Frage an Frank Steffel von Heinrich M. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Steffel,
Ihnen ist sicher bekannt, mit welcher Studie fast alle Politiker, die für die extremen Sparmaßnahmen in Griechenland waren, diese begründet haben: Rogoff und Reinhart 2010. Darin ist von der magischen 90%-Grenze des Bruttoinlandsproduktes die Rede. Wenn die Staatsschulden diese Grenze überschreiten, sei dies der garantierte Tod für die Konjunktur.
Inzwischen ist diese Studie, die nicht einmal ein Peer-Review durchlaufen hatte, bevor sich die Regierung Merkel und viele andere wie Aasgeier darauf stürzten, stark in Kritik geraten: neben merkwürdigen Gewichtungen fällt vor allem ein stark fehlerhafter Umgang mit der Tabellenkalkulation EXCEL auf.
Natürlich ist, und das zeigen auch die korrigierten Analysen sowohl anderer Wissenschaftler als auch der Autoren selbst, die Grundthese korrekt: Staatsschulden bremsen die Konjunktur, je höher, desto mehr. Es ist also keine Frage, dass Länder wie Griechenland sparen müssen. Allerdings ist der Effekt weit weniger schlimm, als anfangs behauptet - und dies ist der Politik entweder schon lange bekannt, oder man wollte dies eben nicht wissen. R&R haben schon 2011 einen korrigierten Artikel publiziert.
Außerdem weiß jeder denkende Mensch, dass ein prozyklische Politik bestenfalls das Problem nicht behebt, schlimmstenfalls aber es massiv verschlimmert. So wie wir es in Griechenland gesehen haben: die Sparmaßnahmen haben die Binnenkonjunktur ruiniert, und große Teile der Bevölkerung in Armut gestürzt.
Daher möchte ich von Ihnen folgendes wissen:
- wie sehen Sie die Sparmaßnahmen: waren diese angemessen? Sollten sie gemildert werden?
- wie erklären Sie das Versagen der gesamten politischen Führungsriege, den Mangel an gesundem Menschenverstand, an Willen zur genauen Nachfrage?
- wie würden Sie abstimmen, wenn heute erneut ein Sparpaket vorgelegt wird, dass so massive soziale Einschnitte nach sich ziehen muss?
QUELLEN: s. Links auf http://www.zeit.de/suche/index?q=rogoff
Besten Gruß
Heinrich Mallison
Sehr geehrter Herr ,
Sehr geehrte Frau ,
Sehr geehrter Herr Mallison,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Griechenland steht so wie Spanien, Portugal und Irland vor dringend notwendigen Reformen. Irland und Portugal sind auf einem guten Weg, und Spanien erholt sich ebenfalls langsam.
Gemeinsames Ziel in Europa muss es sein, dass diese Staaten wieder eine wettbewerbsfähige Wirtschaft erhalten, um international mithalten zu können. Deshalb ist es richtig, die Staaten bei diesen Reformprozessen zu unterstützen. Wir lehnen aber die von der SPD befürworteten Euro-Bonds entschieden ab. Eine Vergemeinschaftung der Schulden in Europa wird es mit uns nicht geben.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Steffel