Frage an Frank Kuschel von Max M. bezüglich Innere Sicherheit
Hallo Frau Künast,
Seit einigen Jahren hält das sogenannte „Fest der Völker“ in Thüringen ganze Städte und die Zivilgesellschaft in Atem. Es verbreitet Angst und Hilflosigkeit. „Bunte Feste“ dagenen, helfen gegen diese braunen Umtriebe nicht zwingend und verhindern diese auch nicht.
Mir wäre kein Fußbreit den Nazis schon wichtig.
Deshalb folgende Fragen:
Müssten sich alle Demokraten über die betroffenen Stadtgrenzen hinaus solidarisieren und geschlossen diese Umtrieben entgegen treten?
Finden Sie im Umgang mit Rechtsextremismus, seinen Aufmärschen oder Festen „zivilen Ungehorsam“ als legitimes Mittel und würden Sie sich daran beteiligen?
Vielen Dank für ihre Antwort
Max Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
es ist für mich eine bedrückende Entwicklung, dass Neofaschisten zunehmend in der Öffentlichkeit agieren (können) und dabei offen ihre menschenverachtende und rassistische Ideologie verbreiten können. Hier erkenne ich ein neues Selbstbewusstsein der Nazis, das offenbar eine Folge zunehmender Akzeptanz ist. Unbestritten trägt hierzu auch die wenig sachgerechte und plumpe Auseinandersetzung der CDU mit den LINKEN bei. Dies erscheint zunächst paradox. Doch die ständige Gleichsetzung des Rechtsextremismus mit den Linksextremismus und der DDR mit dem Hitlerfaschismus führt letztlich zu einer Verharmlosung der faschistischen Verbrechen und des heutigen Agierens der Neofaschisten, wie z. B. der NPD. Zudem tut sich die Thüringer CDU immer wieder schwer, bei Aktionen gegen Rechtsextremismus gemeinsam mit der LINKEN zu handeln. So blockiert die CDU bis heute ein gemeinsames Programm der demokratischen Kräfte gegen den Rechtsextremismus.
Gegenaktionen der demokratischen Kräfte gegen öffentliche Veranstaltungen der Neofaschisten finde ich richtig und notwendig. Darin darf sich aber die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nicht erschöpfen. Vielmehr ist es notwendig, über die Ideologie der Neofaschisten die Aufklärungsarbeit zu intensivieren. Dies muss in der Schule beginnen und letztlich alle Lebensbereiche einschließen. Aufklärung brauchen nicht nur Jugendliche, sondern auch Erwachsene. Die CDU muss Umdenken und mit der Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus aufhören. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für eine zielgerichtete Auseinandersetzung mit dem Neofaschismus. Die antifaschistische Traditionsarbeit darf nicht länger in den Hintergrund gedrückt werden. Für ein Landesprogramm gegen den Rechtsextremismus setze ich mich auch weiterhin persönlich ein.
Die von Ihnen angesprochene Vernetzung der antifaschistischen Kräfte wäre sehr wünschenswert und wird durch mich unterstützt. Hierzu sind auch im bestimmten Umfang Gelder notwendig, die vom Bund, Land und Kommunen bereitgestellt werden müssten.
Die demokratische Gesellschaft muss aus meiner Sicht offen Gesicht gegen den Neofaschismus zeigen. Formen des „zivilen Ungehorsams“ sind dabei aus meiner Sicht zulässig, insbesondere dann, wenn staatliche Behörden ihre Möglichkeiten zur Eingrenzung des Rechtsextremismus nicht voll nutzen. Dabei verstehe ich unter „zivilen Ungehorsam“ alle Maßnahmen, die keine strafrechtliche Relevanz haben. Gewalt jeglicher Art lehne ich ab. Die Blockade einer Aufmarschstraße der Nazis halte ich für eine zulässige Protestform, auch wenn mir bewusst ist, dass hier Spannungsfelder zum Ordnungsrecht (bis zur Grenze des Strafrechts) bestehen. Gleiches gilt auch für die Störung von Nazisveranstaltungen z. B. durch laute Musik. Ich habe mich in der Vergangenheit auch an solchen Aktionen beteiligt, z. B. in Erfurt, Bad Salzungen und Arnstadt. Dabei habe ich unter Nutzung meines Abgeordnetenstatus moderierend zwischen Antifaschisten und den Ordnungs- und Polizeibehörden agiert. Dies werden ich auch künftig tun.
Ich finde es gut, dass sich DIE LINKE als Teil der antifaschistischen Bewegung sieht.
Mit freundlichem Gruß
Frank Kuschel