Frage an Frank Kuschel von Isabel G. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Kuschel,
eine flächendeckende ärztliche Versorgung im ländlichen Raum ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt stark eingeschränkt.
Welche Möglichkeiten zur Behebung dieses Missstandes sehen Sie? Wie würden Sie generell den ländlichen Raum stärken?
Mit freundlichen Grüßen
Geyersbach
Sehr geehrte Frau Geyersbach.
Mir sind die Probleme der ärztlichen Versorgung im ländlichen Bereich bestens bekannt. Im Ilm-Kreis, indem ich wohne, wurde in jüngster Vergangenheit viel über das Thema diskutiert, so in der Region Gräfenroda.
Den Versorgungsauftrag für die ärztliche ambulante Versorgung hat die Kassenärztliche Vereinigung. Diese handelt mit den Kassen auch die Vergütung der Ärzte aus.
Der Ärztemangel gerade im ländlichen Raum hat aus meiner Sicht seine Ursachen in der privatwirtschaftlichen Ausrichtung des Gesundheitswesens. Das Gesundheitswesen kann nicht wie ein privates Unternehmen organisiert werden. Es ist eine Frage der Daseinsvorsorge, wo solche Dinge wie Rendite, Profit, Kostendruck eigentlich nicht im Vordergrund stehen dürfen.
Deshalb habe ich Zweifel, ob ohne Veränderungen bei der Zuständigkeit des Versorgungsauftrages, das Problem grundsätzlich lösbar ist. Wie bei der stationären Versorgung, muss auch bei der ambulanten Versorgung der Versorgungsauftrag beim Staat bzw. den Kommunen liegen. Zudem bin ich für ein duales System bei den Ärzteniederlassungen. Neben dem bisherigen System des niedergelassenen Arztes, der selbständig tätig ist, muss es auch möglich sein, dass angestellte Ärzte (angestellt beim Träger des Gesundheitswesens) Leistungen vor Ort erbringen. Ergänzt werden kann dieses System durch Medizinische Versorgungszentren (MVZ), die ähnlich funktionieren wie die Polykliniken in der DDR. Hier arbeiten verschiedene Ärzte in einem Haus, entweder als niedergelassene oder angestellt Ärzte.
Übergangsweise (bis zu einer grundlegenden Reform) muss dort, wo zur Zeit Ärztemangel auftritt, die Kassenärztliche Vereinigung die Möglichkeit schaffen, gegebenenfalls angestellt Ärzte zum Einsatz zu bringen. Erste Beispiele hierfür gibt es, z. B. in Ohrdruf.
Ihre zweite Frage, nach der Entwicklung der ländlichen Räume, ist sehr komplex. Ich würde Ihnen deshalb vorschlagen, dass Sie hier ganz konkrete Nachfragen stellen, weil ich anderenfalls sehr umfangreich antworten müsste und ich dabei aber trotzdem nicht alles darstellen könnte.
Allgemein will ich anmerken, dass für uns LINKE die ländlichen Räume eine gleich hohe Bedeutung haben wie die Zentren. Starke Zentren brauchen starke ländliche Räume. Um es am Beispiel des Ilm-Kreises zu verdeutlichen; Neben den Zentren Arnstadt und Ilmenau, müssen auch die umliegenden Regionen dieser beiden Städte ihre Entwicklungspotenziale ausschöpfen. Da macht es wenig Sinn, wenn z. B. Plaue noch nach Arnstadt eingemeindet wird. Da fehlt nur noch die Eingemeindung von Martinroda nach Ilmenau und der Ilm-Kreis würde nur noch aus zwei Städten bestehen. Eine solche Entwicklung wäre sehr bedenklich. Der ländliche Raum hat Stärken, die erhalten bleiben müssen. Ziel darf also nicht die „Verstädtigung“ des ländlichen Raumes sein. Andererseits verursacht die Infrastruktur im ländlichen Raum pro Einwohner höhere Kosten als in den städtischen Zentren. Dies betrifft z. B. die Wasser- und Abwasserversorgung, aber auch den öffentlichen Personennahverkehr. In diesem Spannungsfeld müssen Lösungen gefunden werden. Und diese Lösungen kann man nur durch Kooperation, nicht aber durch Konkurrenz finden. Die CDU hat bisher sehr stark auf das Konzept der zentralen Orte gesetzt. DIE LINKE verfolgt dem gegenüber das Konzept der so genannten „dezentralen Konzentration“. Wir betrachten immer die Entwicklung einer ganzen Region und nicht mehr nur der einzelnen Kommune. Wir wollen die Kooperation zwischen den Zentren und dem ländlichen Raum und keine Konkurrenz. Die Städte brauchen den ländlichen Raum (z.B. für die Naherholung und als ökologischen Ausgleich), aber der ländliche Raum braucht auch die Städte (gerade mit Blick auf Infrastruktur). Die Abwanderung aus den Dörfern ist inzwischen stärker als die aus den Städten. Hier muss durch eine gezielte Strukturpolitik entgegengewirkt werden. Arbeitsplätze muss es auch im ländlichen Bereich geben. Dies ist möglich in den Bereichen der Grundversorgung, des Vereins- und Kulturlebens und der ökologischen Pflege und Gestaltung der Landschaft. Die ländlichen Bereiche brauchen optimierte Verkehrsanbindungen an die Zentren. Dies betrifft aber nicht nur Straßen, sondern auch die Bahn und den Bus. Die Zentren wiederum können ohne Beziehungen zum ländlichen Raum ihre ökologischen Probleme nicht lösen. Zudem ist die Lebensqualität in Städten im starken Maße vom umliegenden ländlichen Raum abhängig.
So, nun liegt es an Ihnen, ob Sie mir noch konkrete Nachfragen zur Entwicklung ländlicher Räume stellen. Ich werde Ihre Fragen gern beantworten. Wer am 30. August 2009 DIE LINKE wählt, trägt somit auch für eine veränderte Politik in den ländlichen Räumen und den Zentren bei.
Mit freundlichem Gruß
Frank Kuschel