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Franz-Josef Jung
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Frage von Bernd Z. •

Frage an Franz-Josef Jung von Bernd Z. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Dr. Jung,

das BVG hat in seinem Urteil zum EFSF folgenden Maßstab zu Grunde gelegt:

"Art. 38 GG fordert in Verbindung mit den Grundsätzen des Demokratieprinzips (Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 79 Abs. 3 GG), dass die Entscheidung über Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand als grundlegender Teil der demokratischen Selbstgestaltungsfähigkeit im Verfassungsstaat in der Hand des Deutschen Bundestages bleibt. Auch in einem System intergouvernementalen Regierens müssen die Abgeordneten als gewählte Repräsentanten des Volkes die Kontrolle über fundamentale haushaltspolitische Entscheidungen behalten. Insofern ist es dem Deutschen Bundestag untersagt, finanzwirksame Mechanismen zu begründen, die zu nicht überschaubaren haushaltsbedeutsamen Belastungen ohne erneute konstitutive Zustimmung des Bundestages führen können. Es ist insoweit auch dem Bundestag als Gesetzgeber verwehrt, dauerhafte völkervertragsrechtliche Mechanismen zu etablieren, die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen, vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind. Jede ausgabenwirksame solidarische Hilfsmaßnahme des Bundes größeren Umfangs im internationalen oder unionalen Bereich muss vom Bundestag im Einzelnen bewilligt werden. Auch bei der Art und Weise des Umgangs mit den zur Verfügung gestellten Mitteln muss hinreichender parlamentarischer Einfluss gesichert sein."

Entscheidend ist hierbei der Satz:

"Es ist insoweit auch dem Bundestag als Gesetzgeber verwehrt, dauerhafte völkervertragsrechtliche Mechanismen zu etablieren, die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen, vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind."

Angesichts dieser sehr klaren Entscheidung des BVG: Warum haben Sie am 29.06.2012 dem ESM zugestimmt?

Danke für Ihre Antwort!
Gruß Bernd Zopf

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Zopf,

vielen Dank für Ihre Frage hinsichtlich der Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages im Kontext des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).

Der Deutsche Bundestag nimmt seine Haushaltsverantwortung im Zusammenhang mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) im vollen Umfang wahr. Alle wesentlichen Entscheidungen, die der ESM treffen kann, einschließlich der Gewährung von Finanzhilfen oder Änderungen am gezeichneten Kapital, müssen einstimmig durch den Gouverneursrat des ESM getroffen werden. Deutschland verfügt durch seinen Vertreter im Gouverneursrat dabei bei allen wichtigen Entscheidungen des ESM über ein Vetorecht. Mit dem ESM-Finanzierungsgesetz haben wir dieses Vetorecht dem Deutschen Bundestag übertragen, indem dem Abstimmungsverhalten des deutschen Vertreters im Gouverneursrat ein umfangreicher Parlamentsvorbehalt vorgeschaltet wurde. Hat der Bundesfinanzminister als deutscher Vertreter im Gouverneursrat kein positives Votum des Bundestages, muss er mit Nein stimmen.

Aufgrund der von uns im Gesetzgebungsverfahren bewusst verankerten Regelung muss das Plenum des Deutschen Bundestages immer dann vorher zustimmen, wenn der ESM ein neues finanzielles Risiko eingeht. Das ist insbesondere bei Entscheidungen über neue Hilfsprogramme der Fall oder auch bei finanzwirksamen Änderungen von bestehenden Programmen. Der Haushaltsausschuss begleitet die Umsetzung der Programme. Seine Zustimmung ist z. B. dann notwendig, wenn die Bedingungen von Hilfsprogrammen geändert werden sollen, auch wenn das Volumen des Hilfspaketes unverändert bleibt. Zudem ist er vor Auszahlungen einzelner Tranchen bereits genehmigter Programme zu beteiligen. Das sog. 9er-Gremium kommt nur zum Einsatz, wenn im Rahmen eines Hilfsprogramms Anleihekäufe auf dem Sekundärmarkt vorgesehen sein sollten. Diesen Einsatz hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich erlaubt.

Der ESM dient im Zusammenspiel mit dem Fiskalvertrag auch den Interessen Deutschlands. Der Fiskalvertrag stellt die europäische Wirtschafts- und Währungsunion durch die Einführung nationaler Schuldenbremsen in den beteiligten Staaten auf eine stabile Grundlage. Der ESM dient in Ergänzung zum Fiskalvertag als ein robuster und strikt reglementierter Krisenmechanismus, welcher nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn die Bestimmungen des Fiskalvertrags durch den jeweiligen Staat umgesetzt werden. Mit diesen Maßnahmen wird das Vertrauen durch Konsumenten, Unternehmen und Finanzmärkte in die Eurozone gestärkt. Für Deutschland als Exportnation ist das Vertrauen in den Euro sowie seine Stabilität von immenser Bedeutung im globalen Wettbewerb. Vertrauen in unsere Währung fördert Investitionen in deutsche Produkte und den deutschen Standort. Es ist daher im Interesse der Bundesrepublik, diese Maßnahmen zur Stabilisierung unserer Währung zu ergreifen.

Ich habe dem Fiskalvertrag und dem ESM zunächst aufgrund des deutschen Interesses zugestimmt. Mit dem verabschiedeten Gesetzespaket liegt darüber hinaus die Haushaltsverantwortung auch weiterhin im vollen Umfang beim Parlament und auch dieser Aspekt war mir persönlich bei der Entscheidung wichtig. Die Zustimmung von mehr als 2/3 der Mitglieder des Deutschen Bundestages belegt darüber hinaus die Wahrung des Demokratieprinzips und den weitgehenden Konsens hinsichtlich der Gesetzesentwürfe.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Franz Josef Jung MdB