Frage an Frank Tempel von Helmut S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Tempel,
ich wende mich an Sie als drogenpolitischen Sprecher der LINKE-Bundestagsfraktion.
Von 1985-1991 nahm die Anzahl der Tatverdächtigen bei Drogendelikten mit Heroin auf etwa das 4-Fache zu (Polizeiliche Kriminalstatistik = PKS 1985-1991). Deshalb schien eine Zunahme der Heroinkonsumentenanzahl den zeitgleichen Anstieg der Drogentodesfälle auf das 6,5-Fache verursacht zu haben (PKS 1991, S. 190). Es wurde jedoch lediglich die Strafverfolgung forciert.
Nachweis 1: Ein massenhafter Zustrom von Konsumanfängern hätte sich zuerst bei den jüngeren Altersstufen bemerkbar gemacht, da Konsumanfänger vorwiegend hier vertreten sind. Doch von Beginn an fällt die Zunahme bei den älteren Tatverdächtigen der Drogendelikte mit Heroin deutlicher aus als bei den jüngeren (PKS 1985-1991, Tab. 20). Einen solchen Effekt kann nur eine forcierte Strafverfolgung erzielen.
Nachweis 2: Bei einem dramatischen Anstieg der Konsumanfängerzahl hätte sich bei den Drogendelikten mit Heroin der Anteil der „erstmals Tatverdächtigen“ deutlich erhöht, da Konsumanfänger zunächst nur in geringem Maße bereits als Tatverdächtige ermittelt worden waren. Doch bei diesen Delikten ist der Anteil der „erstmals Tatverdächtigen“ von 1985-1991 rückläufig (PKS 1985-1991, Tab. 22). Deshalb kann die Anzahl der Heroinkonsumenten nicht zugenommen haben.
Meine Ihnen bereits vorliegende Studie „Falsche Angaben zu Drogentodesfällen“ enthält weitere Nachweise.
Es wurden also viermal mehr Tatverdächtige ermittelt infolge der forcierten Strafverfolgung. Diese polizeilichen und strafrechtlichen Maßnahmen verursachten offenbar auch den Anstieg der Drogentodesfälle auf das 6,5-Fache. Noch heute ist die deutsche Drogenpolitik von einem hohen Niveau der Strafverfolgung geprägt, die Tausende Menschenleben fordert. Wie wird die LINKE auf diese neuen Erkenntnisse reagieren, abgesehen von der Aufnahme einer Entkriminalisierung des Konsums ins Parteiprogramm?
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Scheimann
Sehr geehrter Herr Scheimann,
ich selbst bin als Kriminaloberkommissar im Bereich der Rauschgiftkriminalität zum Schluss gekommen, dass die bisherige Strafverfolgung der Konsumierenden keinerlei Effekt auf deren Konsumverhalten erzielt, diese aber dadurch unverhältnismäßig kriminalisiert werden.
Ich habe in der letzten Woche einen ausführlichen Artikel auf der Internetpräsenz der Linksfraktion zum Thema veröffentlicht.
Sie können diesen unter dem folgenden Link nachlesen:
http://www.linksfraktion.de/kolumne/entkriminalisierung-abhaengigen-vorrangiges-ziel/
Wir werden uns auch weiterhin mit den verschiedenen Aspekten der Drogenpolitik beschäftigen, dazu gehört auch die Problematik der forcierten Strafverfolgung.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Tempel