Frage an Frank Schwabe von Florian K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Die SPD hat sich als Regierungspartei immer gegen das System der Optionskommunen bei Vermittlung der Langzeitarbeitslosen und Auszahlungen des ALG II, besonders in der Person des ehemaligen Arbeitsministers Olaf Scholz gewehrt. Dabei scheint es doch folgerichtig, dass Langzeitarbeitslose vor Ort besser vermittelt werden können, als durch die Mega-Behörde „Bundesagentur für Arbeit“. Deshalb meine Frage: Wird die SPD als Oppositionspartei einer Ausweitung des Optionsmodells auf Kommunen oder Landkreise, die dies wollen, zustimmen?
Hat es hier einen Umdenkungsprozess innerhalb der SPD gegeben?
Mit den besten Grüßen
Sehr geehrter Herr Kastl,
vielen Dank für Ihre Mail, in der Sie mir Ihre Position zur den „Optionskommunen“ mitteilen.
Lassen Sie mich zunächst feststellen, dass die Zusammenlegung der ehemals getrennten Zuständigkeit für Arbeitslosen- und Sozialhilfeempfänger zu einer einheitlichen Beratungs- und Vermittlungsinstanz der richtige Weg war. Die alten „Verschiebebahnhöfe“ sind zum Glück verschwunden. Für die Betroffenen gibt es nun „Hilfe aus einer Hand“.
Insofern muss diese Hilfe bürgerfreundlich und unbürokratisch sein. Die Zuständigkeiten innerhalb der Organisation müssen klar und einfach gegliedert sein. Häufig wird argumentiert, das Modell der Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) erfülle diesen Anspruch nicht. Außerdem nehmen die optierenden Kommunen für sich in Anspruch, bei der Vermittlung von Arbeitslosen effizienter zu sein wegen der größeren „Nähe am Menschen und den örtlichen Problemen“. Doch verschiedene Studien des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen machen deutlich, dass keine Belege für diesen Zusammenhang tatsächlich existieren. Hierzu möchte ich aus einem Bericht des Deutschen Gewerkschaftsbundes mit dem Titel „Hartz IV – Wer kann es besser? – ARGEn oder Optionskommunen?“ von Oktober
2008 zitieren:
„Zweifelsohne gibt es unter den Optionskommunen erfolgreichere und weniger erfolgreiche, genauso wie es erfolgreiche und weniger erfolgreiche ARGEn gibt, per Saldo schneiden die Optionskommunen aber keinesfalls besser ab. Allzu schnell werden Äpfel mit Birnen verglichen, wenn die großen Unterschiede in der regionalen Arbeitsmarktsituation nicht ausreichend berücksichtigt werden. Denn die jeweiligen Arbeitsmarktverhältnisse haben einen maßgeblichen Einfluss au den Erfolg der Integrationspolitik und nicht nur das Handeln des jeweiligen Trägers. Nur wenn die Regionen annähernd vergleichbar sind (z. B. großstädtische oder ländliche Regionen mit ungünstiger oder günstiger Beschäftigungssituation), kann festgestellt werden, wer das Eingliederungsziel besser oder schlechter erreichen kann. Bei der entscheidenden Größe, Vermittlung in ungeförderte Arbeit, liegen die Optionskommunen sogar hinter den ARGEn zurück. Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit allein ist kein aussagefähiger Indikator für diesen Leistungsvergleich.
Vergleicht man Regionen mit ähnlicher Situation, so liegen die optierenden Kommunen mehrheitlich in der schlechteren Hälfte des Vergleichtyps. Dies gilt sowohl für die Entwicklung der Arbeitslosigkeit als auch der Hilfebedürftigkeit insgesamt. Schneiden sie gut ab, ist in diesen Regionen meist auch eine günstige Entwicklung der Arbeitslosigkeit im SGB III festzustellen.
Die Optionskommunen hatten anfangs Startvorteile, weil sie schneller die Strukturen aufbauen und auf einen einheitlichen Personalkörper zurückgreifen konnten. Doch diesen Startvorteil konnten sie offensichtlich nicht ausbauen und dadurch nachhaltig leistungsfähiger werden.“ (Zitat Ende)
Vor diesem Hintergrund rate ich von einer pauschalen Festlegung auf das Optionsmodell ab. Statt-dessen sollten die handelnden Akteuren vor Ort zunächst ihre Entscheidung, vor dem Hintergrund der jeweils lokalen Besonderheiten des Arbeitsmarktes, sehr genau abwägen.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Schwabe MdB