Frage an Frank Steffel von Stefan G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Dr. Steffel,
als Mitglied des Finanzausschusses möchte ich Sie befragen, wie das Parlament die ungeheuerlichen Steuereinsparungen, die internationale Konzerne durch laxe und unkoordinierte europäische Gesetzgebung erzielen, einzudämmen gedenkt. Wie ich der aktuellen Presse entnehmen musste, konnte z.B. der Apple-Konzern in den letzten fünf Jahren ca. 8 Milliarden Euro an regulären Steuern durch das Verschieben von Steuerlasten innerhalb Europas einsparen. Dieses Geld bezahlen wir Bürger doppelt: einmal anteilig für teure Produkte als Konsumenten und zum zweiten mal, wenn es der Allgemeinheit in Form von Steuern nicht zur Verfügung steht.
Wie ernst wollen Sie ausländische Großkonzerne in die Pflicht nehmen, sich an der Finanzierung des Allgemeinwohles in Deutschland und Europa zu beteiligen? Könnten Sie mir bitte Ihre persönliche wie auch die offizielle Position Ihrer Partei zu diesem Thema im Finanzauschuss nennen?
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2015-09/apple-iphone-steuern-europa
Mit herzlichen Grüßen dankt
Stefan Galler
Sehr geehrter Herr Galler,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Steuerflucht. Die deutsche Bundesregierung geht auf EU-Ebene den Kampf für mehr Steuergerechtigkeit entschlossen an.
Steuerflucht, also das Nicht-Deklarieren steuerpflichtiger Einkünfte im Ausland, können wir am wirkungsvollsten durch einen umfassenden Datenaustausch mit einer möglichst großen Anzahl von Staaten bekämpfen.
Ein solches Unterfangen ist im nationalen Alleingang nicht möglich. Darum hat die Bundesregierung im Oktober 2014 gemeinsam mit 49 anderen Staaten und Gebieten eine multilaterale Vereinbarung über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten unterzeichnet. Ab September 2017 wird in allen teilnehmenden Staaten, darunter vielen wichtigen Finanzzentren der Welt, der automatische Informationsaustausch eingeführt. Auch die Schweiz und Singapur haben angekündigt, dem Abkommen beizutreten. Damit beginnt eine neue Phase der internationalen Steuerkooperation zwischen nationalen Steuerbehörden: Keiner der teilnehmenden Staaten wird mehr als sicherer Fluchtort für Kapitalvermögen zur Verfügung stehen. Steuerhinterzieher können nur noch unter Inkaufnahme hoher Risiken ihre Kapitaleinkünfte vor der rechtmäßigen Besteuerung verbergen.
Die zweite Säule im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit bildet neben dem automatischen Informationsaustausch das im Rahmen der OECD und auf Ebene der G20-Staaten forcierte Projekt gegen Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS). Ziel der BEPS-Initiative ist es, die Steuervermeidungsstrategien international agierender Konzerne einzuschränken. Die von Deutschland aktiv unterstütze Initiative wird noch in diesem Jahr Maßnahmen vorstellen, die auf die nationalen Gesetzgebungsprozesse Einfluss nehmen werden.
Als unmittelbarer Erfolg der BEPS-Initiative gilt beispielsweise die Ankündigung der irischen Regierung, das als „Double Irish" bekannt gewordene Steuerschlupfloch für Unternehmen künftig zu unterbinden. Es hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass eine Reihe von Unternehmen nur noch in geringem Umfang Steuern zahlen mussten und sich im Wettbewerb erhebliche Vorteile verschaffen konnten. Mit diesem Schritt setzt die irische Regierung ein deutlich sichtbares Zeichen gegen den ruinösen Steuerwettbewerb der Staaten. Auch auf deutschem Boden trägt die BEPS-Initiative bereits Früchte. So hat der weltweit agierende Internethändler Amazon Mitte des Jahres angekündigt, zukünftig seine in Deutschland getätigten Umsätze in Deutschland zu versteuern. Nachzulesen u.a. hier:
http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2015-05/amazon-deutschland-steuer
Wie Sie sehen, ist die internationale Kooperation in Steuerfragen in diesem Jahr weit vorangekommen. Die multilateralen Vereinbarungen zum automatischen Informationsaustausch und zur BEPS-Initiative sind entscheidende Meilensteine im Kampf gegen Steuerflucht und Steuervermeidung. Ich bin zuversichtlich, dass sich weitere Staaten unserem Weg zu mehr Steuergerechtigkeit anschließen werden. Die Bundesregierung geht weiterhin entschlossen voran.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Frank Steffel