Frage an Frank Steffel von Dieter M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Steffel,
wie man der Presse entnehmen kann, scheinen die Griechen nicht in der Lage zu sein, die Aussengrenze zu schützen. Die Türkei kommt anscheinend dem Abkommen nicht nach, die Grenze abzuriegeln.
Sollen Ihrer Meinung nach Griechenland und andere Schengenstaaten, die Ihren Verpflichtungen anscheinend nicht nachkommen, im Schengenraum verbleiben?
Kommt Ihrer Meinung nach die Türkei Ihren Verpflichtungen aus dem Abkommen nach?
Wie stehen sie zu einem möglichen EU-Beitritt der Türkei? Gehört die Türkei für Sie zu Europa?
Mit freundlichen Grüßen
Dirk M.
Sehr geehrter Herr M.,
für Ihre Fragen über das Portal Abgeordnetenwatch danke ich Ihnen und antworte Ihnen gerne:
Das Abkommen mit der Türkei zur Behandlung der vor zwei Jahren stark angestiegenen Flüchtlingszahl hält meiner Erkenntnis nach, was es erfüllen soll. Meldungen, nach denen verstärkt Flüchtlinge seitens Griechenlands nicht laut Abkommen von den Inseln in die Türkei zurückgeführt werden, habe ich in den Tageszeitungen gelesen. Mir liegt allerdings bislang keinerlei Information für eine Verstetigung dieses Handelns vor.
Sicher ist, dass wir alles dafür tun müssen, die Schengengrenzen zu sichern. Dafür wurde gerade hinsichtlich der Überwachung des Seeweges der Flüchtlinge in den vergangenen Monaten Vieles im gesamten Mittelmeerraum – auch in Zusammenarbeit mit Staaten Nordafrikas – umgesetzt. Dies schützt das Leben der Menschen, die sich früher auf der Flucht in die Hände rücksichtsloser Schleuser begeben haben. Sie beginnen die erfolglose Fahrt in seeuntüchtigen Booten erst gar nicht mehr. Andererseits schützt es auch die EU vor einer vollständigen Überforderung durch zusätzliche Hunderttausende Flüchtlinge.
Ich bin also für den Erhalt des bestehenden Schengengebietes – bei aller nachdrücklichen Kontrolle hinsichtlich der Einhaltung der daraus erwachsenden Verpflichtungen der Teilnehmer.
Die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder hat Anfang des Jahrhunderts der Türkei eine zügige EU-Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. Die CDU ist über Jahre heftig kritisiert worden, der Türkei anstelle einer Vollmitgliedschaft eine privilegierte Partnerschaft angeboten zu haben.
Heute stehen wir – teilweise fassungslos – einer Türkei gegenüber, in der Menschenrechte, Meinungsfreiheit und beispielsweise die Freiheit der Presse mit Füßen getreten werden. Der völkerrechtswidrige Einmarsch türkischer Truppen in den Norden Syriens stellt eine weitere Unvereinbarkeit mit den Zielen der EU dar.
Ich bin für den Ausbau des Dialogs mit der Türkei. Eine Mitgliedschaft in der EU steht nicht zur Debatte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank Steffel