Frage an Franz Prockl von Martin P. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Prockl,
zumächst möchte ich es einmal begrüssen das die FDP wenigstens bei den Bürgerrechten, Innenpolitik und Europapolitik, was z.B einen möglichen EU Beitritt der Türkei betrifft eine andere Meinung hat als CDU/CSU.
Trotzdem hätte ich aber noch ein paar Fragen zur Bildungspolitik der FDP.
Was betriebliche Ausbildungen betrifft möchte die FDP Betrieben mehr Freiräume einräumen, was die Inhalte betrifft. Das hat zwar zum einen Vorteile für die Betriebe, aber in einer Gesellschaft die vom einzelnen mehr Flexibilität fordert, wäre es doch auch wichtig das die Ausbildungen noch universell genug sind, damit man dann diesen Anforderungen an die Flexibilität erfüllen kann und nicht im Falle einer Kündigung als Langzeitarbeitsloser endet.
Was die Schulen betrifft möchte die Union als wahrscheinlichster Koalitionspartner der FDP die bildung vorwiegend zur Ländersache machen. aber gerade in Zeiten wo man nicht sicher sein kann das man z.B eine Ausbildung oder ein Studium im gleichen Bundesland antritt, als man den oder die Schulabschluss(e) macht, ist das doch ein weg in die falsche Richtung. Mehr Zentralismus, im idealfall sogar bundesweit zentrale Abschlüsse für mittlere Reife, Fachabitur und Abitur wären da sicher eine bessere Lösung. Deshalb wäre es intresannt zu wissen wie die FDP zu dieser Position steht.
Einen sehr intresannten Punkt in den Parteiprogrammen der Grünen und Linkspartei finde ich die Absenkung des aktiven Wahlrechts auf 16 Jahre - das wäre eine sehr intresannte Forderung die ich bei der FDP vermisse. Ich denke dadurch würden nicht nur die 16/17 jährigen mehr Einflussmöglichkeiten zur Verfügung stehen, sondern praktisch alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Auch würde dieser Schritt der Bildungspolitik mehr Kompetenz verleihen. Ist da von der FDP im Falle einer Regierungsbeteiligung eine Nachbesserung zu erwarten?
mit freundlichen Grüssen,
Martin Preiss
Sehr geehrter Herr Preiss,
gerne beantworte ich Ihren Fragen.
In der betrieblichen Ausbildung wollen wir größere Spielräume schaffen, indem wir unser Bildungssystem flexibilisieren und deregulieren. Wichtigste Maßnahme für uns ist dabei die Verkürzung der Ausbildungszeiten. Diese wollen wir v.a. durch zwei- oder zweieinhalbjährige theoriegeminderte (!) Ausbildungsberufe schaffen, die mit Qualifizierungsbausteinen, die dann speziell auf die entspr. Firma ausgerichtet sind, ausgeweitet werden können.
Was Schulabschlüsse angeht: Wer bessere Qualität will, muss zunächst einmal überflüssige Bürokratie auf allen Ebenen beseitigen. Der Wettbewerb unter den Schulen und auch Hochschulen, aber auch den Kindergärten kann sich unter den gegebenen Bedingungen nicht hinreichend entfalten. Freiheit und Autonomie für die einzelnen Bildungseinrichtungen in finanzieller, personeller, organisatorischer und inhaltlicher Hinsicht sind jedoch eine wesentliche Voraussetzung, die notwendigen Qualitätsverbesserungen effizient und effektiv erreichen zu können. Ich glaube nicht, dass derzeit Examensprüfungen z.B. im Fach Lehramt auf Landesebene die Qualität unbedingt steigern.
Auf Hochschulebene werden Bachelor- und Masterabschlüsse von bestimmten Einrichtungen akkreditiert (sie sollten es zumindest sein, will man nicht nur besseres Toilettenpapier erwerben). So kann der Interessent und der Arbeitgeber sehen, ob der Abschluss bestimmten Kriterien standhält. Und der Abschluss wird damit international vergleichbar.
Ein Wahlrecht ab 16 Jahren würde ich sehr begrüßen - allerdings unter der Voraussetzung, dass in der Schule schon früher und in der Gesamtheit mehr Sozialkunde gelehrt wird. In der FDP wird über dieses Thema sicherlich diskutiert werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten. Sollten
noch Unklarheiten bestehen, so freue ich mich auf Ihre Rückfragen!
Herzliche Grüße
Franz Prockl