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Frank Schwabe
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Frage von Winfried G. •

Frage an Frank Schwabe von Winfried G. bezüglich Gesundheit

Als niedergelassener Arzt bin ich an Ihren Entscheidungen zur aktuellen Gesundheitspolitik interessiert, insbesondere zu den Folgen der Reform. Soll etwa für die entlassenen (weil nicht mehr zu finanzierenden) Arzthelferinnen, Krankenschwestern und Pflegern eine Auffanggesellschaft gegründet werden, in der sie als Gemeindeschwestern, Mitglied-des-Bundestages-Pfleger oder Gesundheitsministeriumshelferinnen weiterbeschäftigt werden können?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Gahlen,

Bezug nehmend auf Ihre Email, die Sie über Abgeordnetenwatch an mich geschickt haben und in der Sie auf die Gesundheitsreform eingehen, möchte ich Ihnen nun antworten.

Die Gesundheitsreform ist sicherlich eines der umstrittensten Reformprojekte, das wir in den vergangenen Jahren hatten. Dass eine Reform unbedingt nötig ist, zeigen die Unausgewogenheiten im Gesundheitsbereich. Auf der einen Seite gibt es eine Kostenexplosion z.B. bei den Medikamenten, auf der anderen Seite Einnahmedefizite bei den Gesetzlichen Krankenkassen. In Großstädten finden wir eine Überversorgung, in ländlichen Gebieten wiederum gibt es zu wenig Ärztinnen und Ärzte.

Für mich als Sozialdemokrat gilt: Alle Menschen in Deutschland müssen im Falle einer Erkrankung unabhängig von ihrem Einkommen und von Ihrem Alter Zugang zu einer qualitativ guten Gesundheitsversorgung erhalten. Auch die Art der Versicherung – ob gesetzlich oder privat – darf dabei keine Rolle spielen. Daher wäre eine Bürgerversicherung in meinen Augen das ideale Modell, da hier alle je nach Einkommen und Vermögen einzahlen würden. Die Bürgerversicherung würde die Solidargemeinschaft im Gesundheitsbereich stärken, die wir als Sozialdemokraten einfordern.

Da wir uns allerdings in einer großen Koalition befinden, müssen wir auf allen Politikfeldern mit unserem Koalitionspartner Kompromisse eingehen. So auch in der Gesundheitsreform. Das Verhandlungsergebnis, das unsere Fachpolitiker im Verlauf von Monaten erzielt haben, hat in meine Augen Schwächen: Dazu zählt zum Beispiel die Nichteinbeziehung der privaten Krankenversicherungen in den Gesundheitsfonds, so dass die Zwei-Klassen-Medizin und damit die Unterteilung der Patientinnen und Patienten in privat und gesetzlich Versicherte aufrecht erhalten bleibt. Und wir alle wissen, dass privat Versicherte von Ärztinnen und Ärzten oftmals bevorzugt behandelt werden.

Als positive Punkte wiederum sind zu nennen, dass alle jene, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz haben, ab 1. Januar 2009 eine Krankenversicherung abschließen müssen. Auch verbessert sich der Zugang zur Privaten Krankenversicherung: Nichtversicherte, die dem PKV-System zuzuordnen sind, haben die Möglichkeit, sich ab 1. Juli 2007 in einem Standardtarif der PKV ohne Risikoprüfung und -zuschläge zu versichern. Es gibt außerdem einen besseren Zugang zu Mutter-Kind-Kuren, zur ambulanten Versorgung in den Krankenhäusern, es gibt eine verstärkte Kosten-Nutzen-Bewertung bei der Verschreibung von Arzneimitteln, und es soll einen finanziellen Ausgleich geben für Ärztinnen und Ärzte in ländlichen Gebieten. Und als ein weiterer positiver Punkt wäre auch der Wettbewerb unter den Kassen zu nennen, der sich sicherlich positiv auf die Patientinnen und Patienten auswirkt, da die Versicherungen diese nicht mehr nur verwalten, sondern sie auch mit guten Angeboten immer wieder für sich überzeugen müssen.

Sie sehen, die Gesundheitsreform hat Vorteile, die allerdings im Detail liegen. Größere Ziele aber, wie die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung, die alle Patientinnen und Patienten unabhängig vom Geldbeutel gleich behandelt, und die wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gewünscht hätten, können wir in dieser großen Koalition erst einmal nicht erreichen. Dazu bräuchten wir andere Mehrheitsverhältnisse.

Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte und verbleibe mit
freundlichen Grüßen

gez. Frank Schwabe

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