Frage an Frank Kuschel von Christa U. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Hallo Herr Kuschel,
was halten Sie davon, dass Kommunen zur Erledigung ihrer Aufgaben Menschen im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (1€ Job) nach SGB II beschäftigt? z.B. im Museeum, Bibliothek oder Grünpflege/ Sauberkeit in Grünanlage?
vielen Dank für ihre Antwort
mit freundlichen Grüßen
Christa Ulbrich
Unbestritten muss sich etwas an der Arbeitsmarktpolitik in der Bundesrepublik ändern. Grundsatz muss dabei sein, dass jeder, der es will, einen existenzsichernden Arbeitsplatz erhält. Eine solch vergleichbare Regelung gibt es z. B. in Dänemark. Diese Form der Vollbeschäftigung ist auf dem klassischen Arbeitsmarkt, so wie er in den letzten Jahren durch neoliberale Kräfte entwickelt wurde, nicht erreichbar. Dieser klassische Arbeitsmarkt funktioniert nur dort, wo eine entsprechende Kapitalverwertung möglich ist. In diesem klassischen Arbeitsmarkt wird der Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit mehr als deutlich. Es gibt aber auch in jeder Gesellschaft viele Bereiche, die sich nicht für eine Kapitalverwertung nach dem Prinzip der Profitmaximierung eignen. Andererseits sind diese Bereiche für das Funktionieren einer Gesellschaft absolut notwendig. Dies betrifft z. B. alle Bereiche der Daseinsvorsorge. Hier gibt es viel zu tun, doch die Privatwirtschaft macht um diese Bereiche einen Bogen, weil es - einfach formuliert - hier keine ausreichenden Gewinne zu erzielen sind. In diesen nicht gewinnbringenden Bereichen gibt es jedoch große Potentiale für existenzsichernde Arbeit. DIE LINKE hat hierfür ein Projekt unter der Bezeichnung „öffentlich finanzierte Beschäftigung“ entwickelt. Nach Schätzung von Experten könnten hier in einem ersten Schritt nahezu 1 Mio. existenzsichernde Arbeitsplätze geschaffen werden, ohne dass hier erhebliche Finanzierungsprobleme auftreten würden.
Es fehlt zurzeit nur der politische Wille.
In den Bereichen der Daseinsvorsorge (Soziales, Kultur, Umwelt, Landschaftsgestaltung und - bewirtschaftung …) gibt es ausreichende Möglichkeiten für existenzsichernde Arbeit. Das Geld hierfür ist auch da. So kostet ein Hartz IV-Empfänger den Steuerzahler jährlich rund 13.500 Euro (einschl. der Kosten für Integration und Verwaltung). Dieses Geld für existenzsichernde Arbeit einzusetzen wäre sinnvoll. Ein existenzsichernder Arbeitsplatz kostet im Jahr rund 24.000 Euro. Die Finanzierungslücke zu den 13.500 Euro könnte durch die Wertschöpfung im Bereich der öffentlich finanzierten Arbeit geschlossen werden (Gegenfinanzierung durch ein gerechtes Steuersystem; hier hat DIE LINKE ein eigenes Steuerkonzept zur Diskussion gestellt).
Die von Ihnen nachgefragten 1-Euro-Jobs sind entgegen der offiziellen Verlautbarung für mich eine menschenunwürdige Sanktionsmaßnahme, zur Disziplinierung von Arbeitslosen und zur „Bedrohung“ der Menschen, die noch in Arbeit sind. Ich spreche mich deshalb für die Abschaffung dieser so genannten Arbeitsgelegenheiten und für einen Einstieg in den öffentlich finanzierten Arbeitsmarkt aus. Die Kommunen sind hier in einer schwierigen Situation. Ihnen fehlt einerseits das Geld, um die Aufgaben, die in den Bereichen der Daseinsvorsorge anstehen, zu erfüllen und dies mit existenzsichernder Arbeit. Deshalb nutzen sie oftmals 1-Euro-Jober, um die nötigsten Arbeiten realisieren zu lassen.
Andererseits bemühen sich zahlreiche Hartz IV-Empfänger, eine solche Arbeitsgelegenheit zu erhalten, um so überhaupt etwas Sinnvolles zu tun. Denn das Nichtstun führt oftmals auch zu geistiger Armut und sozialen Verwerfungen. Insofern müssen Kommunen immer im Einzelfall entscheiden, ob sie solche Arbeitsgelegenheit für Hartz IV-Empfänger anbieten. Den Kommunen kann hier nicht der Vorwurf hinsichtlich einer Arbeitsmarktpolitik, die versagt hat, gemacht werden.
Gefordert sind hier vielmehr der Bund und die Länder, endlich eine andere Arbeitsmarktpolitik auf den Weg zu bringen. Hierfür werde ich mich als Landtagsabgeordneter weiterhin einsetzen. DIE LINKE ist gegenwärtig die einzige Partei im Bund und Landtag Thüringen, die eine veränderte Arbeitsmarktpolitik mit dem Ziel der Schaffung existenzsichernder Arbeit und der Abschaffung von Harzt IV einfordert. Insofern ist die Wahl der LINKEN am 30. August 2009 auch ein Beitrag für den möglichen Einstieg in eine solche veränderte Arbeitsmarktpolitik.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Kuschel