Frage an Frank Steffel von Esther P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Steffel, ich bin erst vor kurzem nach Reinickendorf gezogen und darf deshalb im September zum ersten Mal einen Reinickendorfer Bundestagsabgeordneten wählen.
Wie ich gelesen habe, sind sowohl Sie als auch Ihr SPD-Gegenkandidat Unternehmer. Als Arbeitnehmerin mit einem relativ geringen Einkommen (ich arbeite im Hotelgewerbe) frage ich mich jedoch, ob Sie als Unternehmer der richtige Kandidat sind um die Interessen von uns "kleinen Leuten" zu vertreten. Ich habe deshalb einige Fragen an Sie über deren Beantwortung ich mich freuen würde.
1. Gerade in meiner Branche arbeiten viele Menschen zu so geringen Löhnen, dass Sie davon nicht oder nur kaum leben könn. Sind Sie für einen gesetzlichen Mindestlohn um dieses Problem zu beheben?
2. Wie stehen Sie zur Mitbestimmung in Betrieben? Hat Ihr eigenes Unternehmen einen Betriebsrat?
3. Sind Sie wie Wirtschaftsminister Guttenberg für eine Lockerung des Kündigungsschutzes?
4. Was wollen Sie tun damit möglichst alle jungen Menschen einen Ausbildungsplatz erhalten?
Für die Beantwortung bedanke ich mich im Voraus.
Mit freundlichem Gruß
Esther Papke
Sehr geehrte Frau Papke,
herzlich willkommen in unserem schönen Bezirk Reinickendorf!
Lassen Sie mich vorneweg sagen, dass ich gerade als mittelständischer Unternehmer mit den Sorgen und Nöten der "ganz normalen, kleinen Leute" bestens vertraut bin und mir diese Menschen, die unser Land am Laufen halten auch in meiner Politik besonders wichtig sind. Ich spreche hierbei immer von der schweigenden Mehrheit, die morgens früh aufsteht und abends müde nach Hause kommt und dazwischen fleißig arbeitet, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bezahlt, und von den meisten Politikern viel zu oft vergessen wird, da diese sich nur um lautstarke Randgruppen kümmern. Ich habe eigentlich in all meinen unterschiedlichen Funktionen von morgens bis abends mit genau diesen Menschen zu tun und sehe Sie schon immer im Mittelpunkt meiner Politik. Nun zu Ihren Fragen:
1. Nein. Ich bin für Mindesteinkommen und gegen deutschlandweit einheitliche gesetzliche Mindestlöhne, denn dadurch würden wir viele weitere tausend Arbeitsplätze in Deutschland verlieren. Dieser Vorschlag ist aus meiner Sicht populistisch und nicht hilfreich. Entweder ist der gesetzliche Mindestlohn so niedrig, dass ohnehin fast niemand betroffen wäre, oder er zerstört Arbeitsplätze bzw. verdrängt diese Arbeitnehmer in die Schwarzarbeit.
Da diese Frage wichtig ist, in Stichworten einige Details: Die CDU will die Tarifautonomie als ein Garant für die Stabilität des Standortes Deutschland stärken. Sie gehört unverzichtbar zum Ordnungsrahmen der Sozialen Marktwirtschaft. Der wichtigste Ansatzpunkt ist dabei, dass die Lohnfindung nicht verstaatlicht wird, sondern Aufgabe der Tarifpartner bleibt. Wer Vollzeit arbeitet, soll in der Regel von seinem Einkommen leben können. Das werden wir beim Arbeitnehmerentsendegesetz weiter gewährleisten. Mit dem Mindestarbeitsbedingungsgesetz greifen wir dort ein, wo keine Tarifbindung vorhanden ist. Zur Verhinderung von Lohndumping wollen wir das Verbot sittenwidriger Löhne gesetzlich klarstellen. Wir gewährleisten Mindesteinkommen für Alle in Deutschland. Das für ein menschenwürdiges Leben notwendige Einkommen sichert nicht ein einheitlicher, gesetzlicher Mindestlohn, sondern, wo dies erforderlich ist, eine Kombination aus fairen Löhnen und ergänzenden staatlichen Leistungen. Für uns gilt: Wer arbeitet, muss mehr haben, als wenn er nicht arbeitet. Ein Mindesteinkommen macht Arbeit gerade auch für die Arbeitsuchenden ohne Berufsabschluss oder mit geringer Qualifikation, aber auch für Ältere in Unternehmen attraktiver. Mit dem Mindesteinkommen gelingt es, Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen, mit dem Mindestlohn werden Arbeitsplätze zerstört. Die Mini-Jobs sollen erhalten bleiben. Schwarzarbeit, auch durch illegale Menschen aus Billiglohnländern beispielsweise im Hotelgewerbe, muss hart kontrolliert und bekämpft werden.
2. Die Mitbestimmung ist gerade für große Unternehmen wertvoll. Bei kleineren und mittleren Unternehmen findet diese Mitarbeiterbeteiligung zumeist ganz selbstverständlich auf kurzem und direktem Weg statt. Gerade viele junge Unternehmen gehen hier gemeinsam mit ihren Mitarbeitern beispielsweise bei der Arbeitszeit oder Gewinnbeteiligung sehr kreative und für die Arbeitnehmer weitergehende Wege als das Gesetze aus den 50er und 60 er Jahren vorsehen. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich mich im Interesse meiner Mitarbeiter und Führungskräfte darum bemühe meine unternehmerische Arbeit und mein gesellschaftspolitisches Engagement strikt zu trennen - soweit dies irgend möglich ist, und firmenbezogene Fragen nicht beantworte. Aber bezüglich Ihrer Frage: Ja, wir haben Betriebsräte mit denen meine Geschäftsführer und ich gut zum Wohle des Unternehmens zusammenarbeiten.
3. Lassen Sie sich bitte nicht verrückt machen. SPD und Linke versuchen uns das zu unterstellen. Mir ist keine Forderung von Wirtschaftsminister zu Guttenberg bekannt, die eine Lockerung des Kündigungsschutzes fordert. Auch in unserem Regierungsprogramm wird dies nicht gefordert. Allerdings beweist uns die viel gelobte Kurzarbeiterregelung, dass wir mit mehr Flexibilität gerade bei den kleinen und mittleren Unternehmen viele Arbeitsplätze dauerhaft halten können. Ich glaube, dass viele gesetzliche Regelungen aus dem vergangenen Jahrhundert der "Industriekonzerne" den wirklichen Lebenssituationen der Menschen nicht mehr entsprechen und wir gut beraten sind, Arbeitnehmern und mittelständischen Unternehmern mehr Freiräume zu gestatten. Hierzu könnte ich Ihnen zahlreiche Beispiele nennen.
4. Die beste Sozialpolitik ist eine erfolgreiche und mittelstandfreundliche Wirtschaftspolitik. Der marktradikale Weg der FDP ist genauso falsch, wie das gegeneinander Ausspielen von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen durch die Linke. Ich finde die CDU war gut beraten, ideologiefrei und zielgerichtet in der Krise zu handeln. Die beste Garantie für einen Ausbildungsplatz ist ein gutes Bildungssystem. Die größten Probleme haben leider Jugendliche ohne Schulabschluss und dies müssen wir ändern. Die ideologische und leistungsfeindliche Schul- und Bildungspolitik des rot-roten Berliner Senats ist hierbei genau falsch. Dadurch werden unseren Kindern im weltweiten Wettbewerb Chancen genommen. Übrigens, in Zukunft stehen die Betriebe im Wettbewerb um Auszubildende, da in den nächsten Jahren die geburtenschwachen Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt kommen. Insofern bin ich für dieses Thema sehr zuversichtlich.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank Steffel