Frage an Frank Tempel von Coradin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Abgeordneter,
seit 2006 ist das Informationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene in Kraft und noch immer tun sich Behörden schwer mit seiner Anwendung. Dabei fällt auf, dass gerade die Bundestagsverwaltung als Behörde des Verfassungsorgans, die das Gesetz erlassen hat, immer wieder in Streit mit dem Bürger tritt und von den Verwaltungsgerichten aufgehoben wird.
Alle zwei Jahre legt die Informationsfreiheitsbeauftragte ihren Bericht dem Deutschen Bundestag vor.
1. Bericht: http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP16/134/13401.html
2. Bericht: http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP17/258/25843.html
3. Bericht: http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP17/444/44418.html
4. Bericht: http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/597/59757.html
5. Bericht: http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/750/75095.html
Dabei fällt auf, dass die Berichte im Bundestag nicht diskutiert und an den Innenausschuss verwiesen werden. Über die weiterhin bestehenden Missstände in der Gesetzesanwendung wird somit nicht gesprochen und der Verwaltung auch gezeigt, dass das Parlament die Missbräuche der Auskunftsverweigerungs zu beseitigen.
Wieso hat der Innenausschuss sich mit diesen Berichten nur pro forma befasst, und die Berichte ohne weitere Diskussion oder mittels Anhörung sachverständiger Personen (auch aus den Behörden) diskutiert, wie dies weiterentwickelt werden kann?
Wo ist aus Ihrer Sicht ein Nachbesserungsbedarf?
Seher geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Frage. Laut Informationsfreiheitsgesetz ist die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit die Stelle, die Beschwerden und Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern im Zusammenhang mit IFG-Anfragen entgegennimmt und dann im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten dann auch selbst tätig wird. Sie gibt hierzu gegenüber dem Bundestag und gleichzeitig gegenüber der Öffentlichkeit im Abstand von 2 Jahren einen Tätigkeitsbericht ab. Diese Berichte werden im Bundestag vom dafür zuständigen Innenausschuss entgegengenommen.
Die regelmäßig überlange Tagesordnung des Innenausschusses und die Gewichtung der verschiedenen Punkte - einschließlich der Berichte der BfDI oder anderer Stellen - werden dort von den Obleuten der verschiedenen Fraktionen bestimmt. Dabei setzt sich im Regelfall die Regierungsmehrheit qua Masse durch. In dieser Legislatur hat sich das u.a. bei der Frage des Familiennachzugs oder der "Ehe für alle" ausgewirkt, die von der Regierungsmehrheit über Monate hin von der Tagesordnung wieder abgesetzt oder verschoben wurden. Die BfDI selbst hat sich immer wieder kritisch mit der Arbeit der Bundesregierung und ihrer Behörden auseinandergesetzt, was nicht ohne Folgen blieb. So wurde die BfDI bspw. beim Entwurf des „Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs, des Jugendgerichtsgesetzes, der Strafprozessordnung und weiterer Gesetze“ weder in die Erarbeitung des Gesetzestextes einbezogen noch zur Anhörung im Rechtsausschuss am 31. Mai 2017 eingeladen. DIE LINKE hat dies kritisiert und die BfDI dazu ermutigt, aus eigener Initiative eine nicht-beantragte Stellungnahme an den Rechtsausschuss zu senden (vgl. https://freiheitsrechte.org/home/wp-content/uploads/2017/05/186346_Stellungnahme_BfDI_zu_18-11272_und_186334.pdf ). Tatsächlich regiert die Regierungsmehrheit bei diesen Fragen gegen die Bedenken und den Widerstand der Opposition durch, auch gegen die Interessen von Informationsfreiheit oder Datenschutz.
DIE LINKE tritt prinzipiell dafür ein, dass die Informationsfreiheit nicht nur Floskel sondern wirklicher Bestandteil einer lebendigen Demokratie ist. Dafür braucht es jedoch andere politische Mehrheiten.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Tempel