Frage an Frank Steffel von ingo m. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Steffel,
der Bundestag hat Ende vergangenen Jahres mit den Stimmen von CDU/CSU Änderungen im EstG verabschiedet, die u.a. bei s.g. Termingeschäften eine nominale Kappung der Verlustverrechnungsmöglichkeit auf 10 TEUR per annum vorsieht (Drs 649/19 Art.5).
Ist Ihnen bekannt, dass die Anwendung dieser Regelung zu Steuersätzen von mehreren Hundert Prozent auf den erzielten Gewinn führen kann und sogar Gesamt-Verluste besteuert werden ?
Wie beurteilen Sie angesichts eines aufgrund der nominalen Kappung nahezu willkürlichen Verlaufs der effektiven Steuerbelastung (man hat z.B. eine identische Steuerzahllast i.H.v. 35 TEUR sowohl bei einem Gewinn von 10 TEUR (Steuerbelastung 350 v.H.!) und 140 TEUR p.a.(Steuerbelastung 25 v.H.) die verfassungsrechtliche Stellung dieser Entscheidung im Hinblick auf die Prinzipien von horizontaler und vertikaler Steuergerechtigkeit?
Vielen Dank für Ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Moll
Sehr geehrter Herr Moll,
für Ihre Frage über das Portal Abgeordnetenwatch danke ich Ihnen und antworte gerne:
Das Thema "Verlustverrechnung" war Gegenstand des inzwischen vom Parlament beschlossenen Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen. Der besagte § 20 Abs. 6 EStG sollte ursprünglich im Elektromobilitätsgesetz (JStG 2019) ergänzt werden, wurde aber dort nach wochenlangen zähen Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner SPD herausgenommen. Die SPD wollte sogar im Rahmen des JStG 2019 eine komplette Nichtberücksichtigung dieser Verluste. Das konnten wir verhindern. Die jetzige Lösung ist ein Kompromiss: die Verluste werden anerkannt, aber nur bis zu einer Höhe von 10.000 Euro. Damit wollten wir zumindest die Kleinanleger davor schützen, einen Totalverlust durch beispielsweise einen Forderungsausfall vollständig nicht geltend machen zu können.
Die Unionsfraktion spricht sich grundsätzlich gegen Substanzbesteuerungen aus und hat in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner auch entsprechend argumentiert: Wie wir auch schon nach dem Beschluss im Finanzausschuss öffentlich formuliert haben, halten wir eine vollständige Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten - unabhängig davon, ob Totalverlust oder einfacher Verlust - weiterhin für sachgerecht, mussten aber mit dem Koalitionspartner einen Kompromiss finden, dem wochenlange Verhandlungen vorausgegangen waren. Unser Koalitionspartner wollte Totalverluste steuerlich überhaupt nicht anerkennen und bestand zunächst rigoros auf einem Nichtanwendungsgesetz zur neuen BFH-Rechtsprechung.
Ich verstehe Ihre Unzufriedenheit. Aber der Kompromiss ist zumindest besser als die bisherige Verwaltungsauffassung und auch besser als das Vorhaben des Bundesfinanzministers, die steuerliche Anerkennung von Totalverlusten vollständig auszuhebeln.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Steffel