagement ist aber auch ein wichtiger Teil unserer Demokratie, der nicht unterschätzt werden sollte.

Zu diesen beiden Gründen kommt erschwerend hinzu, dass durch die Abnahme der Mitgliederzahlen der finanzielle Spielraum der Parteien geringer wird. Auch fällt es allen Großorganisationen schwerer regelmäßig aktive Mitglieder für die Arbeit vor Ort. Beides trägt dazu bei, dass der von Ihnen erwähnte Auftrag zur Mitwirkung an der politischen Willensbildung erschwert wird. Und wo keine Parteistrukturen mehr vorhanden sind, oder die Ortsvereine durchweg von einem hohen Durchschnittsalter geprägt sind, wird die Mitarbeit von neuen, jungen Aktiven erschwert.

Einen Königsweg zur Lösung dieses Problems kann ich Ihnen leider nicht anbieten. Allerdings bin ich der Meinung, dass ein Schlüssel um Menschen zur aktiven Teilnahme am politischen Geschehen zu motivieren im direkten Gespräch liegt. Aus diesem Grund werde ich bis Ende Juli 2009 ca. 1.600 Besucherinnen und Besucher aus dem Wahlkreis im Deutschen Bundestag begrüßt und in den meisten Fällen auch mit ihnen diskutiert haben. Davon sind weit über 1.300 Schülerinnen und Schüler. Des Weiteren bin ich möglichst viel im Wahlkreis unterwegs. Ob bei Schul- und Betriebsbesuchen (Zeitungsartikel dazu finden Sie auf meiner Homepage unter Presse/Aktuelles – Pressespiegel), an Infoständen auf den Marktplätzen und in den Fußgängerzonen, während Bürgersprechstunden sowie in den Ortsvereinen der SPD - denn es gilt nicht nur neue Mitglieder zu gewinnen sondern auch aktive Mitglieder zu halten. Auch versuche ich Briefe, Faxe, E-Mails und auch Fragen die über Abgeordnetenwatch.de an mich gestellt werden zeitnah und ausführlich zu beantworten.

Dieses Engagement darf aber nicht den Politikerinnen und Politkern alleine überlassen werden. Sowohl den Schulen aber insbesondere auch den Elternhäusern kommt hier eine große Verantwortung zu. Informationen zum politischen Geschehen sind in Zeiten des Internets jederzeit in großer Menge abzurufen.Es gilt, diese Möglichkeiten auch zu nutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Franz Thönnes