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Frage von Björn-Eric B. •

Frage an Frank Steffel von Björn-Eric B. bezüglich Soziale Sicherung

Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. So steht es zumindestens in Artikel 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.

Doch hier gibt es Lügen! Warum werden Schwer- und Körperbehinderte mit Gendefekte wie Arbeitslose ALG 2 Empfänger berechnet? Warum werden diese - die aus eigener Kraft nicht arbeiten gehen können - finanziell wie ALG 2 Empfänger abgestraft? Sie können in ihren gesamten Leben niemals verreisen oder andere große Anschaffungen leisten!

Wann werden endlich alle Behinderte anerkennend gleichbehandelt, und finanziell stärker unterstützt, so das auch Reisen möglich sind? Was tun Sie dafür Finanzminister Schäuble und Merkel zu mehr Ausgaben zu bewegen? Das Geld aus Steuerüberschüsse ist da!

Herzliche Grüße

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Frage über das Portal „abgeordnetenwatch“, die ich wie folgt beantworten möchte:
Vorweg gilt:

Wer dauerhaft oder temporär nicht arbeiten kann, fällt unter die Grundsicherung.
Wer tendenziell arbeitsfähig ist, aber noch nicht vermittelt werden konnte oder selbst noch keinen Arbeitsplatz gefunden hat, erhält nach der Bezugsdauer des ALG I auch ALG II.

Das neue Bundesteilhabegesetz ist zum 01. Januar 2017 in Kraft getreten. Damit setzt die Große Koalition ein weiteres sozialpolitisches Versprechen aus dem Koalitionsvertrag um. Wir modernisieren im Sinne der Betroffenen die Behindertenpolitik, ermöglichen gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und setzen die UN-Behindertenrechtskonvention weiter um.

Die Eingliederungshilfe wird aus dem Fürsorgesystem der Sozialhilfe herausgelöst und in das SGB IX integriert. Für knapp 700.000 Menschen, die Leistungen der Eingliederungshilfe beziehen, bedeutet dies wesentliche Verbesserungen. So können sie beispielsweise in Zukunft mehr von ihrem Einkommen und Vermögen zurücklegen. Ehepartner werden nicht mehr zur Finanzierung herangezogen.

Für schwerbehinderte Menschen existiert eine Ausnahmeregelung von der Regelaltersgrenze. Sie können auch früher in Rente gehen, wenn sie die Voraussetzungen für eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen erfüllen.

Wir verbessern mit dem BTHG die Lebenssituation vieler Menschen mit Behinderungen. Die Änderungen werden nun schrittweise bis zum Jahr 2020 in Kraft treten. Der Bund wird aufwachsend und ab 2020 jährlich rund 766 Millionen Euro bereitstellen.
Insgesamt erfolgt die Umsetzung in drei Reformstufen.

Die Anrechnung von Einkommen und Vermögen wird durch die folgenden Änderungen verbessert:

• Für Bezieher von Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Pflege wird ein neuer Freibetrag für Erwerbseinkommen eingeführt. Dieser beträgt 40 Prozent des unbereinigten Bruttoeinkommens gedeckelt auf 65 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 (derzeit rund 260 Euro monatlich).

• Der Vermögensfreibetrag für Bezieher von Eingliederungshilfe wird von 2.600 Euro auf zunächst 27.600 Euro erhöht. In der Hilfe zur Pflege greift der erhöhte Vermögensfreibetrag nur für Vermögen aus Erwerbstätigkeit.

Die wichtigsten Verbesserungen im Überblick:
• Menschen mit Behinderungen müssen nicht mehr mehrere Anträge bei verschiedenen Trägern stellen. Zukünftig reicht ein Reha-Antrag aus, um die verschiedenen Leistungen wie aus einer Hand zu erhalten.
• Bundesweit wird ein Netz unabhängiger Beratungsstellen entstehen, insbesondere in den Regionen, in denen es heute keine Angebote gibt.
• Menschen mit Behinderungen, die erwerbstätig sind und Eingliederungshilfe beziehen, können mehr von ihrem Einkommen und Vermögen behalten. Ab 2020 werden sich Betroffene erst ab etwa 30.000 Euro Jahresverdienst mit einem prozentualen Eigenbeitrag an ihren Fachleistungen beteiligen müssen. Das Vermögen wird bis ca. 50.000 Euro anrechnungsfrei bleiben. Es war der Union besonders wichtig, dass ab 2020 auch das Einkommen und Vermögen des (Ehe-) Partners anrechnungsfrei wird, die Anrechnung wurde bisher von vielen als eine Art Heiratsverbot wahrgenommen.
• Wir schaffen neue Jobchancen in Betrieben und sorgen für bessere Leistungen in Werkstatt, Weiterbildung und Studium. Es war der Union wichtig, das „Budget für Arbeit“ bundesweit einzuführen. Das bedeutet, dass zukünftig für diejenigen Menschen mit Behinderungen, die aus der Werkstatt auf den ersten Arbeitsmarkt wechseln wollen, ein unbefristeter Lohkostenzuschuss von bis zu 75 % des Arbeitsentgeltes an den Arbeitgeber erbracht werden kann. Außerdem ermöglichen wir anderen Leistungsanbietern, sich neben den Werkstätten zu etablieren und eröffnen so den Leistungsberechtigten ein Alternativangebot.
• Für die Union war ein weiterer wichtiger Punkt die gesetzliche Regelung der Assistenzleitungen, insbesondere der Elternassistenz. Mit der Elternassistenz können zukünftig auch Mütter und Väter mit Behinderungen Assistenzleistungen bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder erhalten.
• Wir sind in diesem Gesetzgebungsverfahren gemeinsam mit dem Koalitionspartner dafür eingetreten, dass Menschen mit Behinderungen zu einem gleichberechtigten Teil der Gesellschaft werden. Gleichzeitig haben wir die finanziellen Interessen der Länder und Kommunen im Blick behalten: Es ist unsere Aufgabe, die divergierenden Interessen zusammenzuführen und zum Ausgleich zu bringen.

Zusammenfassend:

Im kommenden Jahr wird der Bund mehr als 220 Millionen Euro für Leistungen nach dem Bundesteilhabegesetz aufwenden, Im Jahr 2020, wenn alle Teile des Gesetzes in Kraft getreten sind, werden es sogar rund 765 Millionen Euro. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird in den Jahren 2017 bis 2021 die Entwicklung der jährlichen Einnahmen und Ausgaben im Einvernehmen mit den Ländern untersuchen. Für die Jahre 2015, 2016 und 2017 trägt der Bund zur Entlastung der Kommunen jährlich jeweils eine Milliarde Euro bei. Diese Entlastung erfolgt zunächst vorübergehend im Wege einer Erhöhung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer und im Vorgriff auf die Entlastung durch das Bundesteilhabegesetz in der nächsten Wahlperiode. Ab 2018 werden die Kommunen dann jährlich im Umfang von 5 Milliarden Euro entlastet.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Frank Steffel

MfG

Michael Thiedemann | Persönlicher Referent